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Darum sind SUV so erfolgreich
Der Regenwald brennt ab, SchĂŒler demonstrieren fĂŒr Umweltschutz â und SUV sind das beliebteste Segment in Deutschland. Woher kommt unsere Liebe zu den klobigen Spritfressern?
Die Golf-Klasse vom Thron gestĂŒrzt: SUV stehen inzwischen regelmĂ€Ăig auf Platz eins der Zulassungs-Charts â wĂ€hrend das nachhaltige Leben immer mehr Bedeutung bekommt und selbst Fleischhersteller aus UmweltgrĂŒnden weniger Fleisch verkaufen wollen. Wie lĂ€sst sich erklĂ€ren, dass die schweren Offroader dennoch immer beliebter werden? Der Wirtschaftspsychologe RĂŒdiger Hossiep von der Ruhr-UniversitĂ€t Bochum erklĂ€rt das PhĂ€nomen.
Wie lÀsst sich der Erfolg von SUVs erklÀren? Was zieht die Menschen in diese Autos?
Hossiep: Man kann das Auto als gepanzertes Selbst verstehen. Ich kann mich mit einem SUV stĂ€rker von der AuĂenwelt abschotten und transportiere auch etwas nach auĂen. Es erzeugt so etwas wie ein ĂberlegenheitsgefĂŒhl. Man sitzt höher, ist vermeintlich fĂŒr jede Lage gut gerĂŒstet und hat mehr Bodenfreiheit.
Die geht aber auch mit ĂŒberproportionalem Spritverbrauch einher. Denn wenn die Autos einige Zentimeter höher liegen und entsprechend groĂe StirnflĂ€chen haben, sorgt das eben fĂŒr einen schlechten Cw-Wert.
Sind SUV-Fahrer rĂŒcksichtlose Machos und neigen zu Protzerei?
In Teilen stimmt das sicherlich fĂŒr Fahrer und fĂŒr Fahrerinnen. Wo Rauch ist, ist in der Regel auch Feuer. Sie können ja mal schauen, was sich prominente FuĂballspieler zum Teil fĂŒr Autos kaufen. Da gibt es durchaus GelĂ€ndewagen mit acht oder zwölf Zylindern, die auf der Autobahn 40 Liter verbrauchen.
Diese extrem tiefgelegten Sport-SUVs haben kaum Abrollkomfort und wenig Bodenfreiheit. Warum macht man sowas? Das kann keinen rationalen Grund mehr haben. Das ist weitgehend sinnfrei, auĂer es geht eben um emotionale Aspekte.
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Viele wollen aber einfach nur bequemer ein- und aussteigen.
Das ist eher ein Scheinargument. Das geht ja mit vielen anderen Autos wie einem Kleinwagen oder einem Van auch. Da können Sie ebenso bequem ein- und aussteigen. Der Mensch ist ja kein rationales Wesen, sondern ein rationalisierendes. Das heiĂt, er hat immer gute GrĂŒnde. Der Trend geht Richtung SUV, und wenn sich Waltraud oder Dieter einen Tiguan kaufen, hĂ€tte ich auch gern einen.
Aber es gibt auch handfeste Vorteile?
Ein SUV erzeugt ein gewisses ĂberlegenheitsgefĂŒhl. Es ist leiser und es entkoppelt einen mehr von der Umwelt. Man fĂŒhlt sich nicht nur sicherer, das ist auch so. Denn im Falle eines Crashs hat in der Regel derjenige den Vorteil, der das schwerere Fahrzeug hat. Und man ist dem Unbill durch andere Verkehrsteilnehmer weniger ausgesetzt.
Mit einem SUV kann man sich Respekt verschaffen?
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Autofahrer, die an einer grĂŒnen Ampel stehen bleiben, umso spĂ€ter vom Hintermann angehupt werden, je gröĂer ihr Auto ist. Fahren Sie mal mit einem Kleinstwagen und anschlieĂend mit einem groĂen SUV rum. Sie werden völlig andere Erfahrungen im Verkehr machen. Mit dem groĂen SUV lassen Sie die anderen Leute ziemlich in Ruhe.
Und mit einem kleinen SUV? Lassen mich dann die anderen Kleinwagen in Ruhe?
Das ist dann wohl die Hoffnung, die die Leute damit verbinden, ja.
Stehen die SUVs allgemein fĂŒr ein gewisses SchutzbedĂŒrfnis?
Ja und diese SchutzbedĂŒrftigkeit dĂŒrfte sogar noch zunehmen, denn der StraĂenverkehr wird ja immer enger und ruppiger. Autofronten werden in diesem Zuge auch immer aggressiver gestylt. Durch die rauer gewordene Verkehrsumwelt, die Dichte des Verkehrs, höheren Zeitdruck und schnellere Fahrzeuge wird sich der Trend verstĂ€rken.
Letztlich ist das eigene Auto ja ein RĂŒckzugsort zum Mitnehmen. Ăffentliche Verkehrsmittel bieten dies so nicht, so dass man im doppelten Wortsinn eher angreifbar ist. Auch aus diesem Grund erleben wir eine Renaissance des Individualverkehrs gerade bei Frauen, die sich dann sicherer fĂŒhlen.