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Pfarrerin aus Herne erhält Morddrohungen – weil sie der Corona-Toten gedenkt


"Ich war absolut geschockt"
Pfarrerin trauert um Corona-Tote und erhält Morddrohungen

  • Nils Heidemann
Von Nils Heidemann

Aktualisiert am 20.01.2022Lesedauer: 3 Min.
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Pfarrerin Melanie Jansen: Sie lässt sich von den Drohungen nicht abschrecken.Vergrößern des Bildes
Pfarrerin Melanie Jansen: Sie lässt sich von den Drohungen nicht abschrecken. (Quelle: Kreuz-Kirchengemeinde Herne)

Eine Pfarrerin hält Friedensgebete für die Corona-Toten in Herne. Seitdem hat sie zwei Nachrichten mit Todesdrohungen in ihrem Garten gefunden. Aufhören ist für sie trotzdem keine Option.

Die Pfarrerin Melanie Jansen aus Herne hat seit Dezember zwei Morddrohungen erhalten. Der Grund: Während Gegner der Corona-Maßnahmen durch die Stadt ziehen, gedenkt sie zeitgleich zusammen mit dem Bündnis Herne der durch die Pandemie verstorbenen Bürger.

"Ihr seid tot", stand auf einem Zettel, den Unbekannte im Dezember in ihren Vorgarten legten. Dazu ein aufgemalter, qualmender Revolver und 25 Batterien. Ein zweites Mal fand Jansen im Januar ein Taschentuch mit einer Drohung unmittelbar vor dem Hauseingang. "Dort lagen 60 Zigarettenkippen und es wurde Asche auf das von uns geparkte Wohnmobil gekippt", sagt sie im Gespräch mit t-online. Außerdem: "Das zusammengeknüllte Taschentuch auf dem 'Tot!' stand."

Pfarrerin erhält Morddrohungen: Staatsschutz ermittelt

"Ich war fassungslos und absolut geschockt. Das war außerhalb meiner Vorstellungskraft. Ich wusste erst gar nicht, was ich denken soll." Sie kontaktierte die Polizei und erstattete Anzeige. Der Staatsschutz geht der Sache weiterhin nach und ermittelt gegen unbekannt. Auch die Ermittler halten es demnach für möglich, dass die Drohungen mit den Friedensgebeten in Zusammenhang stehen.

Diese Gebete gibt es schon länger, die Vorgeschichte beginnt lange vor Corona. "Bereits vor drei Jahren hat es in Herne 'Spaziergänger' gegeben, die klar der rechten Szene zuzuordnen sind", so Jansen. Diese Gruppen aus Bikern, Hooligans, Wutbürgern und Rechtsextremisten gingen unter anderem "gegen illegale Einwanderung" auf die Straße. Die Gruppierung geriet schnell in den Fokus des Verfassungsschutzes.

"Die haben sich vor unserer Kreuzkirche versammelt. Daraufhin haben wir diese Friedensgebete als Gegenveranstaltung eingeführt", so Jansen.

Als sich solche "Spaziergänge" durch Corona in den vergangenen Monaten erneut häuften, kam das Bündnis Herne – ein Zusammenschluss von Bürgern, Parteien, Gewerkschaften und Glaubensgemeinschaften – auf Jansen zu. "Wir müssen ein Zeichen setzen", so die Überlegung des Bündnisses und Jansen Anfang Dezember. Man habe beobachtet, dass viele Personen von damals auch bei den jetzigen "Spaziergängen" dabei waren.

Der Grundtenor: "Wir wollen kein rechtes Gedankengut in unserer Stadt", sagt Jansen. Dass Rechtsextreme an Anti-Corona-Demos teilnehmen, ist nicht neu. Personen aus dem rechten Milieu suchen vermehrt den Schulterschluss mit der bürgerlichen Mitte, um Staat und Gesellschaft anzugreifen.

Daraufhin organisierten Jansen und Co. auf dem Europaplatz als Gegenveranstaltung erneut ein Friedensgebet – interreligiös und mit 160 Teilnehmern. "Wir sind auch überhaupt nicht auf Konfrontation gegangen. Wir haben einfach den Corona-Verstorbenen unserer Stadt Herne gedacht und uns solidarisch gezeigt mit den Angehörigen." Am Morgen danach erhielt Jansen die erste Morddrohung. Die zweite folgte nach einem Friedensgebet am 15. Januar.

"Man ist anschließend mit einem unguten Gefühl aus dem Haus gegangen", sagt sie rückblickend. Deshalb sei sie im stetigen Kontakt mit der Polizei, auch mit Blick auf die Sicherheit. Dennoch: "Aufhören ist wirklich keine Option. Wir werden auf jeden Fall weitermachen." Und so lädt das Bündnis am kommenden Samstag (22. Januar) erneut um 11 Uhr auf den Robert-Brauner-Platz in Herne ein, um der Corona-Toten zu gedenken. Auch die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen sicherte der Pfarrerin "umfängliche Unterstützung" zu.

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Jansen selbst hält die Corona-Maßnahmen für wichtig und ist geimpft. Trotzdem sei es das Recht der Bürger, gegen die derzeitigen Regelungen oder eine Impfpflicht zu demonstrieren. Aber: "Es hört da auf, wo Menschen gewalttätig werden, Gewalt androhen oder Menschen angegriffen werden. Da ist dann einfach Ende."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Pfarrerin Melanie Jansen von der Kreuzkirche Herne
  • Twitter/Bündnis Herne
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