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Klimaaktivistin verurteilt: "Sie haben Autofahrer als Geiseln genommen"


Klimaaktivistin verurteilt
Richter: "Sie haben die Autofahrer als Geiseln genommen"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 10.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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"Olaf Scholz versteht die Fakten einfach nicht", sagt Carla Hinrichs.Vergrößern des Bildes
Carla Hinrichs: Sie wurde am Donnerstag verurteilt. (Quelle: Stefan Müller)

Der Hammer ist gefallen: Die bekannte Klimaaktivistin Carla Hinrichs ist verurteilt worden. Der Richter fiel erneut mit heftigen Aussagen auf.

Die bekannte Klimaaktivistin der "Letzten Generation" Carla Hinrichs ist am Donnerstagmittag verurteilt worden. Der Richter Christoph Weyreuther verurteilte sie für Nötigung. Hinrichs hatte sich am 10. Februar 2022 an einer Straßenblockade auf dem Spandauer Damm in Berlin beteiligt, wurde von Polizisten von der Fahrbahn getragen.

Das Urteil: 20 Tagessätze zu je 30 Euro, insgesamt also 600 Euro. Zusätzlich muss die Aktivistin die Kosten des Verfahrens tragen. Die Höchststrafe für Nötigung liegt bei drei Jahren Haft. Bei dem Prozess im Amtsgericht Tiergarten gab es einen regelrechten Medienrummel, zahlreiche Pressevertreter waren vor Ort, mehrere Kamerateams warteten vor der Tür des Verhandlungsaales 3007, in den extra weitere Stühle für Prozesszuschauer gestellt worden waren.

Klima-Protest in Berlin: "Die Autofahrer sind die Täter"

Hinrichs und ihr Verteidiger, ihr ehemaliger Juraprofessor Gerd Winter, hatten einen Freispruch gefordert, obwohl die Aktivistin die Tat bereits am ersten Prozesstag gestanden hatte. Rund eine Dreiviertelstunde dauerte das ausführliche Plädoyer des Verteidigers. Die Begründung für die Forderung eines Freispruches war, dass die drohende Gefahr einer Klimakatastrophe die Protestform der Straßenblockade rechtfertige.

Außerdem habe sich Hinrichs lediglich neun Minuten nach Auflösung der Versammlung durch die Polizei auf der Straße befunden, bevor sie von Beamten weggetragen wurde. "Was sind schon neun Minuten Warten für Autofahrer gegen ein Leben in der Klimakrise", so der Verteidiger Gerd Winter vor Urteilsverkündung zum Richter. "Sie sollten ihr Respekt zollen, statt sie zu verurteilen." Zudem sagte er, dass Hinrichs nicht die eigentliche Täterin sei. "Die Autofahrer sind die Täter. Durch die von ihnen produzierten Emissionen sind sie ein wesentlicher Teil der Klimaproblematik." Die Aktivistin hatte in ihrer Stellungnahme vom Richter gefordert, sie freizusprechen, eine "mutige Entscheidung zu treffen".

Darauf nahm der Richter jedoch keine Rücksicht, er sah den Tatbestand der Nötigung für erfüllt an. Dies sei zu erwarten gewesen, so der Anwalt von Hinrichs. "Er war von vorneherein festgelegt." Einem Befangenheitsantrag vom ersten Prozesstag hatte das Gericht nicht stattgegeben, der Richter durfte das Verfahren weiterführen.

In der Begründung des Urteils fand Richter Weyreuther erneut heftige Worte. "Sie haben die Autofahrer als Geiseln genommen. Was sie getan haben, ist nahe dran an einer Freiheitsberaubung. Sie wollen die Regierung zum Handeln erpressen." Außerdem wiederholte er seine umstrittene Äußerung vom ersten Prozesstag, die Menschheit sei zu dumm, um die drohende Katastrophe abzuwenden. Dies hatte am vorhergegangenen Verhandlungstag zu einem Wortgefecht zwischen Hinrichs und Weyreuther geführt, die Aktivistin war daraufhin in Tränen ausgebrochen.

Nach der Urteilsverkündung kam es noch zu einem hitzigen Schlagabtausch zwischen Richter und Verteidiger. Weyreuther wünschte der Aktivistin gute Besserung für eine Schulterverletzung, aufgrund derer sie am ersten Prozesstag mit einer Schlinge in den Gerichtssaal gekommen war. Daraufhin erwiderte Winter: "Ich bitte Sie, solche persönlichen Aussagen zu meiner Mandantin zu unterlassen. Das wirkt unglaubwürdig." Hinrichs und Weyreuther waren im Laufe des Prozesses mehrmals aneinandergeraten. Der Richter erwiderte daraufhin erbost: "Ich habe nicht mit Ihnen gesprochen. Das ist dreist." Hinrichs hingegen bedankte sich kühl für die Genesungswünsche des Richters.

Aktivistin Carla Hinrichs: "Mein Protest wird weitergehen"

Trotz des Urteilsspruches wird die Angelegenheit wohl noch nicht vom Tisch sein. Hinrichs kündigte an, vermutlich in Berufung zu gehen. Dafür hat sie eine Woche Zeit. Ihr Anwalt kündigte im Gespräch mit t-online an, ihr zu diesem Schritt zu raten und im schlimmsten Falle bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Im Anschluss an das Verfahren gab Hinrichs kämpferisch bekannt: "Mein Protest wird weitergehen. Alle Möglichkeiten sind ausgeschöpft, jetzt braucht es Widerstand. Es gibt wenig, was uns davon abhalten könnte." Auch weitere Anklagen und Verurteilungen schloss die Aktivistin nicht aus. Ebenfalls eine Haftstrafe nehme sie in Kauf, bereite sich sogar schon darauf vor. "Auch wenn ich davor große Angst habe."

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Gespräch mit Gerd Winter und Carla Hinrichs
  • Eigene Recherchen
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