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Bremerhaven: Armbrustschütze wollte durch Polizisten erschossen werden


Armbrust-Amok in Bremerhaven
Angeklagter wollte erschossen werden: "Das klappt nur in einer Schule"

Von dpa
Aktualisiert am 10.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Der Angeklagte steht vor Prozessbeginn mit seinen Anwälten Manar Taleb (l) und Thomas Domanski (r) im Gerichtssaal.Vergrößern des BildesDer Angeklagte steht vor Prozessbeginn mit seinen Anwälten Manar Taleb (l.) und Thomas Domanski (r.) im Gerichtssaal. (Quelle: Sina Schuldt/dpa)
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Ein bewaffneter Mann ist in ein Gymnasium eingedrungen und hat auf eine Angestellte geschossen. Nun steht der mutmaßliche Schütze vor Gericht.

Nach der Gewalttat an einem Bremerhavener Gymnasium im Mai hat am Donnerstag die Verhandlung gegen einen 21-Jährigen vor dem Landgericht Bremen begonnen. Zu Prozessauftakt ließ der Angeklagte über seinen Anwalt mitteilen, dass es sich bei dem Angriff nicht um einen Amoklauf gehandelt habe. Vielmehr habe der ehemalige Schüler des Lloyd Gymnasiums sich von Polizisten erschießen lassen wollen.

Wie Gerichtssprecher Jan Stegemann t-online sagte, habe sich der schwer bewaffnete 21-Jährige bewusst martialisch angezogen, um so die Aufmerksamkeit der Beamten auf sich zu ziehen. Diese sollten ihn, so seine Absicht, dann erschießen. Dazu habe sich der Angeklagte im Vorfeld über die sogenannte "Suicide by cop"-Methode im Internet informiert. (zu dt. "Suizid durch Polizist": Dabei handelt es sich um eine Vorgehensweise, bei der meist suizidgefährdete Menschen eine Bedrohungssituation für Polizisten schaffen, die dazu führt, dass die eingesetzte Beamten von der Schusswaffe Gebrauch machen und den vermeintlichen Angreifer töten, Anm. d. Red.)

Der Angeklagte habe durch Recherchen im Internet erfahren, dass die "Suicide-by-Cop"-Methode am besten an Schulen funktioniere und die Wahrscheinlichkeit, erschossen zu werden, besonders hoch sei. Auch deshalb habe er sich für den Angriff in der Bildungseinrichtung entschieden. "Seine Annahme war: Das klappt nur in einer Schule", so Stegemann.

Angeklagter soll auch auf Passanten gefeuert haben

Der Angeklagte hatte bei dem Angriff mehrere Waffen bei sich: eine mit Stahlbolzen geladene Profiarmbrust, eine geladene Schreckschusspistole, eine Machete und ein Messer. Nach den Schüssen auf die Mitarbeiterin wurde ein Notfallplan der Schule ausgelöst. Die Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte schlossen sich in ihren Klassenzimmern ein. Dort harrten sie rund vier Stunden aus, bis die Polizei Entwarnung gab.

Nach der ersten Tat soll der Angeklagte das Schulgelände verlassen und an einer nahen Straßenkreuzung mit der Armbrust zweimal in Richtung eines Mannes gefeuert haben. Die Schüsse trafen ihn jedoch nicht. Nach Angaben von Sprecher Stegemann will der Angeklagte nach eigener Aussage bewusst auf den Asphalt geschossen haben, eine Tötungsabsicht bestreite er.

Auch in dieser Situation sei es dem jungen Mann darauf angekommen, auf sich aufmerksam zu machen um letztlich von Spezialkräften erschossen zu werden. Laut Anklage nahm der 21-Jährige den Tod des Mannes zumindest billigend in Kauf. Der Mann rettete sich in einen Friseursalon.

Der Schüler war 2019 in der 12. Klasse nicht zum Abitur zugelassen worden, im Anschluss soll er sich sozial isoliert und Suizidgedanken entwickelt haben. Ein Amoklauf habe dabei, so der Angeklagte, nie im Raum gestanden. Vielmehr habe er mit einer ehemaligen Lehrerin "sprechen" wollen, traf aber nur eine Sekretärin an, die einst "frech" zu ihm gewesen sein soll, sagte Stegemann.

Der 21-Jährige habe bereits "seit Jahren Probleme" gehabt und bereits während seiner Schulzeit "nur noch vor der Kiste gehockt" und Computerspiele gespielt, sagte Stegemann. Er leide zudem an einer Sozialphobie, die sich in den vergangenen Jahren verstärkt habe.

Angeklagter will auf Beine gezielt haben

Bei der Sekretärin, die durch Schüsse aus einer Armbrust lebensgefährlich verletzt worden war, habe er nur auf die Beine gezielt. Letztlich, so die Anklage, trafen die Bolzen der Armbrust die Frau jedoch im Oberkörper.

Die Polizei nahm den Tatverdächtigen kurz nach dem Angriff fest. Inzwischen befindet sich der junge Mann in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung. Ob er wegen einer psychiatrischen Erkrankung möglicherweise vermindert schuldfähig oder schuldunfähig ist, muss das Gericht nach der Beweisaufnahme klären.

Bis Ende Januar 2023 sind zunächst acht Verhandlungstermine anberaumt. Am Donnerstagvormittag sagte der Hauptermittlungsführer im Fall aus. Später sollen noch die Aussagen der Lehrerin gehört werden, die der Angeklagte offenbar ursprünglich antreffen wollte, sowie die Eltern des 21-Jährigen. Die Aussagen der verletzten Sekretärin sowie des Passanten, auf den der Angeklagte mutmaßlich schoss, sollen noch in diesem Jahr gehört werden, teilte der Sprecher mit.

Hinweis: Hier finden Sie sofort und anonym Hilfe, falls Sie viel über den eigenen Tod nachdenken oder sich um einen Mitmenschen sorgen.

Verwendete Quellen
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