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Wuppertal-Kolumne "Scheuges Talfahrt": Das Corona-Müllproblem


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Das Corona-Müllproblem und Wuppertal als "Erlebniswelt"


22.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig. (Quelle: Uli Kopka)

Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Themen diesmal: Das Müllproblem während Corona und die Stadt als "Erlebniswelt"

In diesen schweren Zeiten sind es eher die kleinen Meldungen, mit denen wir uns über Wasser halten. Beispiel: Da beschwert sich ein Wuppertaler, dass er nicht wie gewohnt sein Altpapier in einem Recyclinghof der AWG abladen darf. Um das zeitgemäß zu unterstützen, posiert er auf dem Beweisfoto der WZ breitbeinig wie ein Ersatz-Terminator vor dem geschlossenen Tor und grinst fotogen. Dass es so was gibt.

Nun führen die Entsorgungsbetriebe zwar ein ausreichend überzeugendes Argument an, denn sie wollen Kontakte reduzieren, damit die Mitarbeiter und andere Kunden geschützt sind. Wegen Corona, Sie erinnern sich? Aber genau das interessiert den engagierten Bürger wenig, denn er will doch nur sein Papier loswerden. Nun hat der Herr sicher nicht geahnt, dass es an jeder Ecke Depotcontainer gibt, in die er sein Papier entsorgen könnte. Oder blaue Tonnen, die eigens dafür hergestellt wurden. Und ruft lieber die WZ an, die sich tapfer seiner Nöte annimmt und mehr als eine halbe Seite spendiert. Hätte er sich vorher telefonisch bei der AWG erkundigt...

Auch CDU springt auf Müllthematik auf

Nun ist der Bürger nicht ganz allein mit seinen Sorgen, denn auch die CDU teilt diese exakt einen Tag später in einer Pressemitteilung mit gleicher Argumentation. Der Fraktionsvorsitzende Ludger Kineke und seine Traumpartnerin Caroline Lünenschloss fordern vehement eine Öffnung der Recyclinghöfe, damit der Alltag der MitbürgerInnen erleichtert wird. Das ist vor allem rührend und beweist eindrucksvoll, warum die Partei das C im Namen trägt. Auch hier sei noch einmal der Hinweis auf oben genannte Alternativen erlaubt. Und vielleicht der Tipp, dass es ebenso egal ist, ob in Dornap ein Zementsack umfällt, oder die CDU Wuppertal vorgibt, Bürgerinteressen zu vertreten.

Ebenfalls unter einem Aufmerksamkeitsdefizit leidet offensichtlich der neu inthronisierte Bürgermeister Rainer (the speaker) Spiecker. Ihm ist offenbar sehr langweilig und so widmet er sich in seiner Freizeit einem anderen Thema. Nein, diesmal geht es nicht um die Sicherheit der Bürger am Berliner Platz, wie sonst. Da konnte er damals leider nichts bewirken. Diesmal nutzt er die WZ als Recyclinghof seiner wahnwitzigen Ideen und will "Citys als Erlebniswelten". Ihm ist irgendwie zugetragen worden, dass die Innenstädte derzeit eher Geisterstädten als florierenden Einkaufsstraßen ähneln. Und das ist richtig. Es liegt übrigens daran, dass Geschäfte derzeit nicht öffnen dürfen, Herr Spiecker. Wegen Corona. Wirklich.

Alpakas als Schwebebahn-Ersatz?

Doch dann, völlig überraschend, verbreitet er Hoffnung. "Ich hoffe und wünsche mir, dass sich das nach überstandener Pandemie wieder zum Positiven wendet". Und dann will er sich dafür einsetzen, dass Barmen und Elberfeld noch attraktiver und lebenswerter werden. Da bin ich froh, dass am Donnerstag Welt-Knuddeltag war. Insbesondere, weil er noch folgendes anfügt: "Einzelhändler und Gastronomen können sich auf meine Unterstützung verlassen." Wer sich jemals auf die Unterstützung durch Rainer Spiecker verlassen hat, lebt wohl seitdem an der Norddeutschen Küste oder in Oberammergau.

Aber noch einmal kurz zum Thema "Erlebniswelt". Was könnte er gemeint haben? Miet-Alpakas als Schwebebahn-Ersatzverkehr? Noch ein paar mehr Spielhallen, Handyläden, Backshops und Ein-Euro Läden? Oder sollen die Reservespieler des WSV halbnackt eine Autogrammstunde vor dem Burger-King-Bunker am Alten Markt abhalten? Mehr Erlebnis geht kaum. Aber ganz am Schluss seiner atemberaubenden Pressemitteilung hat Herr Spiecker noch eine Vision. "Auch ich möchte in Zukunft nicht auf einen entspannten Stadtbummel verzichten." Ein frommer Wunsch, aber dem schließe ich mich (auch im Namen aller Bürger) ausnahmsweise ohne Einschränkungen an, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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