Eigentumswohnung: Gestaltungsfreiheit hat Grenzen

Bonn (dpa/tmn) - WohnungseigentΓΌmer haben mehr Freiheiten als Mieter. In ihren eigenen vier WΓ€nden kΓΆnnen sie tun und lassen, was sie wollen: Bad umbauen, KΓΌche vergrΓΆΓern, Zimmer teilen - im Prinzip sind ihnen keine Grenzen gesetzt. Solange sie nicht die anderen Mitglieder ihrer Gemeinschaft stΓΆren und das Gemeinschaftseigentum berΓΌhrt wird. DafΓΌr mΓΌssen sie die Zustimmung der Mehrheit einholen.
"Anders als EigentΓΌmer von EinfamilienhΓ€usern leben WohnungseigentΓΌmer gemeinsam mit anderen in einer WohnungseigentΓΌmergemeinschaft (WEG), fΓΌr die besondere Regeln gelten", sagt Michael Nack vom Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) in Bonn.
Mit der Eigentumswohnung, dem sogenannten Sondereigentum, erwerben sie auch Teile am gemeinschaftlich genutzten Eigentum vom Haus. Das sind zum Beispiel WΓ€nde, Fassaden, Flure, TreppenhΓ€user oder DΓ€cher. Also Dinge, die unmittelbar zum GebΓ€ude gehΓΆren und von allen genutzt werden.
Γber alle VerΓ€nderungen am Gemeinschaftseigentum entscheidet die WEG gemeinsam. Welche Bestandteile des GebΓ€udes zu den einzelnen Wohneinheiten gehΓΆren und welche Gemeinschaftseigentum sind, ist in der TeilungserklΓ€rung der WEG festgelegt.
WEG-Gesetz ermΓΆglicht VerΓ€nderungen
Mit dem 2020 verΓ€nderten WEG-Gesetz haben WohnungseigentΓΌmer grundsΓ€tzlich mehr Freiheiten bekommen, etwas am Gemeinschaftseigentum zu verΓ€ndern.
"Damit soll der sogenannten Versteinerung der Wohnanlagen entgegengewirkt werden, die teilweise seit Jahrzehnten im gleichen Zustand gehalten werden wie bei ihrer Errichtung", so Marco Schwarz vom Verband der Immobilienverwalter Deutschland. "Oft entspricht der Zuschnitt der Wohnungen nicht mehr den heutigen AnsprΓΌchen. Mit den Neuerungen im WEG-Gesetz ist es fΓΌr EigentΓΌmer einfacher geworden."
MiteigentΓΌmer kΓΆnnen mitreden
Diese Neuerungen sind durchaus relevant, wenn EigentΓΌmer ihre eigene Wohnung umbauen oder neu gestalten wollen. Denn es kann bei baulichen MaΓnahmen im Sondereigentum vorkommen, dass auch Teile des Gemeinschaftseigentums davon betroffen sind.
"Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine tragende Wand entfernt werden soll", sagt Michael Nack. "Oder wenn beim Umzug der KΓΌche in einen anderen Raum Leitungen und Rohre anders verlegt werden, und dadurch die AnschlΓΌsse anderer EigentΓΌmer verΓ€ndert werden mΓΌssen."
Ein klassischer Fall sei der Einbau neuer Fenster. Viele denken sich: Das sind ja meine Fenster, die ich in meiner eigenen Wohnung einbaue. "Aber das ist ein Trugschluss. Die Fenster gehΓΆren zur Fassade des Hauses und die ist Gemeinschaftseigentum. Also haben die anderen EigentΓΌmer ein WΓΆrtchen mitzureden", sagt Nack.
Rechtsanspruch auf Genehmigungen
Das gilt erst recht bei Bauvorhaben, die in die Statik des GebΓ€udes eingreifen. "DeckendurchbrΓΌche fΓΌr den Einbau einer Treppe ins Dachgeschoss wΓ€ren zum Beispiel ganz offensichtliche Eingriffe in GebΓ€udesubstanz und Gemeinschaftseigentum und damit von der WEG genehmigungspflichtig", erklΓ€rt RechtsanwΓ€ltin Beate Heilmann. Das trifft auch beim Zusammenlegen von zwei Wohnungen zu, fΓΌr das tragende WΓ€nde entfernt werden mΓΌssen.
"Solche Vorhaben sind durchaus zulΓ€ssig, aber eben nicht ohne die Genehmigung der WEG", sagt Heilmann, die auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) ist. Es gibt sogar einen Rechtsanspruch auf Genehmigung.
Manche MaΓnahmen brauchen keine Erlaubnis
Nicht genehmigungspflichtig ist etwa der Einbau einer Rigipswand zur Teilung eines groΓen Zimmers. Das ist ein reiner Eingriff ins Sondereigentum, der die anderen EigentΓΌmer nicht betrifft und beeintrΓ€chtigt. Oder der Umbau eines Badezimmers, solange Rohre und Leitungen nicht gravierend verΓ€ndert werden. "Bei allem, was sich ausschlieΓlich im Sondereigentum abspielt, hat der EigentΓΌmer freie Hand", so Beate Heilmann.
Nicht immer ist von vornherein klar, welche Auswirkungen die Umbauten haben kΓΆnnten. "Sobald die Wahrscheinlichkeit besteht, dass in die bauliche Substanz eingegriffen werden kΓΆnnte, sollten sich die EigentΓΌmer fachlichen Rat von Statikern und Architekten holen", rΓ€t Marco Schwarz. "Diese Experten finden oft gute LΓΆsungen, mit denen Umbauten in der Wohnung auch ohne Eingriff ins Gemeinschaftseigentum mΓΆglich sind."
So kΓΆnnen beim Umzug des Bades in einen anderen Raum die notwendigen Leitungen und Rohre beispielsweise hinter einer abgehΓ€ngten Decke verlegt werden, statt das bisherige Rohrsystem im Haus zu verΓ€ndern. Dann mΓΌssen auch die anderen EigentΓΌmer nicht dazu befragt werden, weil es sich um reine VerΓ€nderungen im Sondereigentum handelt.
Nicht auf eigene Faust loslegen
Expertisen von Fachleuten sind immer dann unbedingt nΓΆtig, wenn in der EigentΓΌmerversammlung die anderen Mitglieder vom eigenen Projekt ΓΌberzeugt werden mΓΌssen. "Soll eine Wand oder eine Decke durchbrochen werden, braucht man ohne die entsprechende Beurteilung zur Statik gar nicht erst in die EigentΓΌmerversammlung zu gehen, um sein Vorhaben absegnen zu lassen", so Schwarz.
Manche EigentΓΌmer nehmen das Risiko in Kauf und fangen einfach mit dem Bauen an. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. "Im Extremfall muss die ganze Sache rΓΌckgebaut werden", sagt Beate Heilmann. Denn die anderen EigentΓΌmer kΓΆnnen einen RΓΌckbauanspruch geltend machen, wenn sie mit den baulichen VerΓ€nderungen nicht einverstanden sind.
"Bauliche VerΓ€nderungen in den eigenen vier WΓ€nden einer WEG kΓΆnnen ein groΓes Konfliktpotenzial haben", sagt Michael Nack. Wer vermeiden will, dass ein Streit vor Gericht landet, sollte von Anfang an klar formulieren, was er vorhat. Dann findet sich in den meisten FΓ€llen auch ein Weg, um das Projekt zu realisieren.