Schlesinger-Affäre Trotz massiver Kritik – RBB-Rundfunkrat wählt Intendantin

Der RBB-Rundfunkrat wählt eine Übergangsintendantin. Dass es wohl nur eine Kandidatin gibt, stößt im Sender und außerhalb auf massive Kritik.
In einer Sondersitzung am Mittwochnachmittag will der RBB-Rundfunkrat die Übergangsnachfolgerin der wegen diverser Vorwürfe zurückgetretenen Ex-Intendantin Patricia Schlesinger wählen. Zur Wahl stehen wird nur eine Kandidatin, die 49-jährige WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau. Trotz massiver Kritik von mehreren Seiten soll es nach Informationen von RBB24 bei diesem Termin bleiben.
Kritik gibt es vor allem daran, dass bei der geheimen Wahl in der um 16 Uhr beginnenden Sitzung nur eine Kandidatin zur Auswahl steht. In einer Erklärung, die t-online vorliegt, zeigt sich die Freienvertretung des RBB "irritiert über diese selbstgewählte Alternativlosigkeit". Man bezweifle, dass eine Wahl "ohne echte Auswahl" geeignet sei, das Vertrauen der Belegschaft in die Interimsintendantin zu fördern. Vernau benötigt eine Zweidrittelmehrheit, um die Wahl zu gewinnen.
- Bisher nur eine Kandidatin: RBB-Mitarbeiter bemängeln "alternativlose" Interims-Intendantenwahl
Kandidatin Vernau: "Statthalterin des WDR"
An der fachlichen Eignung von Vernau bestünden zwar keine Zweifel, heißt es in der Erklärung – dass sie vom WDR kommt, stößt bei den RBB-Mitarbeitern allerdings auf wenig Begeisterung. Das Agieren des WDR-Intendanten Tom Buhrow im Umgang mit der Krise sei bei der RBB-Belegschaft "mit großer Skepsis" wahrgenommen worden.
Buhrow hatte sich immer wieder zum RBB geäußert und in seiner Rolle als ARD-Chef der verbliebenen RBB-Geschäftsleitung das Vertrauen entzogen. In der Erklärung der Freienvertretung heißt es weiter: "Allein der Eindruck, mit Frau Vernau werde eine Statthalterin des WDR eingesetzt, wäre eine erhebliche Bürde." Es gebe Zweifel, ob Vernau ihre Rolle als Interimsintendantin im Interesse der RBB-Belegschaft ausüben werde.
Auch der Berliner Journalistenverband kritisierte die anstehende Wahl. "Ich weiß aus gut unterrichteter Quelle, dass mehr Namen vorgeschlagen wurden für dieses Interimsamt", sagte der Berliner DJV-Vorsitzende Steffen Grimberg RBB24. "Ich weiß nicht genau, was dagegen spricht, sich einige mehr anzugucken und dem Rundfunkrat dann entsprechend die Entscheidung zu überlassen."
Rundfunkratschef: "Die Messe ist gelesen"
Rundfunkratschef Dieter Pienkny sagte der Deutschen Presse-Agentur zu der Kritik, man halte am Verfahren und der Sitzung am Mittwoch fest. Am Sonntag habe es eine einvernehmliche Entscheidung der Findungskommission diesbezüglich gegeben. "Die Messe ist gelesen. Nachkarten ist überflüssig, da wir ein klares Votum haben", zitiert ihn RBB24.
Zur Findungskommission gehören Pienkny selbst, Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König, Personalratschefin Sabine Jauer – und Dagmar Bednarek, die Sprecherin der Freienvertretung.
In der Erklärung der Freien kritisiert allerdings auch Bednarek selbst das Verfahren. Die Kommission habe weitere geeignete Kandidatinnen und Kandidaten im Blick gehabt, die noch nicht gehört worden seien.
- Eigene Recherche
- rbb24.de: "RBB-Rundfunkrat will Interims-Intendanz wählen"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa