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Gil Ofarims Anwalt berichtet: "Er wurde zwei Mal mit der Faust geschlagen"


Prozess in Leipzig
Anwalt über Gil Ofarim: "Zweimal ins Gesicht geschlagen"

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

Aktualisiert am 07.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Gil Ofarim bei einer Pressekonferenz (Archivbild): Sein Anwalt gab nun Hinweise auf die Strategie der Verteidigung.Vergrößern des Bildes
Gil Ofarim (Archivbild): Ein Mann soll ihn ohne Vorwarnung im Vorraum einer Bank geschlagen haben. (Quelle: STL/imago images)

In Leipzig beginnt der Prozess gegen Gil Ofarim. Kurz davor berichtet sein Anwalt von zahlreichen Anfeindungen – und einer Attacke in einer Bank.

Der jüdische Musiker Gil Ofarim soll bereits vor einiger Zeit brutal angegriffen worden sein. Das berichtete sein Anwalt Alexander Stevens jetzt t-online. "Herr Ofarim wurde zweimal hintereinander mit der Faust ins Gesicht geschlagen, beim zweiten Mal sogar zu Boden gerungen", schildert Stevens den Vorfall.

Die Attacke sei wortlos in einer Schlange vor einem Bankautomaten erfolgt. Ein Mann sei auf Ofarim zugegangen und habe ohne Vorwarnung zugeschlagen. Vorausgegangen sei keinerlei Streitgespräch oder Provokation.

Staatsanwaltschaft: "Ofarim gewaltsam zu Boden gebracht"

Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Montag, dass in dem Fall Ermittlungen laufen: "Am 3. Juli 2023 gegen 18.10 Uhr kam es im Automatenraum einer Bankfiliale in der Leopoldstraße in München zwischen Herrn Ofarim und einer unbekannten männlichen Person zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf Herr Ofarim gewaltsam zu Boden gebracht und in einen Haltegriff genommen wurde", teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I t-online auf Anfrage mit. "Das Handy von Herrn Ofarim ging zu Bruch. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der vorsätzlichen Körperverletzung und Sachbeschädigung."

Zuerst hatte die "Leipziger Volkszeitung" am vergangenen Freitag über wiederholte antisemitische Anfeindungen und mindestens einen tätlichen Angriff gegen Ofarim berichtet, ohne Details zu nennen. Ofarim werde derzeit in etlichen Strafverfahren als Geschädigter geführt, hatte die Zeitung den Anwalt des Musikers zitiert. Seine anwaltlichen Vertreter würden sich daher um seine Sicherheit sorgen.

Weshalb Ofarim nach den mutmaßlichen Faustschlägen in der Münchner Bankfiliale nicht direkt an die Öffentlichkeit gegangen ist, erklärt sein Anwalt so: "Wir wollten ihn nicht als Opfer stilisieren."

Ermittlungen fast in ganz Deutschland

In München, dem Wohnort Ofarims, wurden rund 130 Verfahren eingeleitet, 90 davon gegen Beschuldigte, deren Identität bekannt ist. In 83 Fällen wurden Verfahren an andere Staatsanwaltschaften abgegeben, weil der Wohnort der Beschuldigten außerhalb Münchens lag.

Informationen von t-online zufolge wurden Ermittler aus fast dem ganzen Bundesgebiet mit Verfahren beschäftigt, in denen Ofarim Geschädigter sein soll. Tätig wurden Behörden in Offenburg, Göttingen, Lörrach, Hanau, Traunstein, Stade, Gera, Stuttgart, Mainz, Bielefeld, Bayreuth, Kiel, Magdeburg, Essen, Hamburg, Nürnberg, Paderborn, Ellwangen und Aschaffenburg.

Mehrere Verfahrenseinstellungen und mindestens zwei Urteile

Wie viele der Fälle noch offen sind, ist aktuell unklar. In mehreren Fällen wurden Verfahren eingestellt. Einem 29-Jährigen war zum Beispiel Beleidigung vorgeworfen worden, er hatte Ofarim per Instagram-Direktnachricht angeschrieben. "Das Ermittlungsverfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, da die Äußerung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, d.h. bei Abwägung der Meinungsfreiheit und der persönlichen Ehre, vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt war", teilte die Staatsanwaltschaft München II t-online mit.

In anderen Fällen gab es Verurteilungen. Ein Beschuldigter wurde wegen Äußerungen, die rechtlich als Beleidigung und in einem Fall auch als Bedrohung gewertet wurden, zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Sein Handy wurde eingezogen. Und das Amtsgericht Bayreuth verurteilte eine 53-Jährige zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, weil sie diverse beleidigende Mails geschrieben hatte, darunter auch eine an den Zentralrat der Juden, in der sie Ofarim beleigigte.

Prozess gegen Gil Ofarim: "Ich weiß, was mir passiert ist"

Ofarim muss sich seit Dienstag vor dem Landgericht Leipzig unter anderem wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung verantworten. Er hatte am 4. Oktober 2021 in einem viral gegangenen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter eines Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Der Musiker erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an.

Nach umfangreichen Ermittlungen glaubt die Staatsanwaltschaft, dass sich der angebliche Antisemitismus-Vorfall in dem Hotel nicht so zugetragen habe, wie der Musiker es in dem Video geschildert hatte. Ofarim hingegen hält an seinen Vorwürfen gegen den Hotelmitarbeiter fest: "Ich weiß, was mir passiert ist", sagte er zuletzt in einem Interview mit der "Welt am Sonntag".

Verwendete Quellen
  • Telefonat und Mailwechsel mit Ofarims Anwalt Alexander Stevens
  • Anfragen an Staatsanwaltschaften und Polizei
  • lvz.de: "Antisemitismus und tätliche Angriffe: Ofarim in 36 Fällen als Geschädigter geführt"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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