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Bremen: Initiative rettet tonnenweise Lebensmittel vor dem Müll


Zehn Tonnen pro Woche
Initivative rettet Lebensmittel vor dem Müll

Von Regine Suling-Williges

02.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Sandy Ockendorf (links) und Franziska Eimler gehören zu den Lebensmittelrettern: Seit drei Monaten schlägt die Initiative etwa zehn Tonnen Lebensmittel pro Woche um.Vergrößern des Bildes
Sandy Ockendorf (links) und Franziska Eimler gehören zu den Lebensmittelrettern: Seit drei Monaten schlägt die Initiative etwa zehn Tonnen Lebensmittel pro Woche um. (Quelle: Regine Suling-Williges/leer)

Pro Jahr werden in Deutschland zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel vernichtet. Eine Bremer Initiative hält dagegen: "Die Büdelretter" sorgen dafür, dass bis zu zehn Tonnen Lebensmittel pro Woche nicht im Müll landen, sondern sinnvoll genutzt werden.

Viele Kisten voller Lebensmittel türmen sich auf dem Hof eines ehemaligen Getränkemarkts in Martfeld, einem Ort vor den Toren Bremens. In den Kisten stecken an diesem Tag Kartoffeln, Salate, Paprika, aber auch frische Nudeln. Vor jeder der Abholstationen stehen im strömenden Regen freiwillige Helfer. Ein Auto nach dem anderen rollt derweil auf den Hof. Die Ehrenamtlichen wuchten Kisten auf Ladeflächen und in Anhänger. Hier sind die "Büdelretter" in Aktion.

So nennt sich die Initiative der Lebensmittelretter um Sandy Ockendorf und Sabrina Kramer, die seit etwa drei Monaten bis zu drei Mal in der Woche insgesamt rund zehn Tonnen Lebensmittel umschlagen und weiterverteilen. Allesamt Nahrungsmittel, die in der Tonne gelandet wären, wenn die Büdelretter sie nicht abgeholt hätten. "Es ist einfach schade, wenn Lebensmittel wegkommen", begründet Sandy Ockendorf ihr ehrenamtliches Engagement.

Waren für lokale Food-Sharing-Gruppen

Von einem Unternehmen erhalten sie die überschüssigen Nahrungsmittel, nachdem andere Institutionen wie die Tafeln sich dort den Teil der Ware ausgesucht haben, den sie verwenden können und dürfen. Für all das, was übrigbleibt, schlägt dann die Stunde der Büdelretter. Sie holen die Ware mit einem Lkw ab und verteilen sie weiter an lokale Foodsharing-Gruppen, die unter anderem in Bremen, Delmenhorst und den Landkreisen Diepholz und Nienburg aktiv sind und die frischen Lebensmittel innerhalb kürzester Zeit bei sich vor Ort weitergeben.

"Das kann mal ein Lkw sein oder auch mal zwei", beschreiben die Organisatorinnen die Unwägbarkeiten, mit denen die Lebensmittelretter umgehen müssen, wenn sie einen Anruf des Unternehmens erhalten, das ihnen die Ware spendet. Dann heißt es: "Mädels, wir starten mit einer spontanen Tour – und innerhalb von einer Stunde steht alles." Für das Organisationsteam bedeutet das einen großen zeitlichen Aufwand und viel Einsatz – neben Familie und eigentlicher Arbeit. "Denn das hier machen wir komplett ehrenamtlich", sagt Ockendorf.

Spenden für die Lebensmittelrettung

Auch die Helfer vor Ort sind freiwillig im Einsatz und haben sich über Mundpropaganda zusammengefunden. Finanziert werden Ausgaben wie die für den Lkw-Transport oder die Lagerung der kühlpflichtigen Lebensmittel in einem Kühlanhänger komplett über Spenden. "Nur gemeinsam kann man das stemmen und schaffen", erzählt Sabrina Kramer und freut sich: "Da wir hier im Ort alle in meinen Augen toll für gemeinsame Projekte stehen und solche bewältigen können, haben wir viele Helfer gefunden, die regelmäßig mitmachen. Das ist großartig."

Gemeinsam anpacken, damit weniger Lebensmittel in die Tonne wandern: Das ist der Anspruch der Beteiligten. Denn in Deutschland entstehen rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr. Laut eines Gutachtens der wissenschaftlichen Beiräte für Ernährungs-, Agrar- und Waldpolitik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) könnten bei einer 50-prozentigen Reduzierung der Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an Treibhausgas-Emissionen in Deutschland eingespart werden.

Verteilung erfolgt anonym

Die Aktivitäten der Büdelretter zahlen zudem auf das Ziel der Bundesregierung ein, bis zum Jahr 2030 die Lebensmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene zu halbieren. Außerdem verfolgen sie auch eine soziale Komponente: Jeder Interessierte erhalte unabhängig von seinem Einkommen an den Ausgabestellen gegen eine Spende Lebensmittel. Es gebe auch viele Menschen, die sich schämten, zur Tafel zu gehen, obwohl sie es eigentlich dürften, wissen die Initiatorinnen. Für Menschen wie diese sei der Gang zu den Lebensmittelrettern ideal: "Denn bei uns ist es anonym, und jeder darf kommen."

Der Ablauf bei den Büdelrettern ist optimal organisiert, jeder hat seine Aufgabe, alle packen mit an. "Muskelkater inklusive", sagt Sandy Ockendorf, schmunzelt und fügt an: "Da spart man sich das Fitnessstudio." Die insgesamt 15 Abholer der weiteren Verteilstellen werden über Messenger-Gruppen zeitlich so organisiert, dass die Verteilung der Lebensmittel dem vom Gesundheitsamt genehmigten Hygienekonzept entspricht.

Zudem wird auf dem Parkplatz nur mit Maske und Abstand gearbeitet. Den Hauptanteil der geretteten Lebensmittel mache Gemüse aus. Übrig bleibe am Ende nichts: "Wir werden bis auf die letzte Kiste immer alles los", sagt Ockendorf. Aus ihrer lockeren Initiative wollen die Aktiven in Kürze einen Verein machen. Optimal wäre es für die ehrenamtlich agierende Mannschaft, mittelfristig eine Halle zu finden, in der sie die Ware wetterunabhängig weiterverteilen kann. "Gerade für den Sommer brauchen wir etwas Überdachtes", sagt Sandy Ockendorf. Wer bei den Büdelrettern mitmachen will oder sich für die nächstgelegene Abholstelle interessiert, kann sich per E-Mail an das Organisationsteam wenden: buedelretter@gmail.com

Verwendete Quellen
  • Gespräche mit Sandy Ockendorf und Sabrina Kramer
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