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Lina E. verurteilt: Wie die linke Szene auf das Urteil reagiert


Linke Szene reagiert mit Protest: "Das war erst der Startschuss"

Von t-online, mgr

31.05.2023Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230531-911-016105Vergrößern des BildesDemonstranten protestieren gegen das Urteil gegen Lina E.: Etwa 40 Personen nahmen an der Solidaritätskundgebung vor dem Gerichtssaal teil. (Quelle: Robert Michael)
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Während im Gerichtssaal Tumulte ausbrachen, verlief die Solidaritätsdemo vor dem Gebäude ruhig. Doch die Proteste waren erst der Anfang.

Vor zweieinhalb Jahren wurde Lina E. verhaftet, im September 2021 folgte der erste Verhandlungstag. Von Anfang an wurde der Prozess gegen die Studentin und drei weitere Angeklagte von Solidaritätskundgebungen begleitet. Den mutmaßlichen Linksextremisten wurde unter anderem die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Entsprechend groß ist das Polizeiaufgebot zur Urteilsverkündung am Mittwoch rund um den Hochsicherheits-Gerichtssaal am Dresdner Stadtrand. An jeder Zufahrt zur Außenstelle des Oberlandesgerichts ist ein Polizeifahrzeug postiert, weitere reihen sich vor dem Gerichtsgebäude auf – so weit das Auge reicht. Selbst wer nur den anliegenden Wertstoffhof anfahren will, kommt teilweise nicht um eine Reifenkontrolle herum.

Gegenüber vom Gerichtsgebäude haben Unterstützter der Angeklagten Protestzelte aufgebaut. Zur Urteilsverkündung versammeln sich dort etwa 40 Protestierende. Andere werden von der Polizei festgehalten, um ihre Identität festzustellen.

Die Protestierenden machen klar, dass sie den Prozess für einen Fehler halten: "Ganz unabhängig, wie die Urteile ausfallen: Wir sind entsetzt, dass sich die vier Angeklagten überhaupt einem aufgebauschten, 100-tägigen Prozess stellen müssen", ruft eine Aktivistin über Lautsprecherboxen in Richtung Gerichtssaal.

Aktivisten aus Lina-E.-Prozess verwiesen

Dabei ist allen längst klar, dass es auf eine Verurteilung hinauslaufen wird. Als das Urteil gegen die 28-jährige Studentin Lina E. – fünf Jahre und drei Monate – schließlich nach außen dringt, setzen sich auch die letzten Aktivisten zwischen den Protestzelten auf den Boden. Kein Aufschrei, kein lauter Gefühlsausbruch. "Wir wollen trotzdem schon mal kurz sagen, dass wir mega pissed sind", tönt es lediglich aus ihren Reihen.

Ganz anders die Situation im Gerichtssaal: Sprechchöre skandieren: "Scheiß-Klassenjustiz" und erklären den Vorsitzenden Richter zum "Fascho-Freund". Hans Schlüter-Staatsa unterbricht daraufhin die Verhandlung. Bei der Urteilsbegründung haben sich dann die Gemüter beruhigt – bis auf etwas Murren und Meckern. Kurzzeitig gibt es noch Tumulte, nachdem eine Frau wegen Störversuchen des Saales verwiesen wird.

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"Rechtsextremisten entgegenzutreten ist ein achtenswertes Motiv", führt Schlüter-Staats in seiner stundenlangen Urteilsbegründung aus. Jedoch blieben solche Angriffe "schwere Straftaten" – auch wenn von rechter Gewalt die größte Gefahr ausgehe. Bei aller nachvollziehbaren Kritik im Zusammenhang mit Defiziten bei der Verfolgung rechter Taten gebe es allerdings "sehr gute Gründe dafür, das staatliche Gewaltmonopol zu schützen". Dies sei "eine elementare Grundlage" einer demokratischen Gesellschaft.

"Vor allem sind wir wütend"

Vor dem Gerichtsgebäude will dieser Argumentation offenbar niemand folgen: "Schließlich wurde das Verfahren unfair und politisch motiviert geführt", sagt einer der Protestierenden, der seit dem ersten Verhandlungstag an Solidaritätskundgebungen teilnimmt. "Mega entsetzt" sei er über den Urteilsspruch. "Hier werden gerade unsere Genossen und Freundinnen verurteilt, deshalb sind wir vor allem wütend."

Zufrieden ist er lediglich darüber, dass der Protest über die Dauer des Prozesses hinweg aufrechtzuerhalten war: "So viele wie heute waren es noch nie" Allein im Gerichtssaal sollen 120 Unterstützer und Unterstützerinnen gewesen sein. Der Lina-E.-Sympathisant ist sich sicher, dass der Protest mit dem Prozess nicht enden, sondern weitergehen werde: "Das war heute nämlich erst der Startschuss." Das Urteil werde weitreichende Auswirkungen auf die gesamte linke Szene haben, ist er sich sicher.

Noch für denselben Abend sind in Dresden, wie in anderen Städten auch, eine Solidaritätsdemonstration für die Verurteilten geplant, vorbei am Oberlandesgericht und Innenministerium. Am Samstag soll eine "Tag X"-Kundgebung folgen. In der linken Szene wird seit längerem der Samstag nach dem Urteil im Dresdner Linksextremismus-Prozess als "Tag X" bezeichnet. Im Internet und in sozialen Netzwerken wurde bundes- und europaweit dazu aufgerufen, an diesem Tag zu Protesten nach Leipzig zu kommen: "Bereitet euch gut vor und kommt alle nach Leipzig – gemeinsam werden wir unsere Solidarität auf die Straßen tragen."

Die Proteste sollen im Leipziger Stadtteil Connewitz starten, mit "militanten Aktionen von großer Fantasie und Entschlossenheit" solle zeitweise ein Kontrollverlust der Polizei herbeigeführt werden, heißt es im Ankündigungstext des Autonomen Vorbereitungskomitees.

Die Polizei hat für Samstag in Leipzig umfangreiche Kontrollen angekündigt. Außerdem soll von Freitagabend bis Sonntagabend ein sogenannter Kontrollbereich eingerichtet werden, der sich vom Zentrum in den Osten und Süden der Stadt erstreckt. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Identitäten feststellen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Mit Material der afp und dpa
  • indymedia.org: Autonomes Tag-X-Vorbereitungskomitee
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