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Eltern: Auszugs-Trauer kann in einer Depression enden


Empty-Nest-Syndrom
Auszugs-Trauer kann in einer Depression enden

t-online, Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 21.11.2019Lesedauer: 3 Min.
Frau schaut aus dem Fenster: Vor allem Müttern fällt das Loslassen schwer.Vergrößern des BildesFrau schaut aus dem Fenster: Vor allem Müttern fällt das Loslassen schwer. (Quelle: Andreas Krone/Symbolbild/imago-images-bilder)
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Jahrelang haben die Eltern alles für ihre Kinder getan. Waren für sie da, wenn sie gebraucht wurden. Waren Wegweiser, Orientierung und manchmal auch Grund für einen handfesten Streit. So sehr Eltern auch die Momente kennen, in denen sie sich nach mehr Ruhe und Zeit zu zweit sehnen: Ist das Haus plötzlich leer, bleibt bei vielen eine tiefe Traurigkeit zurück.

Viele Eltern fallen in ein emotionales Loch: "Und was jetzt?" – ist die Frage, vor der sie stehen und auf die sie zuerst keine rechte Antwort haben. "Eine intensive emotionale Reaktion auf den Auszug des Kindes ist nicht ungewöhnlich", weiß Robert Eckert, Experte für Paartherapie und Eheberatung aus Hofheim am Taunus. "Nach fast 20 Jahren stehen die Eltern plötzlich vor einer neuen Lebenssituation. Sich umzugewöhnen und neu zu orientieren braucht Zeit und geht nicht von heute auf morgen. Viele sind zuerst überfordert."

Vor allem Mütter leiden unter dem Empty-Nest-Syndrom

Eine tiefe Traurigkeit, Frust, Ängste und Gefühle der Hilflosigkeit sind laut dem Psychologen typische Hinweise auf das Empty-Nest-Syndrom. Vor allem Müttern fällt das Loslassen schwer. "Bekomme ich noch genügend von meinem Kind mit?", "Hat es mich auch weiterhin lieb?" sind bekannte Gedanken. "Etwas zugespitzt könnte man sagen, dass den Müttern beim Auszug der Kinder schon ein Stückweit der Sinn des Lebens abhandenkommt. Das Ziel ist nun erreicht, das Kind kann auf eigenen Beinen stehen. Jetzt gilt es, neue Wünsche zu definieren. Und das ist für viele kein leichter Weg. Hinzu kommt die Angst vor dem Verlust der starken Bindung zu dem Kind", sagt Eckert.

Wenn aus der Auszugs-Trauer eine Depression wird

Überfürsorgliches Verhalten ist oft die Folge. Ständige Anrufe, Proviantpakete, der Wunsch nach Besuchen und manchmal auch versteckte Vorwürfe wie "Wir sind dir nicht mehr wichtig" sind weitere mögliche "Symptome" des Empty-Nest-Syndroms.

"Es kann sogar passieren, dass sich aus der Auszugs-Trauer eine Depression entwickelt", weiß der Psychologe und betont: "Anhaltende Traurigkeit, Freudlosigkeit, Schlafstörungen und Antriebsarmut müssen ernst genommen werden. Betroffene sollten nicht zögern, sich dann professionelle, therapeutische Unterstützung zu holen."

Existenzängste können laut dem Paarberater eine mögliche Depression zusätzlich befeuern. Auch heute sei noch häufig zu beobachten, dass Mütter ihr ganzes Leben der Kindererziehung widmen und nicht selten ihre berufliche Laufbahn unterbrechen beziehungsweise auch aufgeben. Dies werde ihnen dann zum Teil schmerzlich bewusst, wenn die Kinder plötzlich weg sind. Funktioniere dann die eigene Partnerschaft nicht mehr so gut wie zu Beginn, könne sich das schnell existenziell bedrohlich anfühlen und in einer tiefen Krise münden.

Sind die Kinder weg, muss sich das Paar neu entdecken

"Ratlosigkeit und Hilflosigkeit können dann in ein Stimmungstief führen, welches letzten Endes auch die Beziehung selbst stark fordert – und oft überfordert", sagt Eckert. Das Paar muss sich neu definieren und finden. Die plötzliche Zeit und Nähe sind für viele zuerst ungewohnt. Ein neuer Rhythmus muss sich einspielen, mit dem sich beide wohlfühlen.

Oft funktioniert das nicht ohne weiteres. Auseinandersetzungen und Streit sind die Folge. "Nicht alle Paare schaffen es, wieder aufeinander zuzugehen und einen gemeinsamen Weg zu finden. So manche Ehe zerbricht, sobald die Kinder das Elternhaus verlassen, da es nicht allen gelingt, sich rechtzeitig auf diese neue Lebenssituation einzustellen", weiß der Psychologe.

Kindererziehung mit eigenen Bedürfnissen kombinieren

Er rät Eltern, sich schon während der Zeit der Kindererziehung um die eigenen Bedürfnisse und Wünsche in einem ausreichenden Maß zu bemühen und nicht erst dann, wenn die Kinder ausgezogen sind. So lasse sich das Empty-Nest-Syndrom am besten umgehen und ein stabiles Gerüst für die Zeit nach dem Auszug des Kindes aufbauen.

Für die Zeit nach dem Auszug rät Eckert den Eltern zudem, sich und der neuen Situation ausreichend Zeit zu geben und Erwartungsdruck abzubauen. Der Umgang mit der neuen Situation ist für alle neu. Und wenn sich das Kind nicht meldet, hat das in der Regel nichts damit zu tun, dass es keinen Kontakt zu seinen Eltern möchte, sondern weil es die Zeit braucht, um das eigene Leben aufzubauen und zu strukturieren.

Jeder neue Weg bietet neue Chancen

Genau diese Zeit brauchen auch die Eltern für sich. Es gilt, sich als Paar wieder zu finden und gemeinsam die nächsten Jahre zu planen. "Diese Herausforderung kann auch sehr viel Freude bereiten, wenn man es richtig angeht. Und darum geht es dann auch in meiner Beratung für diese Paare – nämlich einen ganz persönlichen Weg gemeinsam zu erarbeiten, der zukunftsfähig ist", sagt Eckert. Das fällt dann leichter, wenn die Eltern ihre Ängste zwar annehmen, sich von ihnen aber nicht überrollen lassen. Jeder neue Weg bietet neue Chancen.

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