Thünen-Institut Bremerhaven Nordsee-Delikatesse stellt Forscher bis heute vor Rätsel

Die Norddeutschen lieben ihre Krabben, doch zunehmend schwinden die Fänge. Warum und wie sich das voraussagen lässt, ist bis heute ein großes Rätsel.
Die Nordseekrabbe ist für viele Küstenfischer das wichtigste Fanggut überhaupt. Doch seit Jahren bleibt der große Fang aus: 2024 erreichten die Erträge nur noch rund ein Drittel des langjährigen Durchschnitts. In vielen Häfen an der niedersächsischen Küste lagen Kutter still, Krabbenbrötchen wurden zum Luxusprodukt – teils für 15 Euro das Stück.
Warum die Bestände seit Jahren schwächeln, ist eines der großen Rätsel der Meeresbiologie und nun Gegenstand eines Projekts des Thünen-Instituts für Fischereiökologie in Bremerhaven. Das internationale Forscherteam, zu dem auch Dr. Lara Kim Hünerlag gehört, will herausfinden, warum die Bestände so stark schwanken und es bislang nicht möglich ist, den Bestand genau zu kalkulieren.
Einige Faktoren sind bekannt – viele jedoch noch nicht
Klar scheint nur: Die Nordseegarnele ist besonders empfindlich. Sie lebt nur kurz, die Fischerei stützt sich im Wesentlichen auf den Nachwuchs eines einzigen Jahrgangs. Wenn dieser Jahrgang schwach ausfällt, brechen die Fänge sofort ein, erklärt die Forscherin.
Unter anderem verändern wärmere Winter den Reifeprozess der Garnelen, in Norddeutschland auch Granat genannt. Larven schlüpfen teils zu früh, wenn kaum Nahrung vorhanden ist – viele überleben nicht.
- Dunkles Szenario: Verschwindet der Hering bald vom norddeutschen Speiseplan?
Zudem fressen Quallen und Kalmare große Mengen Larven und können ganze Jahrgänge dezimieren. Auch der Schiffsverkehr, Windparks, der Hafenausbau und die Fischerei selbst, so Hünerlage, beeinflussen Lebensräume und Bestandsentwicklung. Bisher gibt es laut der Wissenschaftlerin jedoch kein belastbares Vorhersagemodell. Das mache es unmöglich, Fangquoten festzulegen oder den Fischern Planungssicherheit zu geben.
Kleine Fischereibetriebe vor großen Problemen
Für kleine Fischereibetriebe ist die Lage zunehmend existenzbedrohend. Ohne die Krabbenfänge, die bislang mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen ausmachten, steht so mancher Betrieb vor dem Aus. Auch für Touristen und Einheimische an der Küste sind die Folgen spürbar: Märkte bieten weniger frische Ware, in manchen Orten verschwanden Krabbenprodukte zeitweise ganz aus den Regalen.
Bis mindestens 2027 wollen die Wissenschaftler weiter erforschen, wie Gezeiten, Strömungen und Umweltbedingungen den Garnelenbestand beeinflussen. Doch schon jetzt ist klar: Es könnte deutlich länger dauern, bis das Rätsel gelöst ist.
- bis-bremerhaven.de: "Geheimnisvolle Delikatesse - Nordseekrabben stellen Wissenschaft vor Rätsel"
- thunen.de: "Wissenschaftliche Untersuchungen zur Biologie und Fischerei der Nordseegarnele CRANgon crangon als Basis für ein effizientes Selbst-MANagement System (CRANMAN II)"
- thuenen.de: "Fangtechnische Optimierungen in der Nordsee-Krabbenfischerei"