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Wuppertal-Kolumne "Scheuges Talfahrt": Politik ist so blass wie Dosengemüse


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Warum die Wuppertaler Politik so blass wie Gemüse aus der Dose ist


29.01.2021Lesedauer: 3 Min.
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Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig. (Quelle: Uli Kopka)

Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Thema diesmal: Was die Wuppertaler Politik mit faden Sonntagsessen zu tun hat.

Bei meiner Oma gab es früher sonntagmittags eine ganz bestimmte Speisenfolge. Zur Vorspeise eine Rinderbrühe mit lustigen Buchstabennudeln, danach eine Scheibe Schweinefleisch mit Sauce, faden Salzkartoffeln und Erbsen und Möhren aus der Büchse. Und, wenn ich fein aufgegessen hatte, noch einen Kompott oder Pudding. So war das damals.

Ähnlich ist es heute in der Politik in Wuppertal. Der sogenannte Wahlkampf im vergangenen Sommer steht hier mal für Vorspeise. Vorzugsweise lauwarme Ideenbrühe mit schwammigen Worthülsen, quasi breiig gekochte Buchstabennudeln. Als dann die Frage nach der Hauptspeise aufkam, begann es zu dämmern. Denn es wurde nicht etwa die schöne Scheibe Schweinefleisch kredenzt. Es gab nur die faden Salzkartoffeln mit Erbsen und Möhren aus der Büchse. Und schon gar kein Kompott. Auch nicht für den honorigen Gestalterkreis, von dem man übrigens seit der Wahl kaum noch etwas hört. Die haben wohl schon im Oktober eine Heilfastenkur angetreten und bis heute nicht beendet. Dabei fing alles so wunderschön an.

Kein Mensch versteht Politiker-Worthülsen

OB Schneidewind hatte nämlich eine großartige Vision: "Wir wollen die Grundlage für eine zeitgemäße Transparenz und eine verantwortungsvolle Fehlerkultur schaffen, die die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen wirksamer Verwaltung und Politik wieder herstellt." Nach so einem grandiosen Satz muss man erst mal Luft holen. Auch weil er so elegant daherkommt. Problem ist nur, dass so was kein Mensch versteht, vielleicht auch gar nicht soll. Deshalb hat er diesen atemberaubenden Satz auch bei Instagram geschrieben. Und nur wer bei Instagram ist, kann den auch lesen. Für den Rest der Bevölkerung ist das Fiktion.

Aber was nun ist zeitgemäße Transparenz? Etwa die grandiose Bauchlandung beim geplanten Abriss der ehemaligen pädagogischen Hochschule auf der Hardt, die bis auf die LINKEN und die WFW erst mal jeder goutiert hat, bis sie widerrufen wurde? Oder ist das bereits die Basis vertrauensvoller Zusammenarbeit? Schwierig herauszufinden, denn auch die Leiterin des Gebäudemanagements, Mirja Montag, kann die geniale Fehlplanung nur schwer erklären, ließ aber alles stoppen. Das ist dann wohl verantwortungsvolle Fehlerkultur. Klingt komisch, ist aber so.

Pensionsansprüche gesichert

OB Schneidewind grinst das vermutlich vornehm weg, denn er hat schon wieder eine Vision. Er will "den Vorgang sehr gründlich aufarbeiten, um wieder Vertrauen herzustellen". Echt jetzt? Welches Vertrauen könnte er wohl meinen? Er selber kümmert sich dann erst mal, richtig, um sich selber. Sprich um seine Pensionsansprüche. Gleich in der zweiten Ratssitzung am 23. November 2020. Sie wurden ihm wie gewünscht gewährt und das hat Tradition im Tal. Alles andere kann warten.

Damit nicht der Verdacht aufkommt, dass andere Führungspersönlichkeiten der Stadt wesentlich leistungsfähiger sind, kommt mir gerade das Beispiel Dietmar Bell in den Sinn. Der sympathische Landtagsabgeordnete der SPD, von dem man ansonsten in der Stadt fast gar nichts hört, hat seinen lukrativen Nebenjob als Aufsichtsratsvorsitzender der WSW erfolgreich verteidigt.

Desaster um Wuppertaler Wahrzeichen

Zu Recht, denn er ist nun wirklich sehr erfolgreich. Gut, die Schwebebahn fährt nicht immer. Aber da hat er persönlich keine Schuld. Deshalb kommentiert er das auch nicht. Warum auch? Das Desaster um das Wuppertaler Wahrzeichen ist endlos, aber für Bell auch folgenlos. Und da komme ich auf das Essen bei meiner Oma zurück, denn Dietmar Bell bekommt sicher das Kompott. Es ist ein Pflaumenkompott, also gerade richtig für den rührigen Sozialdemokraten, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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