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Bremen: Diese Bars boykottieren die WM in Katar


Katar-Boykott in Kultbars
"Wer sich diese WM ansieht, setzt ein Zeichen der Gleichgültigkeit"

Von Steffen Koller

27.09.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ein Sticker mit der Aufschrift "Boykott Qatar 2022" (Symbolfoto): Zwei Bremer Bars verzichten ganz bewusst auf die Ausstrahlung der WM-Spiele.Vergrößern des Bildes
Ein Sticker mit der Aufschrift "Boykott Qatar 2022" (Symbolfoto): Zwei Bremer Bars verzichten ganz bewusst auf die Ausstrahlung der WM-Spiele. (Quelle: IMAGO/Müller-Stauffenberg)

Noch knapp zwei Monate, dann beginnt die mehr als umstrittene Fußball-WM in Katar. Für einige Bremer Bars steht fest: Bei ihnen bleiben die Fernseher aus.

Uli Hoeneß ist ein glühender Fan, und Kritiker werden vom einstigen Boss des FC Bayern gerne als "Scheinheilige" betitelt, wenn sie schlecht über den Gastgeber der diesjährigen Fußball-WM sprechen. Seit Katar als Austragungsort feststeht, hagelt es massive Kritik. Medienberichten zufolge starben allein beim Bau der WM-Stadien rund 6.500 Gastarbeiter.

Von einem Boykott möchte Hoeneß nichts wissen, es mache die Sache vor Ort nur schlimmer, argumentiert er. Wer den internationalen Sport in den Wüstenstaat bringe, könne so auch die Menschenrechte vor Ort verbessern, meint Hoeneß. Der 70-Jährige mag Unterstützer seiner Thesen haben – in diesen Bremer Bars findet er sie aber definitiv nicht.

Sowohl die Kultkneipe "Eisen" als auch die "Kono Bar" werden kein einziges Spiel der WM in Katar ausstrahlen. Das teilten die Betreiber auf Anfrage von t-online mit. Zu viel Schlechtes sei in den vergangenen Jahren passiert, zu "absurd" die Vergabe, zu sehr würden "persönliche Schmerzgrenzen überschritten".

"Zwischenmenschliche Werte sind unverhandelbar"

Für Fernando Guerrero, Mit-Geschäftsführer der Kneipe "Eisen", stand dieser Schritt bereits vor zwölf Jahren fest. Damals, im Dezember 2010, gab die Fifa endgültig bekannt: Katar wird Ausrichter der Fußball-WM 2022. Guerreros Gründe sind vielfältig, wie er t-online sagt: "Wer sich eine unter den bekannten Umständen an diesem Ort stattfindende WM fröhlich im Fernsehen anschaut, tut das nicht im luftleeren Raum, sondern setzt damit ein bitteres Statement der Gleichgültigkeit." Fußball sei, "wie alles gesellschaftliche Handeln, immer politisch. Und somit auch die Art, wie wir mit ihm umgehen."

Der Wirt verstehe seine Bar als sozialen Raum, "in dem wir durch unser Handeln unsere Haltung zu gesellschaftlichen Fragen vermitteln und unsere Gäste zur Auseinandersetzung damit ermuntern möchten." Zwischenmenschliche Werte wie das Eintreten gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie seien "dabei unverhandelbar".

Grundsätzlich habe Guerrero "mit den immer entfesselter auftretenden Zumutungen des modernen Fußballgeschäftes große Probleme", die Vergabe der WM an Katar "sowie die Begleitumstände dieser Entscheidung hatten unsere persönliche Schmerzgrenze reell überschritten", sagt er t-online.

Guerrero erwartet keine Umsatzeinbußen – im Gegenteil

Generell solle jeder Wirt und jede Wirtin selbst entscheiden, wie er oder sie mit der Fußball-WM umgehe. "Jeder muss seinen persönlichen Zugang zu dem Thema selbst finden und gegebenenfalls vor sich selber und seinen Gästen rechtfertigen", sagt er.

Umsatzeinbußen befürchte Guerrero nicht – im Gegenteil: Zum einen wären seiner Meinung nach eh kaum Zuschauer zu "dieser WM" gekommen, zum anderen "würden uns unsere Gäste (zu Recht) kritisieren, wenn wir entgegen unserer Überzeugungen die Spiele zeigen würden". Zudem würde Bremens Gastronomie unter anderen Problemen leiden, allen voran Corona-Pandemie und Inflation.

Die Nachricht, dass das "Eisen" kein einziges Spiel zeigen werde, sei von seinen Kunden "ausschließlich mit Verständnis und Wohlwollen" aufgenommen worden. Für die Zeit der WM (20.11. bis 18.12.2022) biete die Kneipe ein kulturelles Ersatzprogramm.

"Kono Bar" setzt während der WM auf Alternativprogramm

Ähnlich verfährt auch die "Kono Bar". Auch sie wird während der Weltmeisterschaft ein Alternativprogramm anbieten und dafür nach Möglichkeit den SV Werder Bremen mit ins Boot holen. Und auch diese Bar wird kein einziges Spiel aus Katar live übertragen.

Der Entschluss habe bereits im vergangenen Jahr festgestanden, sagte Wirt Matija Uremovic zu t-online. Ebenfalls 2021 schloss sich die Bar der Initiative "#BoycottKatar2022" an, auch das "Eisen" folgte dem Aufruf der Internetseite. Das Anliegen der Initiative, so viele Vereine, Organisationen und Privatpersonen zu einem Boykott zu vereinen, habe Uremovic von Beginn an für "unterstützenswert" gehalten.

Auch seine Kundschaft habe den Entschluss "meist positiv aufgenommen" und viele stünden "komplett dahinter". Uremovic würde sich über einen Komplettboykott der gesamten Bremer Gastro zwar freuen, weiß jedoch auch, dass das unrealistisch ist. Wer als Kneipenwirt Spiele zeigen wolle, solle das tun. Richten wolle er darüber nicht.

Verwendete Quellen
  • Schriftliche Anfrage Eisen
  • Schriftliche Anfrage KONO Bar
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