Bremen: Verein Brynja bekämpft Therapieplätze-Mangel mit eigenem Angebot

Der Bedarf ist riesig, doch kaum ein Mensch findet auf die Schnelle einen Therapieplatz: Ein Angebot in Bremen will Abhilfe schaffen – und geht neue Wege.

Im Schnitt sind es etwa sechs Monate, häufig dauert es jedoch wesentlich länger, bis Menschen einen geeigneten Therapieplatz gefunden haben. Viel zu lange, bedenkt man, dass sich viele Personen in einer psychischen Ausnahmesituation befinden. Ein Verein aus Bremen will Abhilfe schaffen – und bietet Interessierten "ein Fitnessstudio für die Psyche".

Brynja, so der Name des Vereins, verortet sich selbst "an der Schnittstelle zwischen Freizeitgestaltung, klinischen Einrichtungen und therapeutischen Angeboten", heißt es auf der Webseite. Der Raum in der Neustadt (Buntentorsteinweg 73) sei ein Ort der psychischen Gesundheit und eine Mischung aus Kulturzentrum und "Fitnessstudio für den Kopf". Hier gebe es "kein verrückt, kein krank und auch kein normal". Menschen, die Brynja besuchen, könnten eigenverantwortlich herausfinden, was ihnen guttue.

Buntes Programm – vom "fairen Raufen" bis Winterbaden

Ein zentraler Baustein des Konzepts sei der rezeptfreie Zugang zu den unterschiedlichen Angeboten. Der Verein sei "überzeugt davon, dass mentale Gesundheit nicht nur für diejenigen möglich sein sollte, die es sich leisten können."

Häufig stelle schon allein der Weg zum Therapeuten eine immense Hürde für die Betroffenen dar. Zu sehr seien Stigmata und Stereotype in der Gesellschaft verankert, heißt es vom Verein. Brynja hingegen verstehe sich als "ein öffentlicher und zugleich geschützter Raum für alle, die sich auf unkomplizierte Art und Weise mit psychischer Gesundheit beschäftigen möchten."

Die Angebote reichen dabei vom "fairen Raufen" über Kursangebote wie "Mental stark durch die Schwangerschaft", "Einführung in die Shiatsu-Massage" und "Therapeutisches Boxen". Aber auch Meditationskurse sowie Gesprächsrunden zum Thema Männlichkeit und Lesekreise werden angeboten. Hinzukommen kulturelle Angebote.

Akuter Mangel: ein Therapeut auf 5.754 Einwohner

Regelmäßig stehen zudem Selbsthilfegruppen und Winterbade-Aktionen im Werdersee auf dem Programm. Etwa zwölf bis 14 Einheiten würden je Monat angeboten. In der Regel fänden diese in Kleingruppen mit etwa acht bis zehn Personen statt, sagte Gründerin Janna Rohloff der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB).

Zwar engagieren sich die Vereinsmitglieder ehrenamtlich bei Brynja, dennoch fallen jeden Monat Kosten für die Raummiete, Materialien und beispielsweise Energie an. All das muss bezahlt werden, weshalb der Verein auf Spenden angewiesen ist. Wer Brynja unterstützen möchte, hat dazu hier die Gelegenheit.

Laut einer Umfrage des Deutschen Bundestages von 2022 braucht es allein in Bremen durchschnittlich 21,8 Wochen, bis Menschen einen für sie geeigneten Therapieplatz gefunden haben. In Niedersachsen waren es der Auswertung zufolge 22,9 Wochen. Und der Bedarf wachse: Therapeuten erhalten einer Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge mittlerweile sieben Anfragen je Woche, 2022 waren es noch fünf. Im Durchschnitt gebe es der Analyse zufolge nur einen Psychologischen Psychotherapeuten auf 5.754 Einwohner in Niedersachsen.