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US-Whiskey Bottled in Bond


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Die geheimen Whiskey-Schätze der USA

Helge Müller - in memoriam

Aktualisiert am 02.06.2014Lesedauer: 4 Min.
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Whiskey aus den USA ist meist süß, würzig und fruchtig.Vergrößern des Bildes
Whiskey aus den USA ist meist süß, würzig und fruchtig. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Flüssiges Gold aus Nordamerika: Verborgen in amerikanischen Zolllagern lassen die besten US-Destillen ihre Top-Produkte reifen. Was früher als Schutz gegen gepanschten Fusel diente, ist heute eine Leistungsschau für Genießer. wanted.de-Experte Helge Müller war in Kentucky unterwegs und hat für Sie eine erstellt.

Sie heißen Rittenhouse Straight Rye Whiskey, Old Fitzgerald von Heaven Hill, Colonel E.H. Taylor Straight Rye oder T.W. Samuels Kentucky Straight Bourbon - und kaum einer kennt die Whiskeys. Alle sind Bottled in Bond - abgefüllt unter Verschluss, alle erleben gerade ein Comeback bei Genießern. Doch der Reihe nach.

Feuerwasser für Cowboys

Als der weiße Mann den Wilden Westen eroberte, floss das Feuerwasser in Strömen. Die Farmer tauschten den Brand bei den Rothäuten oder Cowboys gegen Sklaven, Squaws, Pferde, Waffen oder Land. Doch mit der Nachfrage zog der Betrug an: Zwielichtige Hehler panschten, was das Zeug hielt und streckten den Whiskey mit Jod, Zuckercouleur, Pflaumen oder Kirschsaft, um das Ergebnis hinterher als "Old Kentucky Bourbon" zu verkaufen. Die Trapper testeten daher den Bourbon auf ihre Art – mit dem Füllhorn voller Schwarzpulver am Gürtel. >>

Wenn sich das Gemisch von Whiskey und Schwarzpulver mit einer blauen Flamme entzündete, war die Spirituose mit mindestens 50 Volumen-Prozent Alkohol gesegnet und als Tauschmittel anerkannt. Der Whiskey war damit 100prozentig echt – also 100 Proof. Ein Whiskey mit 40 Prozent kommt auf 80 Proof - und würde übrigens nicht brennen.

Bald machte der Staat Druck: Die Hersteller mussten die Reinheit des Whiskeys garantieren, indem sie den Brand in den Fässern unter staatlicher Aufsicht reifen ließen – und schließlich unter Verschluss abfüllten, eben bottled in bond. Treibende Kraft hinter dem Bottled-in-Bond-Act von 1897 war Kentucky, vor allem der Bankier Colonel Edmund Haynes Taylor Jr. Er war 16 Jahre Bürgermeister von Frankfort, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Kentucky, und Senator.

Das Gesetz drängte die Panscher aus dem Markt, das Geschäft boomte. Taylor finanzierte die Whiskey-Ikonen Oscar Pepper und Dr. James C. Crow und war Partner von George T. Stagg. >>

Nachdem Crow und Pepper verstarben, übernahm Taylor deren Brennereien. Insgesamt soll Taylor an sieben Destillerien beteiligt gewesen sein. Klar hatte er das größte Interesse an der Entwicklung eines Gesetzes, um den Qualitätsstandard von Bourbon zu schützen.

Taylor war auch die treibende Kraft für die Definition Straight Bourbon – dem Brand durfte allenfalls Wasser zugesetzt werden, um die Fassstärke zu senken – und boxte mit seinem politischen Verbündeten John Griffin Carlisle den Bottled-in-Bond-Act als Gesetz durch. Carlisle war ein prominenter Politiker und Sprecher des US-Repräsentantenhauses, der auch für das US-Finanzministerium arbeitete.

Der Staat als Wächter

Das Regelwerk der Whiskey-Politiker war ein echtes Qualitätsmerkmal: Die Aufschrift Bottled in Bond auf dem Etikett einer Whiskeyflasche zeigte dem Kunden, dass die Flasche in Lagerhäusern unter Zollverschluss abgefüllt wurde. Damals wie heute galten für diese Spirituosen außergewöhnlich strenge Qualitätsregeln, die unsaubere Konkurrenz aus dem Markt drängten: Die Whiskeyfässer müssen mindestens vier Jahre in Zolllagern gereift und bei 50 Volumen-Prozent Alkohol abgefüllt werden.

Für die Reifung wurden ausgebrannte Eichenfässer vorgeschrieben. Der Grund: Früher wurden in den Fässern auch Salzheringe oder Essiggurken transportiert. Der Produktions- und Abfüllungsort muss auf dem Etikett von versiegelten Flaschen ausgewiesen werden. "Made in USA" war für den Whiskey Pflicht. Zudem durfte er von nur einem einzigen Master Distiller in einer Saison und in nur einer Brennerei hergestellt worden sein.

Die Destille musste ihre Steuern gemäß dem B.I.B.-Act erst nach dem Abfüllen der Flaschen zahlen. Somit konnte sie sich während des Brennens und der Reifezeit in Fässern die Steuern sparen – eine Subvention des Staates für die Destillen. >>

Heute erleben die Bottled-in-Bond-Abfüllungen eine Renaissance: Inzwischen produzieren wie zu Zeiten vor der Prohibition wieder mehr als 500 kleine Craft Distilleries, diese kleinen Manufakturen setzen auf das Besondere. B.I.B-Whiskies zeichnen sich durch kräftige Aromen und ehrliches Preis-Leistungsverhältnis aus.

Renaissance der Retro-Brände

Einige besonders gut sortierte Händler haben die flüssigen Schätze hierzulande schon entdeckt, darunter Weinquelle Lühmann, KaDeWe, Whisky & Cigars, Big Market, Finest Whisky, Tara oder Otto Scheubel. Die Flasche kostet meist knapp 50 Euro. Von meiner Rundreise aus Kentucky habe ich Ihnen die besten Drinks mitgebracht, Rat erhielt ich von Bernie Lubbers, einem ehemaligen Komödianten, der sich heute Whiskey-Professor nennt und einen eigenen Blog für die feinen Spirituosen betreibt. Er schwärmt: "B.I.B.-Whiskies sind wie Goldnuggets – wir müssen sie nur noch entdecken". Wir helfen Ihnen dabei: In unserer Fotoshow verrate ich Ihnen die leckersten Geheimtipps von kleinen, unabhängigen Abfüllern aber auch von großen Anbietern wie Beam oder Rittenhouse stammen.

Wir trauern um Helge Müller – unser Experte ist am Dienstag, den 27. Mai bei einem schweren Auto-Unfall auf der Autobahn zwischen Bremen und Hamburg verstorben. Das Mitgefühl der Redaktion gilt allen Angehörigen und Freunden. Helge Müller hatte sich gerade mit Elan in seine neue Aufgabe bei wanted.de gestürzt. Dies sei eben sein Job, er liebe es, sich mit Whiskey-Enthusiasten überall im Land zu treffen und zu plaudern, sagte er. Dieser optimistische und weltoffene Kollege hinterlässt eine große Lücke.

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