Mit ihren Recherchen stellte sie umstrittene Geschäfte der Söhne des türkischen Premierministers bloß. Dafür muss die Journalistin Pelin Ünker nun ins Gefängnis.
Eine türkische Journalistin ist nach Recherchen zu Briefkastenfirmen und Steueroasen in ihrer Heimat zu rund einem Jahr Haft verurteilt worden – weil sie damit einen hochrangigen Politiker beleidigt haben soll. Pelin Ünker habe mit ihrer Arbeit Parlamentschef Binali Yildirim und seine Söhne diffamiert, entschied ein Gericht in Istanbul laut Medienberichten. Yildirim war bis vor kurzem Ministerpräsident der Türkei.
Die ehemalige Wirtschaftsredakteurin bei der Tageszeitung "Cumhuriyet" hatte als Mitglied einer internationalen Gruppe von Journalisten an den sogenannten "Paradise Papers" recherchiert, in denen es um umstrittene Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen geht. Ünker war dabei Spuren zu türkischen Firmen mit Sitz in Malta gefolgt. Einige führten zu den Söhnen von Binali Yildirim.
Ünker soll 13 Monate und 15 Tage ins Gefängnis gehen und außerdem eine Geldstrafe von 8600 Türkischen Lira (etwa 1400 Euro) zahlen. Sie berichtete zuletzt für den Auslandssender Deutsche Welle (DW) aus der Türkei. Der DW-Sprecher Christoph Jumpelt nannte die Entwicklung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei "schon lange weit mehr als bedenklich". Mit jedem ungerechtfertigten Urteil gegen Journalisten schränke die türkische Regierung die Pressefreiheit weiter ein.
Ihr Anwalt Abbas Yalcin sagte, dass das Urteil noch nicht rechtskräftig sei und Ünker Berufung einlegen werde. Ein weiterer Anwalt, Tora Pekin, sagte, dass die Existenz der Firmen in Malta "Gegenstand öffentlicher Kritik sei und deshalb Nachrichtenwert" gehabt habe. Ünker habe das Recht gehabt, darüber zu berichten. "Diese Berichte können nicht Gegenstand einer Anschuldigung sein. Journalismus ist keine Straftat."
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Ünker selbst sagte vor Gericht laut einem Bericht in der "Cumhuriyet": "Ich habe meine Arbeit als Journalistin getan. Die Berichte-Reihe bezog sich auf öffentliche Personen und nicht nur Binali Yildirim war betroffen. Yildirim hatte ein Recht auf Gegendarstellung. Ich fordere meinen Freispruch."
Mithilfe der 2017 veröffentlichten "Paradise Papers", insgesamt 13,4 Millionen Dokumente, hatten internationale Medien Finanzgeschäfte von Politikern, Prominenten und Konzernen über Briefkastenfirmen offengelegt. Die Geschäfte sind nicht zwangsläufig illegal, können aber zur Steuervermeidung genutzt werden.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP