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Peter Maffay im Interview über Kulturbranche: "Man geht mit Sorgen ins Bett"


Peter Maffay
"Man geht mit Sorgen ins Bett und wacht mit Sorgen auf"

InterviewVon Sebastian Berning

08.02.2021Lesedauer: 6 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Peter Maffay: Mit über 50 Millionen verkauften Tonträgern ist er einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Musiker.Vergrößern des Bildes
Peter Maffay: Mit über 50 Millionen verkauften Tonträgern ist er einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Musiker. (Quelle: Andreas Ortner / Red Rooster Musikproduktion)

Die Kulturbranche in Deutschland steht seit fast einem Jahr still. Das macht kleinen Künstlern zu schaffen, aber auch Größen wie Peter Maffay. Im Interview mit t-online spricht er über die heikle Lage für Künstler.

Für Fans von Livemusik und Theater bedeutet die aktuelle Corona-Krise, sich keine Konzerte und Vorstellungen anschauen zu können. Doch die Künstler leiden deutlich mehr. Wie sich das äußert, erklärt Musiklegende Peter Maffay im Gespräch mit t-online. Und wer meint, dass ihn mit seinen 50 Millionen verkauften Tonträgern diese Krise nicht auch trifft, der irrt, wie Maffay erklärt.

t-online: Sie hätten 2020 Ihr Bühnenjubiläum – 50 Jahre Peter Maffay – gefeiert, aber wirklich feiern konnte man durch die Corona-Pandemie nicht. Wie gehen Sie damit um?

Peter Maffay: Dieses Jahr ist das außergewöhnlichste, welches ich in 50 Jahren erlebt habe. Das Jahr hatte schöne Seiten, aber auch viel Bedenkliches. Und das überlagert die positiven Aspekte. Die Tour musste unterbrochen werden. Erst wegen Krankheit und Unfall, dann Corona-bedingt. Das betrifft ja auch die ganze Branche.

Sie konnten in Berlin aber auch ein einzelnes Konzert spielen.

Genau, da wollten wir zeigen, dass man unter gewissen Umständen trotzdem Konzerte spielen kann. Das war ein wundervoller Augenblick, dass man endlich mal wieder auf die Bühne konnte. Besonders für die Techniker und Crew, die aktuell enorme Existenzängste durchleiden. Über allem schwebt die Unsicherheit, wie lange diese Krise noch andauern wird.

Zwischen der Berlin-Show und Ihrem Konzert davor lagen gut 200 Tage. Was macht das mit Ihnen und Ihrer Band als Musiker?

Diese eigene, emotionale Ebene muss man da unterordnen. Die Situation für die Betroffenen geht vor. Und diese ist fatal. Die Dienstleister, die unsere Konzerte erst ermöglichen, sind durch diese Krise dermaßen in Mitleidenschaft gezogen worden, dass selbst große und gesunde Unternehmensstrukturen kollabieren. Viele meiner Musikerkollegen und -freunde stehen mit dem Rücken zur Wand. Es konnte nicht jeder Rücklagen bilden. Besonders Newcomer tun sich da schwer. Die Hilfsmaßnahmen der Regierung reichen nicht aus. Oft kommen sie gar nicht bei den Betroffenen an. Wir sprechen vom sechstwichtigsten Wirtschaftszweig in Deutschland. Das ist vielen wohl nicht klar.

Konnten Sie Ihrer Crew irgendwie helfen?

Wir zahlen an Band und Crew ein monatliches Gehalt. Wie lange wir das noch durchhalten können – keine Ahnung. Das ist in der Branche allerdings auch eher eine Ausnahme. Ohne diese Hilfestellung würde sich jeder enorm schwertun. Das ist eine Verpflichtung, die in keinem Vertrag steht. Wir arbeiten seit Jahrzehnten zusammen und sind wie eine Familie. Da hält man zusammen.

Die Beschlüsse der Regierung mit verlängerten Lockdowns macht die Planung von Konzerten sicherlich noch schwieriger.

Es verlängert vor allem die Hoffnungslosigkeit. Es entstehen keine Leuchttürme, an denen man sich orientieren kann. Dann wäre das Problem nur noch halb so schwer. Bei dem Berlin-Konzert hätten gut 20.000 Menschen in die Waldbühne gepasst, rein durften nur 4.500 Fans. Damit kann man kein wirtschaftliches Konzert spielen. Was ich als Lösungsansatz sehe, ist noch auf den Prüfstand zu stellen. Wie viele Leute können in ein Konzert gehen, ohne sich selbst oder andere zu gefährden? Dass man aktuell keine Hallen voll ausverkaufen darf, sieht jeder ein. Aber der jetzt gültige Prozentsatz wird der Branche nicht ermöglichen, sich selbst zu helfen.

Konnten Sie den letzten Monaten denn auch etwas Positives abgewinnen?

Leider nicht. Wir werden mit jedem Tag nervöser, weil die Situation immer ernster wird. Wir sind schon lange aus der Komfortzone raus. Die Vielzahl derer, die ihre Rechnungen nicht zahlen kann oder in andere Berufe abwandert, wird der Branche fehlen. Es wäre blauäugig, wenn man eine romantische Vorstellung hat, dass wir Musiker jetzt mehr Zeit im Garten, mit der Familie etc. genießen können. Die Familien aller sind nervlich total angespannt, weil die Lage so unvorhersehbar ist. Man geht mit Sorgen ins Bett und wacht mit Sorgen auf.

Ist da gerade jetzt Zusammenhalt wichtig? Sie unterstützen ja auch die Initiative "Gemeinsam gegen einsam".

Die Herausforderung, die die jetzige Zeit und Situation an uns stellt, kann man nur gemeinsam bewältigen. Reine Reglementierung hilft da nicht. Man muss immer individuelle Ansätze finden. Wenn sich meine Branche selbst helfen dürfte, dann würden die Leute es auch schaffen und Konzepte entwickeln, die weit über das hinausgehen, was aktuell gilt. Man muss uns nur machen lassen, aber genau das passiert nicht. Um noch einmal auf Ihre Frage gerade zurückzukommen: Natürlich hat man im Privaten mehr Zeit. Aber die ist in den meisten Familien durch die Umstände belastet. Das Miteinander leidet darunter und ist angespannt.

Inwiefern angespannt?

Es gibt in der Branche einige Teile, die vielleicht wirtschaftlich irgendwie zurechtkommen, aber das gilt nicht für den Großteil. Diesen Teil darf man nicht länger ignorieren. Das kann auch zu politischen und gesellschaftlichen Anspannungen führen, weil Leute das nicht länger hinnehmen wollen. Da kann die Mitte dann nach links und rechts abwandern.

Wir haben das ja auch bei Prominenten wie Attila Hildmann oder Michael Wendler gesehen. Ist es gefährlich, wenn solch prominente Menschen ihre Ansichten im Internet verbreiten?

Ganz klar: Leute, die Corona leugnen, schaden nicht nur sich selbst, sondern auch der Gesellschaft! Das ist etwas, was ich persönlich nicht nachvollziehen kann. Ich verstehe es nicht, wie man einen wissenschaftlich erwiesenen Umstand leugnen kann. Was ich nachvollziehen kann ist, dass Teile der Gesellschaft anfangen, viele Maßnahmen zu hinterfragen. Die Summe aller Maßnahmen kann nicht komplett richtig sein. Egal, wie gut die Absichten der Politiker dahinter sind. Aber die Bereitschaft, Positionen immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, muss da sein. Man muss bereit sein, seine eigenen Ansichten zu korrigieren. Das führt dann im Idealfall zu einer positiven Dynamik.

Im Lockdown veröffentlichte der Erfolgsmusiker zudem ein Best-of, welches die besten, schönsten und wichtigsten Duette aus seiner Karriere vereint.

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Sie haben mit "Peter Maffay und" ein Duett-Best-of-Album veröffentlicht. Die erste Single ist ein Remake von "Für immer jung", wo auch Ihre Fans mitsingen. Woher kam diese Idee?

Das ist eigentlich der Slogan für unser Jubiläum. Dieser Austausch mit dem Publikum kann nur zustande kommen, wenn es ein Publikum gibt. Da sind einige seit den Anfängen dabei, andere sind Quereinsteiger. Aber es sind immer gemeinsame Erlebnisse, Begegnungen im Konzert. Es waren 177 Einsendungen und ich habe alle angeschaut. Daraus ist ein charmantes Projekt geworden, weil es den Querschnitt unserer Fans zeigt. Eine schöne Gemeinschaft.

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Fühlen Sie sich denn noch immer jung?

Ich glaube nicht, dass Jungsein eine Frage des Alters ist. Jungsein ist eine Haltung. Ich bin jetzt fast 72, also kein Jüngling mehr, aber ich fühle mich in vielen Situationen jung genug, um das zu machen, was ich mache. Ich versuche, mir Beweglichkeit zu erhalten. Ich stehe ja auch beruflich viel mit jungen Menschen in Kontakt. Mein Alter verleugne ich aber nicht. Die letzten 50 Jahre waren eine wunderschöne Reise. Weil das so ist, werden wir nicht dasitzen und Däumchen drehen. Wir wollen raus und suchen den Austausch mit dem Publikum. Aber das geht im Moment nur über Videos, so wie mit "Für immer jung".

Auf der Platte sind Duette mit Pur, Jennifer Weist und anderen großen Namen. Als Rockstar – fällt es Ihnen da schwer das Rampenlicht zu teilen?

Überhaupt nicht! Wir haben noch sehr viel mehr Duette aufgenommen, als auf der Platte sind. Ich finde den Austausch mit anderen Musikern gut und interessant. Auf einer Bühne ist immer genug Platz für andere Musiker. Ob da fünf oder sechs Leute stehen, ist völlig egal. Wir sind Ego-mäßig nie so abgehoben, dass wir nicht Raum für andere Musiker gehabt hätten. Jede Begegnung hat irgendetwas hinterlassen und einen positiven Impuls gegeben. Da waren interessante Kollegen dabei, zum Teil richtige Legenden, von denen man viel lernen konnte. Und in letzter Zeit bin ich vielen Leuten begegnet, die nachrücken und enormes Talent besitzen.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Gespräch mit Peter Maffay
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