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Opernsängerin aus Wuppertal: Das hat sie während der Corona-Pause gelernt


Nach "Nullphase"
Opernsängerin feiert Comeback – "Wie Wiedersehen mit altem Freund"

  • Tim Ende
InterviewVon Tim Ende

Aktualisiert am 29.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Opernsängerin Iris Marie Sojer: Für sie war die lange Corona-Zwangspause eine herausfordernde, aber auch gehaltvolle Zeit. Nun kehrt sie wieder auf die Bühne zurück.Vergrößern des Bildes
Opernsängerin Iris Marie Sojer: Für sie war die lange Corona-Zwangspause eine herausfordernde, aber auch gehaltvolle Zeit. Nun kehrt sie wieder auf die Bühne zurück. (Quelle: Rahel Pasztor)

Die Corona-Krise hat viele Künstler überrascht, da sie plötzlich ohne Arbeit dastanden. Genau so wie die Opernsängerin Iris Marie Sojer aus Wuppertal. Nach langer Pause kehrt sie nun auf die Bühne zurück.

Nach nur einem Auftritt in "My Fair Lady" war für Iris Marie Sojer im März die Spielzeit an der Oper in Wuppertal gelaufen. Denn wegen der Corona-Pandemie wurde der Spielbetrieb von einen auf den anderen Tag eingestellt, wochenlange Arbeiten an der Oper waren umsonst. Am Sonntag tritt die 29-jährige Mezzosopranistin nach fast einem halben Jahr Pause wieder vor Publikum auf, als eine der drei Damen in einer Neuinszenierung von Mozarts "Zauberflöte". Was die Sängerin aus der Corona-Krise gelernt hat und was das Comeback für die bedeutet, hat sie im Gespräch mit t-online erzählt.

t-online: Am Sonntag treten Sie nach monatelanger Pause in der Neuinszenierung der Zauberflöte auf. Was ist das für ein Gefühl bald wieder vor Publikum stehen zu dürfen?

Iris Marie Sojer: Es fühlt sich so an, als ob man einen alten Freund, den man lange nicht gesehen hat, endlich wiedersieht. Einerseits ist es ein urvertrautes Gefühl, andererseits liegt doch eine gewisse Distanz zwischen einem. Dazu kommt eine fröhliche Aufregung. Ich freue mich sehr auf das Wiedersehen.

Haben Sie den Auftritt auf der Bühne vermisst?

Für mich war die lange Zeit abseits der Bühne eine sehr gehaltvolle und inhaltsreiche Zeit, die ich für mich persönlich nutzen konnte. Aber der Abschied von der Bühne kam sehr abrupt. Ich hatte gerade mein Debüt als Eliza in "My Fair Lady" gegeben, da wurde plötzlich alles auf Eis gelegt. Nach der langen Einstudierung der Musik und der zahlreichen Dialoge, und einer wunderbaren ersten Vorstellung war das eine herbe Enttäuschung.

Als die Spielzeit im April endgültig abgebrochen wurde, was haben Sie da gedacht?

Ich dachte anfangs noch, dass wir ein paar der ausgefallenen Vorstellungen auf den Mai setzen könnten und die deutsche Erstaufführung von Salvatore Sciarrinos Oper "Il canto s'attrista, perché?" vor dem Sommer noch irgendwie möglich wäre. Darin hätte ich die Rolle der Klytämnestra gesungen, auf die ich mich intensiv vorbereitet hatte. Deswegen war es dann ein surreales Gefühl, zu hören, dass das Opernhaus seine Türen schließt, und der eigene Alltag plötzlich leergefegt vor einem steht.

Wie sind Sie durch die Corona-Krise gekommen?

Gut. Ich habe viel Zeit mit mir allein, aber auch mit der engsten Familie verbracht. Diese Zeit sehe ich als ein eigenartiges Geschenk an, da sie einen zwang, in sich zu horchen, und sein Leben ohne Druck von außen zu betrachten. Außerdem konnte ich vernachlässigten Interessen in aller Ruhe nachgehen. Natürlich hatte ich das Glück, keinen komplizierten Corona-Fall im engeren Kreis erlebt zu haben, und so recht unbelastet weiterleben zu können. Auch hatte ich durch meine Festanstellung in Wuppertal das immense Privileg keine unmittelbare berufliche Existenzangst haben zu müssen. Für viele freischaffenden Kollegen sah die Realität sehr anders aus.

Und künstlerisch?

Künstlerisch war es jedoch eine absolute Nullphase. Eine Zeit lang kann ich gut ohne das Singen leben, aber irgendwann gibt es einen Punkt, an dem sowohl der Körper wie auch der Geist ihr Training einfordern. Muskulär kommt man nach so einer Phase aus dem Winterschlaf.

Wie hat das Training in der Corona-Zeit funktioniert, so ganz ohne direkten Kontakt?

Über Skype habe ich mit meiner Lehrerin digitalen Gesangsunterricht genommen. Trotz der räumlichen Distanz hat das erstaunlich gut funktioniert. Für den Lehrenden ist der digitale Unterricht wegen des beschränkten Klangerlebnisses nicht so erfüllend, aber ich habe gleich gemerkt, wie gut es mir tat, wieder zu arbeiten und in den “flow state” zu kommen.

Wann ist es mit den Proben für die Zauberflöte losgegangen und wie war das für Sie und Ihre Kollegen?

Wir haben zwei Wochen vor den Theaterferien mit den Vorproben begonnen. Diesen Schritt zu wagen fühlte sich wie ein Experiment an, aber wir alle freuten uns sehr, wieder gemeinsam musizieren und spielen zu dürfen.

Unter welchen Bedingungen wurde geprobt?

Es gab massive Einschränkungen in den szenischen Möglichkeiten, wir mussten zum Beispiel mit Meter-Markierungen auf der Bühne arbeiten. Die Regieassistentin haute pflichtbewusst auf eine Klingel, sobald sich Darsteller zu nah kamen. Bei größeren Szenen mit vielen Sängern mussten wir alle Masken tragen, jedes Requisit wurde vor jeder Berührung desinfiziert. Wir müssen uns im Theater die Haare waschen, bevor wir in die Maske dürfen. Die Maskenbildner tragen zudem Mundschutz plus Gesichtsvisiere beim Schminken, und jeder bekommt seine eigene Schminke. Die Liste geht endlos weiter.

Wie hat sich das angefühlt, unter solchen Umständen zu arbeiten?

Es ist ein sehr eigenartiges Gefühl, nicht mehr natürlich und spontan mit den Kollegen interagieren zu dürfen. Gerade für Ensembles wie die drei Damen oder die drei Knaben ist es auch eine akustische Herausforderung, mit riesigem Abstand gemeinsame Phrasen zu singen. Langsam spielt es sich jedoch ein. Die Sinne schärfen sich, und die szenischen und organisatorischen Abläufe werden natürlicher.

Worauf freuen Sie sich in dieser Spielzeit am meisten?

La Traviata kommt im April, worin ich die Flora singe. Ich liebe die Musik sehr und freue mich auf die Probenzeit mit meinen tollen Ensemblekollegen. Besonders freue ich mich auf Bachs Weihnachtsoratorium in der Historischen Stadthalle im Dezember. Bachs Musik und dieser wunderschöne Ort – besser geht’s nicht.

Was können die Zuschauer von der neuen Zauberflöte erwarten?

Eine bunte, kurzweilige und trotz Corona sehr aufwendige Produktion. Das Märchenhafte kommt nicht zu kurz, und die Inszenierung ist liebevoll zugeschnitten auf die Stadt Wuppertal. Auch wenn ich nicht zu viel verraten möchte, kann ich so viel sagen: Die Schwebebahn wird natürlich eine zentrale Rolle spielen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Iris Marie Sojer
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