Ein Euro mehr pro Kasten Sachsens älteste Privatbrauerei erhöht Preise – andere dünnen ihr Sortiment aus
Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Trotz Preiserhöhungen stehen die Brauereien vor der "größten Herausforderung der deutschen Braugeschichte". So reagieren Bierhersteller von Meißen bis Bautzen.
Durch die Craftbier-Bewegung gibt es in Sachsen immer mehr Brauereien. Nach den zahlreichen Neugründungen zählte der Sächsische Brauerbund zuletzt 79 Braustätten. Doch viele stehen im aktuellen Jahr erneut vor einer kritischen Situation. Ihnen drohe das Aus, sagen die Brauereiverbände.
Ab nächsten Monat werden deshalb die Bierpreise erhöht. So auch in Sachsens ältester Privatbrauerei. "Die Erhöhung ist nach Sorten gestaffelt und erfolgt zum ersten Februar", sagt Norbert Rogge, Marketingleiter bei der Privatbrauerei Schwerter Meißen. Die Entscheidung über die Endverbraucherpreise treffen letztendlich die Handelsunternehmen. "Wir gehen aber davon aus, dass sich der Flaschenpreis je nach Sorte um vier bis fünf Cent erhöhen wird", sagt er. Für einen Standard-Bierkasten mit 20 Flaschen ist das ein Euro mehr.
Aufgrund der stark gestiegenen Kosten bei Energie, Rohstoffen, Logistik und Personal sieht sich das Meißner Unternehmen gezwungen, die Bierpreise anzuheben. Es hofft aber auf Verständnis bei den Kunden. "Im Verhältnis zu den drastisch gestiegenen Kosten sind die Preissteigerungen relativ moderat", sagt Norbert Rogge.
Die bayrische Brauerei Oettinger hat angekündigt, das Sortiment aufgrund der steigenden Herstellungskosten zu verkleinern. Aktuell plant die Privatbrauerei Schwerter Meißen keine solchen Maßnahmen. "Als traditionsreiche Sortimentsbrauerei wollen wir die Vielfalt unserer Biere nicht verringern, aber die Herausforderungen sind tatsächlich gewaltig", so der Marketingleiter.
Kleine Brauereien können Kostenexplosion kaum kompensieren
Die Braumanufaktur Tobias Frenzel in Bautzen ist eine kleine Brauerei. Sie existiert seit 17 Jahren und stellt acht Biersorten her. Vom Pils über Dunkles bis hin zu Sorten wie Senf-Honig, Kirsch- oder Rauchbier. "Leider können die kleinen Brauereien die extremen Kostensteigerungen schlechter kompensieren", sagt Geschäftsführer Tobias Frenzel. Im vorigen Jahr hatte er Steigerungen um 40 bis 50 Prozent. Kronkorken waren 60 Prozent, Etiketten 70 Prozent und Strom 30 Prozent teurer. "Bei uns ist nicht so viel Kapital vorhanden, dass wir zehnmal so viel einkaufen, um durch Mengenrabatte auf ähnliche Einkaufspreise wie vorher zu kommen", sagt Frenzel.
Deshalb haben sie das Sortiment ausgedünnt. Einige Sorten gibt es nur noch in der 0,33-Liter-Flasche und nicht mehr in der 1-Liter-Flasche. "Das hilft uns in der Produktion und Lagerhaltung, die Kosten etwas zu senken", sagt Tobias Frenzel. Ihre Preise haben sie im September vorigen Jahres zum ersten Mal seit der Gründung angehoben. "Wir hoffen, dass die Preisanpassung von 20 bis 30 Prozent ausreichend ist."
Einmalig in deutscher Brauwirtschaft
Dennoch blickt der Geschäftsführer von Frenzel-Bräu unsicher auf das neue Jahr. "Wir sind sehr besorgt, weil wir mit unseren Bieren ein Bedürfnis bedienen, das bei allgemein steigenden Kosten eher zurückgestellt wird." Das trifft auch auf das zweite Standbein Gastronomie und Hotellerie zu, so Tobias Frenzel.
Der Vizechef des Brauereiverbands Berlin/Brandenburg, Stefan Fritsche, sprach diese Woche von der größten Herausforderung in der deutschen Braugeschichte. Bereits zweimal ist das Bier im vergangenen Jahr teurer geworden. Das sei ein einmaliger Vorgang in der deutschen Brauwirtschaft, da es seit Jahrzehnten Preiserhöhungen nur alle drei bis fünf Jahre gegeben habe, berichtete getraenke-news.de.
Bei der Radeberger Exportbierbrauerei lag der Erhöhungssatz im Oktober 2022 beim Flaschenbier bei 6,70 Euro pro Hektoliter (100 Liter) und beim Fassbier sogar bei 14 Euro pro Hektoliter. Auf die Anfrage von t-online nach neuen Preiserhöhungen gab es bislang keine Rückmeldung.
Nach 130 Jahren aufgegeben
Bereits die Corona-Zeit habe die kleine Brauerei schwer getroffen. Hinzu kamen steigende Kosten für fast alle Vorprodukte, explodierende Energiepreise und kein Ersatz für die zwei Brauer, die das Unternehmen im vergangenen Sommer verlassen haben.
- Eigene Recherchen
- getraenke-news.de: Bier wird flächendeckend teurer