Berlin Schwarz: Abstimmung von Bund und Ländern zu Öl-Embargo

Vor dem Hintergrund der Debatte um ein Öl-Embargo gegen Russland hat Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos) eine enge Abstimmung zwischen dem Bund und den ostdeutschen Ländern gefordert. "Zweitens wissen wir, dass weiterer Druck auf die Energiepreise manche Unternehmen und Branchen unverschuldet in die Knie zwingen wird", sagte Schwarz der Deutschen Presse-Agentur. Auch hier sei entschlossenes Handeln des Bundes gefragt. "Überbrückungshilfen haben sich in der Corona-Krise bewährt, und wir sollten sie auch jetzt einsatzbereit machen", forderte der Senator. Berlin werde seine bewährten Instrumente ebenfalls einsetzen.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte am Dienstag nach einer Sitzung des Senats, gerade in den ostdeutschen Bundesländern und Berlin habe die Frage des Öl-Embargos noch einmal eine besondere Bedeutung. "Die Frage, wie weit die ostdeutschen Bundesländer durch andere Ölreserven unterstützt werden könnten, ist essenziell", so Giffey. "Und wir werden dieses Thema deshalb auch über die Runde der Chefs der Staatskanzleien und der Wirtschaftsminister gezielt aus ostdeutscher und Berliner Perspektive einbringen."
Verkehrs- und Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) sagte, das Thema Öl-Embargo zeige, wie wichtig es sei, vom Öl und vom Import fossiler Energien wegzukommen, auch mit Blick auf langfristige Versorgungssicherheit. Für Berlin sei das ein Antrieb, die Anstrengungen auf diesem Gebiet zu verdoppeln.
Wirtschaftssenator Schwarz sagte, die Bundesländer hätten nur eingeschränkte gesetzliche Kompetenzen für die Steuerung von Öl- und Gaslieferungen. Berlin arbeite aber eng mit dem Bund, anderen Bundesländern, Versorgern und Netzbetreibern zusammen, um immer weniger russisches Gas und Öl zu beziehen und Maßnahmen zu ergreifen, die die Auswirkungen steigender Energiepreise sowie ein mögliches Ende der Lieferungen aus Russland abmilderten.
"Dass es Deutschland in den zurückliegenden Wochen in so kurzer Zeit gelungen ist, die Abhängigkeit von russischen Öllieferungen auf 12 Prozent zurückzufahren, ist ein großer Erfolg", sagte der Wirtschaftssenator. "Wir dürfen aber keine Illusionen haben: Auch bei einer geringeren Abhängigkeit wird ein Ölembargo die Energiekosten weiter treiben, unsere Wirtschaft belasten und vor allem die ostdeutschen Bundesländer vor größere Herausforderungen stellen." Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt hänge politisch und technisch weiter zu 100 Prozent am russischen Öl, und an den Produkten aus Schwedt wiederum ein großer Teil Ostdeutschlands.
"Die von Bundesminister Habeck verfolgte Belieferung der Raffinerie über die Häfen Rostock und Gdansk ist wichtiger Teil einer Lösung", sagte Schwarz. "Eine weitere Frage ist, wie schnell eine Raffinerie, die aktuell ausschließlich auf russisches Rohöl eingestellt ist, für die Verarbeitung anderer Öltypen angepasst werden kann. Ich bezweifle nicht, dass Deutschland genug Know-how und hervorragende Ingenieure hat, um diese Aufgabe zu lösen." Aber wie schnell und welche Kapazitäten die Raffinerie dann liefern könne, sei keine triviale Frage.
"Auch beim Gas müssen wir auf alle Eventualitäten vorbereitet sein", forderte Schwarz. Deshalb sei schnell eine enge Abstimmung zwischen dem Bund und den ostdeutschen Ländern nötig und ein gemeinsames Verständnis davon, wie die Öl- aber auch Gasversorgung für Ostdeutschland gesichert werde. Das gelte auch für die Frage, welche Szenarien und Entscheidungskriterien die Bundesnetzagentur für den Fall ausbleibender Gaslieferungen entwickelt habe. "Ich verstehe, dass das eine unglaublich komplexe Aufgabe und ein ziemlicher Drahtseilakt ist", sagte Schwarz. "Aber das darf den Bundesländern im Fall der Fälle nicht erst kurzfristig eröffnet werden."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte eingeräumt, dass ein Öl-Embargo für Berlin und Brandenburg erhebliche Folgen haben könnte. "Wir treffen Vorsorge, dass wir für den Fall eines Ausfalls von russischem Öl Wege finden, diesen Großraum Berlin und Brandenburg zu versorgen, auch über die Raffinerie Schwedt, aber für die Gegenwart stimmt das", sagte Habeck am Montagabend in den ARD-"Tagesthemen".