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Flughafen BER: Streit unter Taxifahrern eskaliert – Angst vor Messern


Fahrer gehen aufeinander los
Taxi-"Kannibalisierung" am Hauptstadtflughafen BER


Aktualisiert am 15.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein Taxi steht vor dem Terminal 5 des Hauptstadtflughafens BER (Archivbild): Immer wieder werden die Streitigkeiten zwischen Taxifahrern auch handgreiflich.Vergrößern des Bildes
Ein Taxi steht vor dem Terminal 5 des Hauptstadtflughafens BER (Archivbild): Immer wieder werden die Streitigkeiten zwischen Taxifahrern auch handgreiflich. (Quelle: A. Friedrichs/imago-images-bilder)

Eine Panne jagt die nächste: Der Skandalflughafen BER kommt nicht aus den Schlagzeilen. Auch an den Taxiständen gibt es Zoff – bis hin zu Prügeleien.

Obwohl der BER der Hauptstadtflughafen ist, liegt er in Brandenburg – genauer im Landkreis Dahme-Spreewald. Deshalb haben die über 6.000 Berliner Taxis eigentlich auch kein Recht darauf, Passagiere am BER zu laden.

"Grundsätzlich gilt, dass der Landkreis Dahme-Spreewald die volle Regelungskompetenz hat, weil der Flughafen in Brandenburg liegt", erklärt Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. "Berlin hat mit dem Landkreis bereits zum BER-Start eine Regelung getroffen. Wichtigster Punkt: 300 Taxis aus Berlin erhalten eine Lizenz, am BER Fahrgäste aufzunehmen; umgekehrt dürfen 300 Taxis aus Dahme-Spreewald in Berlin Fahrgäste aufnehmen", so Thomsen.

"Der Flughafen heißt Berlin-Brandenburg, nicht Flughafen Brandenburg"

"Das reicht aber nicht", sagt Hayrettin Simsek. "Auf keinen Fall." Der 45-Jährige "mit der Energie eines 20-Jährigen", wie er sagt, fährt seit über 21 Jahren Taxi. Inzwischen ist er der zweite Vorsitzende der Taxi-Innung Berlin. "In Tegel gab es 3.000 Taxis, aber selbst da gab es Wartezeiten für die Fahrgäste. Und dann soll das hier am BER, mit diesem Passagieraufkommen, mit nur wenigen Hundert Taxis klappen?"

Die Berliner Taxis würden gezielt vom Hauptstadtflughafen fern gehalten, zugunsten der Kollegen aus dem Landkreis Dahme-Spreewald. "In was für einer Welt leben wir eigentlich?", wettert Simsek. "Der Flughafen heißt Berlin-Brandenburg, nicht Flughafen Brandenburg. Und Namensgeber Willy Brandt war auch kein Ossi", sagt er mit einem Augenzwinkern. Die Brandenburger müssten sich der Realität anpassen. "Und nicht nur die eigenen Fahrer hofieren."

Sein Hauptproblem: Der Streit um die Taxis am BER werde auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen. "Die müssen dann schließlich zum Teil Stunden auf ein Taxi warten." Verschärfend komme hinzu, dass der Landkreis Dahme-Spreewald gar keine 300 Taxis aufbringen könne, so Simsek. Lediglich 130 Wägen kämen regelmäßig aus Brandenburg an den BER, aus Berlin seien es 281.

"Bald könnten Fahrer mit Messern aufeinander losgehen"

Aber auch für die Fahrer sei die Situation schlecht. Da die aktuelle Regelung nicht ausreicht, gebe es einige Fahrer die sich nicht daran hielten, so der 45-Jährige. "Manche Fahrer ohne Ladeerlaubnis stellen ihren Wagen auf den Parkplatz und gehen zum Ausgang des Flughafens, um da den ladeberechtigten Fahrern die Gäste vor der Nase wegzuschnappen", beschreibt Simsek die Situation. "Das ist illegal, die Fahrer sind Klauer."

Das führe zu Streitereien und Auseinandersetzungen zwischen den Taxifahrern. "Beide Seiten sind dann schnell aggressiv. Es kommt zu Beleidigungen und auch Attacken – und das immer öfter. Das ist fast wie eine Kannibalisierung hier in Berlin."

Er hofft, dass die Situation so schnell wie möglich geregelt wird. "Sonst kann es eskalieren. Ich mache mir Sorgen, dass bald Fahrer mit Messern oder Baseballschlägern aufeinander losgehen." Aber auch so sei es schon schlimm genug. "Da kommen Touristen am BER an, und das erste, was sie sehen, sind prügelnde Taxifahrer. Das ist dann deren erster Eindruck der Stadt."

"Die Bedienung des Flughafens könnte besser sein"

Um die Situation zu entschärfen, gibt es mehrere Lösungsansätze. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hätte gerne Ladeerlaubnisse für 500 Berliner Taxis. Darüber wird aktuell verhandelt, so Senatssprecher Thomsen. Dennoch: "Ein rechtlich wirksamer Anspruch Berliner Taxis auf Fahrgastaufnahme am BER besteht aber nicht und ist auch nicht einseitig durchzusetzen. Kommt kein Vertrag zwischen Berlin und dem Landkreis Dahme-Spreewald zustande, gilt der Normalfall, dass nur LDS-Taxen (Anm. d. Red.: Taxen auf dem Landkreis Dahme-Spree) am Flughafen BER Fahrgäste aufnehmen dürfen."

"Die Bedienung des Flughafens könnte besser sein", gibt Katrin Veh, Pressesprecherin des Landkreises Dahme-Spreewald, schriftlich zu. Aber: "Die Auskömmlichkeit der Taxis aus dem Landkreis Dahme-Spreewald stand immer im Vordergrund." Die Taxis aus dem Landkreis hätten als einzige Einnahmequelle die Fahrgäste des Flughafens Berlin-Brandenburg, so Veh.

Aber auch 500 Berliner Taxis würden Simsek noch lange nicht ausreichen. "Damit alles reibungslos funktioniert, müssten alle Berliner Taxis am Flughafen auf Gäste warten dürfen", fordert er. Denkbar wäre für ihn auch eine Taxi-Leitzentrale direkt am BER. "Die Mitarbeiter könnten dann die Gäste vom Ausgang direkt zu dem nächsten Taxi führen, ihnen schon mal die Koffer abnehmen. Das ist erstens ein super Service und zweitens behindert man damit die Klauer massiv."

Momentan werde auch an der Möglichkeit von Festpreisen gearbeitet, so Simsek. "Dann würde jede Fahrt zu gewissen Hotspots, also zum Alex oder zur Messe, immer das gleiche kosten. Das wäre dann eine Sicherheit für die Gäste und die Fahrer – und würde den ganzen Prozess fairer gestalten."

Viele Leerfahrten: "Mit Anzeige gedroht"

Ein Grundproblem mit den Ladeerlaubnissen bliebe dann aber weiterhin bestehen. Taxis ohne die Erlaubnis können zwar keine Gäste aufnehmen, bringen aber trotzdem regelmäßig Gäste zum BER. Die Fahrer müssen dann leer zurück fahren – so kommt es zu vielen Leerkilometern, die die Umwelt schädigen.

Die Taxi-Times, ein brancheninternes Magazin, spricht von 449 Leerfahrten – jeden Tag. Auch Simsek kann davon ein Lied singen. "Ich bringe regelmäßig Personen zum BER. Wenn ich dann wegfahre, kommen oft Leute auf mich zu gerannt, voll bepackt mit Koffern, die unbedingt ein Taxi brauchen. Die stehen dann völlig verschwitzt vor mir und ich muss ihnen dann erklären, dass ich sie nicht mitnehmen darf. Das verstehen viele nicht, mir wurde sogar schon mit einer Anzeige deswegen gedroht."

Dabei geht es der Branche ohnehin alles andere als rosig. Fahrer von Mietwagenfirmen wie etwa Uber drängen ins Geschäft. Dazu kommt die lange Corona-Krise und die steigenden Spritkosten. Während die Zahl der Taxis in Berlin sinkt, steigt die der Mietwagenanbieter seit Jahren rapide an. "Das Geschäft lohnt sich jetzt schon fast nicht mehr", so Simsek. "Die Situation am BER macht das nur noch schlimmer."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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