Strom für den Nordwesten Mega-Projekt startet – Nordseeinsel wird "durchbohrt"

Auf Norderney startet ein Projekt, das künftig Millionen von Menschen mit Strom versorgen soll. Für Urlauber kommt das Vorhaben zur Unzeit.
Auf der Nordseeinsel Norderney haben die Bauarbeiten für zwei wichtige Stromleitungen begonnen. Mit einem symbolischen Spatenstich gaben Niedersachsens Energieminister Christian Meyer (Grüne), Inselbürgermeister Frank Ulrichs und Vertreter des Netzbetreibers Amprion am Freitag den Startschuss für die sogenannten Netzanbindungssysteme BalWin1 und BalWin2.
Über diese Kabel soll ab 2030 beziehungsweise 2031 Windstrom von See ins Landesinnere transportiert werden – genug, um laut Amprion rund vier Millionen Menschen zu versorgen.
Trasse verläuft durchs Wattenmeer – Kritik
Die Leitungen führen von Konverterstationen auf See zunächst unter den ostfriesischen Inseln hindurch – ehe sie auf dem Festland in die großen Übertragungsnetze eingespeist werden. Ein Großteil der Trasse verläuft durch die Nordsee vor Niedersachsen und damit auch durch den Nationalpark Wattenmeer. Daran gibt es Kritik: Mehrere Umweltschutzverbände warnen, die Kabelkorridore könnten den Lebensraum Wattenmeer beeinträchtigen und weitreichende Folgen für die Natur haben. Sie fordern daher ein Umdenken bei der Planung zukünftiger Projekte.
Die Systeme BalWin1 und BalWin2 zählen nach Angaben von Amprion zu einer neuen Generation: Statt zwei Kabeln werden pro System drei verlegt. Dadurch steigt die Übertragungskapazität auf jeweils bis zu 2.000 Megawatt. Energieminister Meyer sieht darin einen Fortschritt: "Dank neuer Techniken können wir noch effektiver werden und den knappen Raum besser nutzen." Die Gesamtzahl der in Zukunft noch benötigten Offshore-Netzanbindungen sinke damit.
Die Unterquerung der Insel erfolgt in zwei Phasen. Bis Ende September werden zunächst sechs Bohrungen von der Inselmitte rund 1.100 Meter weit in Richtung Watt südlich von Norderney getrieben – eine Bohrung pro Kabel. Im Jahr 2026 folgen weitere Arbeiten vom Zentrum der Insel bis zum nördlichen Strand. Parallel baut Amprion in diesem Sommer vor Norderney auch an einem weiteren großen System: DolWin4. Für dieses Projekt hatten die Arbeiten bereits 2022 begonnen.
Projekt soll Windkraftziele Deutschlands vorantreiben
Deutschland hat seine Ziele für Windkraft auf See zuletzt deutlich angehoben. Statt ursprünglich 20 Gigawatt bis 2030 sollen es nun mindestens 30 Gigawatt werden. Für das Jahr 2045 peilt die Bundesregierung sogar 70 Gigawatt an. Derzeit sind bereits mehr als neun Gigawatt installierte Leistung am Netz.
Energieminister Meyer bezeichnete die Projekte BalWin1 und BalWin2 daher als "wichtige Bausteine der Energiewende". Sie würden vier von insgesamt geplanten 70 Gigawatt Offshore-Leistung anbinden und seien damit ein zentraler Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität.
- Nachrichtenagentur dpa
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