Haben FuĂgĂ€nger im Kreisverkehr Vorrang?
Immer öfter ersetzen StĂ€dte und Gemeinden normale Kreuzungen durch einen Kreisverkehr â und das aus gutem Grund: Kreisel gelten als wesentlich sicherer. Doch auch ein Kreisel hat seine TĂŒcken.
Kreisverkehre erleben seit einigen Jahren eine echte Renaissance. Vielerorts werden normale Vorfahrtskreuzungen durch einen Kreisel ersetzt. Neben einem besseren Verkehrsfluss wirkt sich so ein Umbau meist auch positiv auf die Unfallzahlen aus.
"Insgesamt ist der Kreisverkehr einfach sicherer, denn hier gibt es keinen Gegenverkehr, wodurch eine wesentliche Gefahrenquelle fĂŒr UnfĂ€lle wegfĂ€llt", sagt Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Geschwindigkeit. "Bei normalen Kreuzungen fahren Autofahrer 50 oder auĂerorts sogar 70 km/h. Im Kreisel hingegen betrĂ€gt die Geschwindigkeit meist nur 20 bis 30 km/h", sagt der Verkehrsforscher Martin Schmotz von der Technischen UniversitĂ€t (TU) Dresden.
Vorteil der vereinfachten VerkehrsfĂŒhrung
Daneben sieht Schmotz in der VerkehrsfĂŒhrung einen groĂen Vorteil. Die Fahraufgabe sei schlicht einfacher, denn im Kreisel gehe es immer nach rechts und der bevorrechtigte Verkehr komme ausschlieĂlich von links. "Es gibt also deutlich weniger Konfliktpunkte im Vergleich zu einer konventionellen Kreuzung mit Vorfahrtregelung."
Stockt es doch einmal, sind nicht selten die Verkehrsteilnehmer selbst die Verursacher. "Speziell bei Ă€lteren Autofahrern erleben wir es immer wieder, dass beim Verlassen des Kreisverkehrs nicht geblinkt wird", sagt JĂŒrgen Kopp von der Bundesvereinigung der FahrlehrerverbĂ€nde (BvF). Mit der Folge, dass der einfahrende Verkehr umsonst wartet.
Das Nichtblinken hĂ€nge vermutlich damit zusammen, so Kopp, dass es den Kreisel seit den 1960er- und 1970er-Jahren in Westdeutschland praktisch nicht mehr gab und er dementsprechend auch in der Fahrausbildung keine Rolle spielte. "Heute hingegen ist der Kreisverkehr ein wichtiger Bestandteil im Fahrschulunterricht â und zwar in Theorie und Praxis", erklĂ€rt Kopp. Junge Autofahrer hĂ€tten daher keine Schwierigkeiten mit den Verkehrsregeln im Kreisel.
Haben FuĂgĂ€nger im Kreisverkehr Vorrang?
Ein kritischer Punkt im Kreisverkehr ist die Vorfahrtsregel gegenĂŒber FuĂgĂ€ngern. Denn sie besagt, dass Autofahrer beim Einfahren gegenĂŒber querenden FuĂgĂ€ngern Vorrang haben, beim Herausfahren aber auf diese achten mĂŒssen.
"Das ist so uneinheitlich geregelt, weil die Zufahrt zum Kreisel gemÀà StVO als normale Knotenpunktzufahrt gesehen wird, das Herausfahren aber ein Abbiegevorgang mit den entsprechenden Regelungen ist", sagt Schmotz. Das sei vielen aber nicht bekannt. Entsprechend zeige sich in der Praxis auch eher ein umgedrehtes Bild.
Deutlich klarer ist die Vorfahrtsregelung gegenĂŒber anderen Autofahrern: Hier hat der Verkehr auf der sogenannten Kreisfahrbahn Vorfahrt.
Dazu ist der Kreisverkehr entsprechend gekennzeichnet â neben dem runden blauen Schild mit den drei weiĂen kreisförmig angebrachten Pfeilen (Zeichen 215, siehe ganz oben) auch mit dem Schild "Vorfahrt gewĂ€hren" (Zeichen 205, ein weiĂes Dreieck mit rotem Rahmen).
Wenn an der Einfahrt nicht das Zeichen 205 angebracht ist, spricht man statt des Kreisverkehrs von einem kreisförmigen Knotenpunkt. Dann gilt die Regelung âRechts vor Linksâ.
Auch Radfahrer haben im Kreisverkehr oft einen schweren Stand. "Beim Herausfahren erhöhen viele Autofahrer die Geschwindigkeit, dann jedoch kommt oft von rechts der kreuzende Radverkehr â das ist eine gefĂ€hrliche Situation", sagt Brockmann.
Kopp verweist zudem auf die bauliche Besonderheit des Kreisels beim Abbiegen: "Durch den Bogen wird der tote Winkel noch vergröĂert, das erhöht die Gefahr beim Abbiegen." Die sichersten Kreisel seien daher die, bei denen FuĂgĂ€nger und Radfahrer erst ein paar Meter von der Kreiselausfahrt entfernt die Fahrbahn kreuzen wĂŒrden.
Vom kleinen Kreisverkehr zum mehrspurigen Kreisel
Der hÀufigste Kreisel in Deutschland ist der TU Dresden zufolge der "kleine Kreisverkehr", auch Kompaktkreisel genannt, der den Verkehr einspurig lenkt. Er hat einen Durchmesser von mindestens 26 Metern und eine leicht erhöhte feste Kreisinsel, die oft bepflanzt ist.
Wichtig sei hier, so Schmotz, dass Kommunen die Kreisinsel nicht zweckentfremden wĂŒrden: "Wenn dort beispielsweise Beton- oder Stahlkunstwerke oder anderes aufgebaut wird, kann das im Falle eines Unfalls mit Auffahren auf die Kreisinsel zu schwerwiegenden Unfallfolgen fĂŒhren."
Immer öfter sind in kleinen Ortschaften zudem Minikreisel mit einem Durchmesser bis 22 Metern zu sehen. Die Besonderheit hier ist die flache, meist farblich abgesetzte Kreisinsel. Lkw oder Busse dĂŒrfen geradeaus darĂŒberfahren, Pkw hingegen nicht. Eher selten sind in Deutschland mehrspurige Kreisel. Wer dort links fahre, mĂŒsse zunĂ€chst den rechts neben ihm fahrenden Verkehr beachten, bevor er an der Ausfahrt den Kreisel verlassen kann.