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Flughafen BER: Fotos zeigen massives Vogelsterben am Airport – der ignoriert das


Fotos zeigen Hunderte tote Tiere
Massives Vogelsterben am Hauptstadtflughafen BER

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

Aktualisiert am 23.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Eine tote Kohlmeise direkt neben einer Singdrossel: Umweltschützern zufolge sterben jedes Jahr Hunderte Vögel am BER.Vergrößern des Bildes
Eine tote Kohlmeise direkt neben einer Singdrossel: Umweltschützern zufolge sterben jedes Jahr Hunderte Vögel am BER. (Quelle: BUND)

Die Bilder sind erschütternd: Überall vor den Fensterfronten des BER liegen Federn und blutige Vogelkadaver verstreut. Umweltverbände schlagen Alarm.

Der Hauptstadtflughafen BER hat laut Umwelt- und Tierschutzverbänden aus Berlin und Brandenburg ein massives Problem mit toten Vögeln, will davon allerdings nichts wissen. Jedes Jahr sterben den Tierschützern zufolge Hunderte Tiere am Airport – und zwar nicht in den Turbinen von startenden und landenden Maschinen, sondern an den großen Glasfassaden des Flughafengebäudes.

Fotos dokumentieren das Sterben: Bilder, die der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sowie der Nabu veröffentlicht haben, zeigen verendete und verletzte Turmfalken, Kohlmeisen, Mehlschwalben. Auf einigen Aufnahmen liegen die Kadaver dicht an dicht. "Massenanprall von Singdrosseln am BER", ist darunter vermerkt.

Glas tötet häufiger als Flugzeugturbinen

Dass Vögel transparentes Glas nicht als Hindernis erkennen, ist ein nicht bloß auf den BER beschränktes Problem. Schätzungen der Bundesregierung zufolge sterben jedes Jahr mindestens 18 Millionen Vögel in Deutschland durch Glaskollisionen.

Zum Vergleich: Auf das Konto von Windrädern gehen laut Nabu jedes Jahr schätzungsweise rund 100.000 tote Vögel. Und das Luftfahrt-Bundesamt zählte zuletzt etwa 1.800 Vogelschlag-Meldungen jährlich – am BER gibt es Berichten zufolge jedes Jahr rund 70 Meldungen von Vögeln in Flugzeugtriebwerken.

In einem offenen Brief an den BER haben die Umweltverbände jetzt auf das Problem aufmerksam gemacht. Ihrer Ansicht nach sperrt sich der Airport aus Kostengründen gegen wirksame Vogelschutzmaßnahmen und spielt die wahre Dimension herunter.

Expertin widerspricht offiziellen Flughafenzahlen

BER-Sprecherin Sabine Deckwerth beteuert hingegen, der Flughafen werde regelmäßig auf Vogelanprall kontrolliert. In diesem Jahr seien bisher bloß 40 tote Vögel entdeckt worden.

Aber kann das sein? Claudia Wegworth, Vogelschutz-Expertin des BUND Berlin, geht von einer weit höheren Zahl aus. "Die vielen Fotos, die wir von Flughafenmitarbeitern, Airline-Angestellten und Reisenden geschickt bekommen, sprechen eine andere Sprache", sagt sie. Sie selbst fahre mehrmals im Jahr zum BER und zähle. Vor drei Wochen erst habe sie wieder Aufprallspuren begutachtet.

Die Scheiben seien übersät gewesen mit geisterhaften Vogelabdrücken, berichtet sie. "Bei 30 habe ich aufgehört zu zählen, und das war an nur einem Seitenflügel des Flughafens. Da sterben jeden Tag Vögel. Zwischendurch werden die Fenster geputzt, und dann geht es wieder von vorne los."

In einer einzigen Nacht starben 250 Singdrosseln und Rotkehlchen

Viele der verletzten Tiere flögen noch ein Stück weiter und verendeten dann unter anderem qualvoll in den Lichtschächten zwischen den Terminalgebäuden, heißt es in dem offenen Brief der Umweltverbände. Das nachgewiesene Artenspektrum reiche von Eisvogel, Waldschnepfe, Haubenlerche, Dohle und Blaumeise bis hin zum Waldkauz.

Bekannt sei das Problem seit 2012, als der Flughafen noch im Bau war. Damals seien in einer einzigen Nacht 250 Singdrosseln und Rotkehlchen zu Tode gekommen. Angelockt vom hellen Licht, flogen sie laut Vogelschutz-Expertin Wegworth in Schwärmen gegen die großen Glasscheiben.

Zur Vogelzugzeit komme es immer wieder zu solchen Massenkollisionen. "Trotzdem wurden in der 14 Jahre währenden Bauzeit des BER keine Maßnahmen ergriffen, Abhilfe zu schaffen", klagen die Umweltverbände.

Gleißendes Licht – und 20.000 Quadratmeter Glas

Einige der Maßnahmen, die sie nun fordern, würden den Airport viel Geld kosten. Die mehr als 20.000 Quadratmeter Glas, die allein am Hauptgebäude des Terminals 1 verbaut wurden, müssten mit feinen Strukturen oder Mustern versehen werden, sagt Wegworth. "Einfach nur Silhouetten von Greifvögeln dranzukleben reicht nicht, da fliegen die Vögel links oder rechts nebenher und landen trotzdem am Glas."

Aber nicht alles ist teuer. Manches könnte dem Flughafen sogar Geld sparen. Was spreche denn dagegen, nachts das Licht zu dimmen, fragt Wegworth. Dann, wenn Ruhe ist am Airport und keine Flüge gehen.

Schon diese Maßnahme könne viel bringen, sagt sie. In den Bereichen der hell erleuchteten Werbebildschirme würden die meisten Vögel sterben. Und das, obwohl nachts doch sowieso keiner die Bildschirme beachte.

Umweltschützer suchen das Gespräch, der BER wiegelt ab

Die Umweltschutzverbände suchen deshalb den Dialog mit Aufsichtsrat und Geschäftsführung, würden gerne beraten. "Sehr gerne stehen wir für Rückfragen und ein Gespräch bereit", heißt es in ihrem Schreiben. "Das haben wir schon oft angeboten", sagt Expertin Wegworth. Doch bisher sei man immer abgeprallt – wie ein Vogel an der gläsernen Flughafenfassade.

Auch dieses Mal scheinen die Umweltschützer schlechte Karten zu haben. "Wir sind zu diesem Thema weiterhin in fachlicher Abstimmung mit den für den BER zuständigen Behörden", teilt BER-Sprecherin Deckwerth mit. Wie sie auf Nachfrage erklärt, meint sie damit ausdrücklich und ausschließlich die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Dahme Spreewald, die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz sowie das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz in Brandenburg.

Die Nachfrage, ob sich der Airport auch einen Austausch mit den Natur- und Tierschützern vorstellen könne, möchte Deckwerth nicht beantworten. Umweltschützerin Wegworth ist enttäuscht: "Der Flughafen tut herzlich wenig. Und wenn, dann nur kleckerweise." Der Airport nehme ja nicht einmal das Problem wirklich wahr, sagt sie.

Verwendete Quellen
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