"Es werden immer mehr": Heim richtet emotionalen Appell an Tierbesitzer

In fast jedem zweiten Haushalt in Deutschland lebt ein Haustier, fast elf Millionen Hunde gibt es. Doch nur die Wenigstens wissen, mit den Vierbeinern auch umzugehen.
Es ist offenbar immer wieder die gleiche Leier, das gleiche Muster β und scheinbar lernen nur die Wenigsten etwas dazu: In regelmΓ€Γigen AbstΓ€nden wird das Tierheim Bergedorf in Ganderkesee bei Delmenhorst von verzweifelten Tierbesitzern heimgesucht. Sie rufen an, kommen persΓΆnlich vorbei und schildern ihre Probleme. "Wir brauchen dringend Hilfe", heiΓt es dann und die Einrichtung habe zu reagieren. Doch so funktioniere das Prinzip nicht. Ganz und gar nicht, meint das Tierheim und geht mit einem Post auf Instagram an die Γffentlichkeit.
Der Appell richte sich dabei an Hundebesitzer, dessen Tiere "ganz plΓΆtzlich" beiΓen, an Katzenhalter, dessen Tiere "plΓΆtzlich oder eben nicht plΓΆtzlich die Wohnung markieren", aber auch an Vogelbesitzer, die auf dem Tier "sitzen bleiben, weil TΓΆchterchen nun auszieht". FΓΌr all diese Probleme habe das Tierheim durchaus VerstΓ€ndnis, machen die Verantwortlichen deutlich. Gleichzeitig nehmen sie Besitzer auch in die Pflicht, sich um das Tier zu kΓΌmmern, was man sich selber angeschafft habe. Offensichtlich passiert das nur noch in den wenigsten FΓ€llen.
TΓ€gliche mehrere Anrufe im Tierheim
Auch deshalb erreichten das Tierheim tΓ€glich Anrufe von Tierbesitzern, allein in der vergangenen Woche seien es zehn Telefonate gewesen, in denen der Einrichtung von einem Notfall berichtet worden sei. In allen FΓ€llen seien "Menschen aktiv gefΓ€hrdet" gewesen, beispielsweise, weil ein Hund gebissen hΓ€tten. Nicht dieser Umstand an sich, sondern dass sich die Anrufe hΓ€uften, bereite dem Heim groΓe Sorgen. "Es werden immer mehr", heiΓt es im Post.
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Viele Menschen glaubten, ein Hund mΓΌsse toll finden, was ihre Besitzer toll finden. Er mΓΌsse emotionale ZusammenhΓ€nge verstehen, doch "das tun sie nicht immer". HΓ€ufig stelle sich das Tierheim die Frage, welche Vorstellungen Besitzer haben, bevor sie sich ein Tier anschaffen. HΓ€ufig sei es dann schon zu spΓ€t.
Verzweiflungstaten nehmen zu
Hunde bissen zu und die Familie lebten dann in Angst. Das komme immer wieder vor, die Einrichtung habe aber keine KapazitΓ€ten, um alle ProblemfΓ€lle aufzunehmen. "Und was dann?", fragt das Tierheim. Immer wieder komme es zu Verzweiflungstaten und Tiere wΓΌrden ausgesetzt. Auch sei Angestellten bereits gedroht worden: Ein Mann hatte vor kurzem angekΓΌndigt, den Familienhund mit einer Axt zu erschlagen, wΓΌrde das Tierheim nicht bereit sein, den Vierbeiner aufzunehmen. Mehr zum Fall lesen Sie hier.
Was mit Tieren passiert, die aggressiv werden, aber weder umerzogen noch in professionelle HΓ€nde kommen, wollen sich die Verantwortlichen gar nicht ausmalen. "Wie hoch ist die Dunkelziffer der EinschlΓ€ferungen aufgrund von Γberforderung wirklich?", fragen die Mitarbeiter. Offizielle Zahlen gehen davon aus, dass in Deutschland jΓ€hrlich etwa 8.000 von 65.000 Tierheimtieren eingeschlΓ€fert werden. Die Dunkelziffer dΓΌrfte um ein Vielfaches hΓΆher sein. Zahlen dazu liegen jedoch nicht vor.
Passt ein Tier in meinen Alltag?
Um solche Praktiken zu verhindern, appelliert das Tierheim Bergedorf eindringlich, vor der Anschaffung eines Tieres sich Gedanken zu machen. Gedanken darΓΌber, ob ein Tier in den Lebensalltag passe, ob ausreichend Platz vorhanden sei und die MΓΆglichkeit bestehe, das Tier bei Reisen auch mal abzugeben. Die Einrichtung meint: "Denkt bitte 100 Mal nach, bevor ihr eine Entscheidung trefft, die euch die nΓ€chsten 10 bis 20 Jahre begleiten wird."
Bei einem aktuellen Fall hatte eine junge, alleinerziehende Mutter im Tierheim angerufen und davon berichtet, dass der Familienhund den Γ€ltesten Sohn gebissen hatte. Sie rief laut der Einrichtung die Polizei, die lieΓ das Tier durch das VeterinΓ€ramt beschlagnahmen. Nun kΓΌmmere sich eine Pension um den Hund, was 750 Euro monatlich koste und fΓΌr die Frau "eine absolute Katastrophe" sei. Den Betrag mΓΌsse sie so lange zahlen, bis sich dem Hund jemand annehme. Doch das passiere in den wenigsten FΓ€llen, eben weil die Heime schon ΓΌberfΓΌllt seien.
- instagram.com: Profil von tierheimbergedorf
- zzf.de: Heimtiere in Deutschland
- wir-sind-tierarzt.de: Tierheimtiere einschlΓ€fern mΓΌssen: Selbstmord einer TierΓ€rztin
- Eigene Recherche