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11.11. – Karneval in Köln: Überraschende Geschichten der Karnevals-Klassiker


Kölsche Musik
Überraschende Geschichten hinter Karnevals-Klassikern

Von Max Biermann

Aktualisiert am 10.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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Erry Stoklosa von der Band Bläck Fööss bei der Lachenden KölnArena 2020: Viele Karnevalsklassiker begleiten den Karneval schon seit den 20er Jahren.Vergrößern des Bildes
Erry Stoklosa von der Band Bläck Fööss bei der Lachenden KölnArena 2020: Viele Karnevalsklassiker begleiten den Karneval schon seit den 20er Jahren. (Quelle: C. Hardt/Future Image/Archivbild/imago-images-bilder)

Max Biermann ist kölscher Singer-Songwriter und gibt bei t-online Einblicke in den Karneval. Diesmal enthüllt er Geschichten hinter Musik-Klassikern.

Es ist knapp zwei Jahre her, als mich eine junge, Anfang 20-jährige Frau nach meinem Auftritt in einer bunt gemischten Kneipe im Quartier Latäng anspricht. Sichtlich emotional berührt fragt sie nach dieser "wundervollen Ballade", die ich zum Schluss gespielt hatte. Ob ich das Lied auch bei Spotify veröffentlicht hätte, fragt sie mit hoffnungsvollem Blick.

Da die Rede von "Och wat wor dat fröher schön doch en Colonia" ist, musste ich ihr beichten, dass das Lied nicht von mir, sondern von Willi Ostermann ist, und zwar aus dem Jahr 1930. Auch wenn ich mich sehr geschmeichelt gefühlt habe: etwas vor meiner Zeit und unwesentlich erfolgreicher als meine eigenen Lieder.

Zu ihrer "Verteidigung" sei gesagt, dass sie nicht in Köln aufgewachsen ist und sie somit "entschuldigt" war. Dabei sind mir gleich zwei Dinge bewusst geworden: Dass gute Lieder kein Verfallsdatum haben und dass wir viele alte Lieder vom Hören kennen und sehr gerne mitsingen aber nicht unbedingt mehr wissen, von wem das Lied ist – und vor allem, worum es eigentlich geht.

Zwar haben sich die Bläck Fööss dieses Themas 1990 angenommen und einige der schönen Nachkriegslieder auf dem Album "Was habst du in die Sack?" sowie 1996 mit dem Doppelalbum "Usjebomb" noch einmal neu aufgenommen und das Ganze mit dem WDR damals sehr schön und humoristisch in "Musikfilmchen" bebildert. Aber, Mitte der 90er ist halt auch schon wieder rund 25 Jahre her.

Und auch wenn die Älteren unter euch jetzt wohl eher müde lächeln werden, möchte ich euch trotzdem ein paar der alten Karnevals-Klassiker, die sich bei meinen Auftritten und Konzerten immer wieder sehr bewähren, mit ihren überraschenden Geschichten vorstellen!

Trizonesien-Song

Das Lied (auch "Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien") ist ein sehr beliebter Klassiker von Karl Berbuer aus dem Jahr 1948. Karl Berbuer selbst war einer der großen Karnevalssänger der Vor- und vor allem der Nachkriegszeit. Im Sommer 1948 wurde Deutschland in drei Besatzungszonen, einer Französischen, Englischen sowie Amerikanischen, unterteilt. Später, ab dem Frühjahr 1949 war von einer "Trizone" die Rede.

Dies lieferte Berbuer die Vorlage für ein humorvolles Lied, um den Ärger der Bevölkerung über die Bevormundung durch die Besatzungsmächte und die Politik des alliierten Kontrollrats ("in kleines Häuflein Diplomaten") mit einem Augenzwinkern aufs Korn zu nehmen.

Das Lied war so erfolgreich, dass es in den Jahren 1949 und 1950 teilweise sogar bei internationalen Sportveranstaltungen als Deutsche "Ersatz-Nationalhymne" gespielt wurde, zum Beispiel bei einem Internationalen Steher-Rennen auf der Müngersdorfer Radrennbahn, um den Deutschen Sieger Jean Schorn zu ehren.

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Der treue Husar

Jeder, der schon einmal in der Lachenden KölnArena war, hat es spätestens dort gehört: Beim großen Einmarsch der Karnevalsgesellschaften spielt das Orchester traditionell den "treuen Husar". Gesungen wird das Lied im Kölner Karneval schon seit den 20er Jahren. Da das Lied ein so beliebter Klassiker ist, spiele ich den Refrain sehr gerne bei meinen Karnevalsauftritten als "Intro", um beim Publikum das Eis zu brechen – was generationsübergreifend funktioniert.

Das kuriose an dem Lied ist aber, dass die Originalfassung gar kein stimmungsvoller Marsch war, sondern im Gegenteil eine sehr emotionale Ballade mit einer traurigen Liebesgeschichte eines Soldaten, der von seiner Geliebten getrennt wurde. Als der Soldat dann zu ihr zurückkehrt, liegt sie im Sterben und er bedauert die verlorene gemeinsame Zeit.

Je nach Textfassung kann diese Version durchaus als Anti-Kriegslied verstanden werden. Da in dem Marsch, den wir an Karneval hören und mitsingen allerdings nur die erste Strophe vorkommt, fällt die Liebesgeschichte der Originalfassung im Karneval leider hinten runter. Deshalb habe ich euch beide Versionen des Liedes rausgesucht, einmal die Marschversion von Willy Millowitsch, die in dieser Art auch in der Lachenden KölnArena gespielt wird, und eine wunderschöne Version der Bläck Fööss aus dem Jahr 1988 mit dem vollständigen Text als Ballade.

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Heidewitzka Herr Kapitän

Ein weiterer absoluter Klassiker von Karl Berbuer aus dem Jahr 1936 der gerade in der Nachkriegszeit sehr beliebt war. Bundeskanzler Adenauer war in den Jahren nach dem Krieg sehr daran gelegen, dass wieder stimmungsvolle, heitere Musik gespielt wird, um den Deutschen wieder Hoffnung und Mut zu machen. Dies rückte unter anderem den gebürtigen Kölner Karl Berbuer mit seinen "Karnevalsschlagern" in den Fokus.

Da es bis ins Jahr 1952 dauerte, bis es wieder eine offizielle Deutsche Nationalhymne gab, wurde neben Berbuers "Trizonesien-Song" gerne auch "Heidewitzka, Herr Kapitän" als Ersatz-Hymne gespielt. Trotzdem wurde das Lied sogar noch 1953 beim ersten Staatsbesuch Adenauers in Chicago bei seinem Empfang gespielt, da man sich dort scheinbar noch nicht auf die neue Nationalhymne, so wie wir sie heute kennen, eingestellt hatte.

Es kursiert auch die Geschichte, dass der Begriff "Heidewitzka" als eine Persiflage auf "Heil Hitler" gedacht war. Weil es, gerade mit lang gezogenem "Hei", genauso anfängt. Galgenhumor in schweren Zeiten.

Karl Berbuer zu Ehren hat die Stadt Köln nach seinem Tod einen Teilbereich zwischen Severinstraße und Nord-Süd-Fahrt in "Karl-Berbuer-Platz" umbenannt. Dort erinnert zudem eine bewegliche Skulptur in Form eines Bootes mit illustrer Besetzung, angelehnt an einige seiner Hits, an den Kölschen Liedermacher. Ein kleiner Ausflug dorthin lohnt sich in jedem Fall!

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Max Biermann ist Kölscher Singer-Songwriter. Er ist in Köln und im Fastelovend zo Hus und gibt bei t-online regelmäßig Einblicke in den Kölschen Karneval und die Kölsche Musik. Seit 2016 steht er mit seiner Flitsch auf den Bühnen Kölns und sorgt für Stimmung und gute Laune.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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