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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Vom Spaß zur Tragödie Wie ein Kopfsprung ins flache Wasser Leben verändern kann

Wer leichtsinnig per Kopfsprung in ein Gewässer springt, riskiert schwerste Verletzungen, warnt die DLRG. Die nackten Zahlen.
Die Lebensretter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) warnen auch erfahrene Schwimmer vor den Gefahren des Badens – insbesondere vor Kopfsprüngen. Den Schätzungen der Lebensretter zufolge ereignen sich jedes Jahr etwa 80 Badeunfälle, weil Menschen in zu flache oder trübe Gewässer springen und sich dabei Rückenmarksverletzungen zuziehen, die mit einer Querschnittslähmung enden.
"Das Leben in wenigen Sekunden für immer verändern"
"Ein kurzer Moment des Leichtsinns kann auch an einem entspannten Badetag das Leben in nur wenigen Sekunden für immer verändern", sagt die Präsidentin der DLRG, Ute Vogt, und appelliert: "Vergewissern Sie sich vor dem Sprung, dass das Wasser tief genug und frei von Felsen oder Gegenständen ist, von denen Verletzungsgefahr ausgehen kann."
Eine bundesweite Statistik zu Unfällen nach Kopfsprüngen gibt es nicht, aber die Expertin weiß: Diese Unfälle passieren in Freigewässern und öffentlichen Schwimmbädern genauso wie in Pools im heimischen Garten und in Hotelanlagen. "Übermut und mangelndes Risikobewusstsein verleiten Menschen zu waghalsigen Aktionen. Oft sind Alkohol oder andere Drogen mit im Spiel", so Vogt.
"In den meisten Fällen sind es junge Männer, die sich auf diese Weise verletzen, aber auch ältere Familienväter mussten schon mit solchen Unfallmustern behandelt werden", sagt Dr. Matthias Königshausen von der Universitäts- und Poliklinik am Berufsgenossenschaftlichen Klinikum Bergmannsheil Bochum. Wer einen solchen Unfall überlebt, habe meist bis zum Ende seines Lebens unter den Folgen zu leiden – wenn er denn überlebt.
Temperaturunterschiede führen zu Kreislaufschocks
Allein am vorvergangenen Wochenende meldete die DLRG 15 Badetote – das bisher tödlichste Wochenende in diesem Jahr. "Und die Saison geht ja jetzt erst richtig los", sagt DLRG-Sprecher Martin Holzhause t-online. Da der Mai eher kühl war, habe es die Menschen dann im warmen Juni an Badeseen und Küsten gezogen. Wenn jetzt im Juli die Hitzewelle beginnt, werden die Retter alle Hände voll zu tun bekommen.
"Wir hoffen natürlich, dass unsere Warnungen erfolgreich sind und wir nicht ein Jahr wie das letzte erleben", so Holzhause weiter. Anfang August wollen die Lebensretter eine Zwischenbilanz ziehen und die aktuelle Zahl der Badetoten herausgeben. Fakt ist: 2024 hatte die DLRG insgesamt 411 Badetote gezählt. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es "nur" 299.
Wissenswert
Laut DLRG-Statistik sind die meisten Badetoten männlich: 2023 lag der Anteil bei 76 Prozent. Besonders häufig betroffen seien Menschen ab 55 Jahren. Während bei Jüngeren oft Leichtsinn, Selbstüberschätzung oder Alkohol eine Rolle spielen, sind es bei den Älteren häufig unerkannte gesundheitliche Probleme in Verbindung mit Hitze und kaltem Wasser.
Die DRLG warnt auch erfahrene Schimmer, nicht leichtsinnig zu werden. Besonders leicht unterschätzt würden die Gefahren durch Temperaturunterschiede. Wer nach dem Sonnenbaden ohne Abkühlung ins kalte Wasser springt, riskiert einen Kreislaufschock – selbst als gesunder Mensch. Mit Alkohol im Blut steige das Risiko zusätzlich.
Besonders an Baggerseen sei Vorsicht geboten: Dort könne es hinter flachen Uferzonen plötzlich mehrere Meter in die Tiefe gehen, "wo das Wasser plötzlich vielleicht nur noch 7 Grad hat", so Holzhause. Das belaste den Kreislauf stark und könne zu Krämpfen oder im schlimmsten Fall zu einem Kreislaufkollaps führen.
Mehr Menschen zieht es im heißen Sommer an Badestellen – mit Risiken. Ob unbewachte Gewässer heute häufiger genutzt werden als früher, ist unklar. Fest steht aus Sicht der Organisation: Längere, heißere Sommer durch den Klimawandel erhöhen die Unfallgefahr.
- Gespräch mit DLRG-Sprecher Martin Holzhause
- dlrg.de: "DLRG und DGOU appellieren gemeinsam: Kein Kopfsprung in flaches und trübes Wasser!"
- statista.com: "Anzahl der Todesfälle durch Ertrinken in Deutschland" (kostenpflichtig)
- Mit Material von dpa