Pascal Groß mit dem BVB in Brügge Königsklassen-Premiere als Chefstratege
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kaum zu glauben: Mit 33 Jahren feiert Pascal Groß am Mittwoch mit dem BVB sein Debüt in der Champions League. In Brügge kommt ihm gleich eine Schlüsselrolle zu.
Viel hat nicht gefehlt, und Pascal Groß hätte am Wochenende sein erstes Tor für den BVB erzielt. Nur knapp flog sein Schuss nach sechs Minuten am Tor des FC Heidenheim vorbei. Aber auch ohne Treffer war es einmal mehr Groß, der dem Spiel der Borussia als neuer Chefstratege im Mittelfeld seinen Stempel aufdrückte. Er lenkte und ordnete mit scheinbarer Leichtigkeit den Aufbau, bestimmte den Rhythmus und setzte seine Mitspieler in Szene.
Genau das darf und soll der 33-Jährige jetzt auch auf internationaler Bühne tun. Für den Spätberufenen in Sachen Spitzenfußball, der einst als Kind einen BVB-Wimpel an die Wand seines Kinderzimmers malte, ist die Partie der Dortmunder in der Champions League beim FC Brügge an diesem Mittwoch eine echte Premiere. Und ein Beweis dafür, dass sich Pascal Groß gerade jetzt in seinem fortgeschrittenen Fußballer-Alter auf dem Zenit seiner Karriere befindet.
Dass er einmal für einen so renommierten Verein wie den BVB in Europas Königsklasse eine entscheidende Rolle einnehmen würde, hatte sich in den frühen Jahren seiner Karriere in Deutschland noch nicht abgezeichnet. In Mannheim geboren, suchte Groß sein Glück zunächst bei der TSG Hoffenheim. Mit den Sinsheimern gewann er zwar auf Anhieb die Deutsche Meisterschaft in der B-Jugend. Trotz späterer Bundesliga-Premiere blieb er dort aber ohne Perspektive. Im Januar 2011 ging es für ihn in die 2. Liga zum Karlsruher SC, im Sommer 2012 mit 21 Jahren weiter zum FC Ingolstadt.
Ex-Coach lobt: "Pascal ist ein Mentalitätsspieler"
Hier bei den "Schanzern" gelang Pascal Groß der Aufstieg in die Bundesliga, hier reifte er auch zum Führungsspieler und stellte sein enormes Potenzial unter Beweis. In der Aufstiegssaison 2015/16 steuerte er sieben Tore und 19 Assists bei. Ralph Hasenhüttl, damaliger Coach der Ingolstädter, hatte schon früh den richtigen Riecher: "Pascal ist ein Mentalitätsspieler und hat alle Anlagen, mal ein richtiger Stratege zu werden."
Zu diesem reifte Groß dann in England. Als entscheidender Schritt in seiner Karriere sollte sich der Wechsel in die Premier League herausstellen. Brighton & Hove Albion sicherte sich 2017 für den Schnäppchenpreis von rund drei Millionen Euro seine Dienste.
In seinen sieben Jahren auf der Insel war Groß eine feste Größe bei den "Seagulls" und überzeugte auch mit seiner Vielseitigkeit. Nicht nur auf der Sechser- oder Achterposition im Mittelfeld, auch als Rechtsverteidiger oder zentral hinter den Spitzen agierte der Rechtsfuß.
Erfahrung von über 450 Profi-Partien
Vor allem aber perfektionierte er hier sein Spiel in einer Mannschaft, die besonders unter ihrem italienischen Trainer Roberto de Zerbi viel Wert auf Ballbesitz und Kontrolle legte. Der laufstarke Groß – von de Zerbi als "einer der besten Spieler meiner Karriere" geadelt – verteilt heute mit einem Selbstverständnis die Bälle, das ihn auch beim BVB als Neuzugang direkt in die Chefrolle schlüpfen ließ.
Nuri Sahin sieht in ihm genau den Spieler, "der uns letztes Jahr ehrlich gesagt ein bisschen gefehlt hat – Pascal lebt Fußball". Präzise, ballsicher, mit gutem Auge und starkem Fuß zieht der 33-Jährige das Spiel von hinten auf. Er verfügt über ein hohes Maß an taktischem Verständnis, gilt als extrem handlungsschnell und bestimmt in der Schaltzentrale im Mittelfeld den Rhythmus. Groß agiert mit der Erfahrung von über 450 Profi-Partien ausgesprochen unaufgeregt und übernimmt Verantwortung – bei der Borussia und auch in der Nationalelf.
Auch im deutschen Team ist Groß ein Spätberufener, feierte erst vor einem Jahr noch unter Hansi Flick sein Debüt im deutschen Nationaltrikot. Julian Nagelsmann nahm ihn in diesem Sommer nicht nur mit zur EM. Er übertrug dem Routinier jetzt im Spiel eins nach dem Rücktritt von Toni Kroos und mit Blick auf die WM 2026 auch die Chefrolle im Mittelfeld – und Groß lieferte ab. Dabei hat der 33-Jährige seine erste internationale Erfahrung auf Klubebene auch erst 2023 gesammelt. Mit Brighton hatte er sich in der Vorsaison für die Europa League qualifiziert.
Wird Standardstärke gegen Brügge zum Trumpf?
Die Premiere in der Champions League folgt jetzt mit Borussia Dortmund an diesem Mittwoch in Brügge beim aktuellen Spitzenreiter der belgischen Liga. Vielleicht kann Pascal Groß dann ja auch seine Stärke bei Standards unter Beweis stellen; beim BVB übernimmt er nicht nur die Eckbälle, er gilt auch als Freistoß-Spezialist.
In jedem Fall aber geht der Inhaber der B-Lizenz, der später eine eigene Trainerkarriere anstrebt, sein Debüt auf der ganz großen europäischen Vereinsbühne mit breiter Brust an: "Ich bin selbstbewusst und glaube an meine Stärke."
- Eigene Recherchen