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Nach Hamas-Angriff auf Israel: Deutsche spricht im Interview über Evakuierung


Angriff auf Israel
Deutsche über Ausreise: "Wussten nicht, was wir machen sollten"


Aktualisiert am 14.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Angehörige und Freunde liegen sich nach der Landung eines Evakuierungsfluges am Flughafen in Frankfurt in den Armen (Symbolbild): Studentin Lisa Michajlova landete mit einer Maschine in München. (Quelle: Boris Roessler/dpa)

Die Raketenangriffe auf Israel gehen weiter. Unterdessen kehren Hunderte Deutsche mit Lufthansa-Sonderflügen aus Israel zurück. Eine Passagierin berichtet t-online von der Ausreise.

Nach dem Großangriff der islamistischen Hamas auf Israel sind am Freitag erneut Raketen auf die Küstenmetropole Tel Aviv und das Zentrum des Landes abgefeuert worden. Unterdessen sind Hunderte Deutsche mit Lufthansa-Sonderflügen aus Israel nach Hause zurückgekehrt.

Die erste Sondermaschine aus Tel Aviv landete mit 370 Passagieren am Donnerstagabend auf dem Frankfurter Flughafen. Ein weiteres Flugzeug folgte später. Auch in München landeten zwei Maschinen. Unter den Passagieren in München war auch Lisa Michajlova (24).

Die Studentin aus Bochum ist Mitglied des Bundes Jüdischer Studenten in Deutschland e.V. (BJSD) und hielt sich in Tel Aviv auf, um Anfang November ein Auslandssemester zu starten. Doch dann ertönten am vergangenen Samstag die ersten Sirenen. Wie sie die vergangenen Tage und ihre Ausreise aus Israel erlebt hat, erzählte die 24-Jährige t-online im Gespräch.

"Ich habe die ersten Sirenen verschlafen"

"Am vergangenen Samstag wurde ich gegen sieben Uhr morgens von einer meiner Mitbewohnerinnen geweckt, weil ich die ersten Sirenen tatsächlich verschlafen habe. Wir sind dann ins Treppenhaus gegangen, weil es in der Wohnung, in der ich gelebt habe, keine Bunker gibt. Nach ein paar Minuten war der Alarm vorbei. Ich war erst mal perplex.

Normalerweise versteckt man sich in Tel Aviv kurz, wenn eine Sirene kommt. Diesmal waren es aber sehr viele hintereinander. Wir haben die Situation erst mal alle nicht ganz verstanden. Durch Nachrichten auf meinem Smartphone ist mir dann bewusst geworden, dass es richtig schlimm ist und dass es im Süden weitere Angriffe gab.

Die Frage war dann: Was machen wir jetzt? Gehen wir raus oder nicht? Ich habe mich dann an das gehalten, was meine Mitbewohnerinnen gesagt haben. Eine meiner Mitbewohnerinnen ist Israelin. Sie hat ihr ganzes Leben lang Erfahrungen mit dem Konflikt gemacht und sagte, wir sollen einfach erst mal zu Hause bleiben. Noch am Samstag folgten weitere Sirenen und auch eine Rakete, die nicht von Iron Dome abgefangen wurde. Sie ist ungefähr 900 Meter neben uns eingekracht. Das war für mich sehr beängstigend. Wir überlegten, ob wir nicht in eine andere Wohnung von Freunden flüchten sollen, in der es einen Bunker gibt.

"Wir wussten nicht, was wir machen sollten"

Wir wussten lange nicht, was wir machen und wo wir hingehen sollten. Eine Mitbewohnerin von mir ist dann zu Freunden gegangen. Ich war erst mal noch zu Hause, hatte aber zum Glück ein paar Freunde, die wenige Meter entfernt wohnten, und zu denen ich hätte gehen können. Ich hatte auch das Glück, dass ich am Tag vorher sehr viel eingekauft hatte und insofern genug zu essen da war.

Ich habe mich nicht durchgehend unsicher gefühlt, aber es war schon eine psychische Belastung – man konnte auch nichts machen und nicht wissen, wann es wieder losgeht, das war vor allem der wesentliche Punkt. Es war so ein bisschen wie während dem Corona-Lockdown, nur dass man gar nicht herausgehen konnte.

Bekannte von mir sind dann bereits am Montag und Dienstag ausgereist. Zum Beispiel über Istanbul – mit mehreren Stunden Wartezeit. Die Flüge waren sehr teuer. Ich wusste nicht, ob sich das für mich lohnt oder nicht, da die Lage und Fahrt zum Flughafen ebenfalls nicht einzuschätzen war.

Nachricht vom Auswärtigen Amt am Montag

Am Montag habe ich die Nachricht bekommen, dass es vom Auswärtigen Amt Flüge am Donnerstag und am Freitag geben soll. Zusammen mit meiner deutschen Mitbewohnerin entschloss ich mich, diese Flüge zu nehmen und nicht früher auf eigene Faust auszufliegen. Für mich war es vor allem auch ein Abwägen – wie sicher ist es gerade, zum Flughafen zu kommen? Am Mittwoch gab es Vermutungen über Anschläge am Flughafen. Alleine mit einem Taxi oder mit einem Zug zum Flughafen zu fahren, war mir einfach zu gefährlich.

Letztendlich sind wir dann am Mittwoch zu einem Freund gefahren, dessen Haus zwischen dem Flughafen und Tel Aviv liegt, am Rande der Stadt Ramat Gan. Das Haus hat einen Bunker, in den man sich reinsetzen kann. In dem Haus sind wir für eine Nacht geblieben. Meine Eltern wussten ständig, wo ich war und was wir machten. Wir waren ständig in Kontakt.

Der Ablauf beim Auswärtigen Am war leider richtig chaotisch. Uns wurde gesagt, dass die Hotline geöffnet ist, aber man ist nirgendwo durchgekommen. Das Problem war auch, dass es eine deutsche Nummer war. Das heißt, aus Israel heraus konnte man mit einigen SIM-Karten gar nicht anrufen. Den ersten Abend kamen wir nicht durch – mein Vater probierte es, meine Schwester und ich. Also habe ich zunächst einen Easyjet-Flug gebucht, der wurde dann aber einige Stunden später storniert.

"Am Dienstag hat mein Vater es endlich in die Hotline geschafft"

Am Dienstag hat mein Vater es endlich in die Hotline geschafft. Dort wurde nur Englisch gesprochen, was er nicht konnte. Also rief ich teuer aus Israel an. Doch bei meiner Freundin gab es weiter Probleme: Sie hatte nach mehreren Stunden immer noch keine Bestätigungsmail bekommen, obwohl sie auch die Kreditkartendaten und alles Mögliche durchgegeben hat. Ich hatte dann das Glück noch einmal zwecks meiner Buchung durch die Hotline zu kommen, hier habe ich dann auch noch mal nach ihrer Buchung gefragt. Es zeigte sich, dass ihre Buchung komplett durcheinander war, auch mit einem ganz anderen Namen. Wir mussten also alles nochmal neu machen.

"Als wir am Flughafen ankamen, lief alles gut organisiert"

Das war alles chaotisch. Doch von dem Moment an, als wir am Donnerstag am Flughafen in Tel Aviv angekommen waren, war alles sehr gut organisiert. Es gab einen Sicherheitscheck-in für uns. In Tel Aviv muss man, bevor man seinen Koffer abgeben kann, so eine Sicherheitsbefragung machen, da muss man schon mal bis zu fünf Stunden anstehen. Dann sind wir mit einer richtig großen Lufthansa-Maschine geflogen. Ich kenne die Größe sonst nur, wenn man beispielsweise in die USA fliegt.

Im Flugzeug saß ich neben meiner Freundin, natürlich haben wir uns über die dramatische Situation unterhalten. Ansonsten habe ich nicht so viel mit anderen Fluggästen gesprochen. In München sind wir dann sicher gelandet."

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Studentin Lisa Michajlova aus Bochum
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