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Ratingen: Prozess nach Attacke auf Einsatzkräfte beginnt in Düsseldorf


Explosion mit 35 Verletzten
Feuerball-Attacke auf Einsatzkräfte: Prozess gegen Ratinger startet

Von dpa
Aktualisiert am 24.11.2023Lesedauer: 3 Min.
imago images 0247745737Vergrößern des BildesAm 11. Mai eskalierte in Ratingen ein Einsatz (Archivbild): Nun beginnt der Prozess gegen einen 57-Jährigen. (Quelle: IMAGO/Tim Oelbermann/imago images)
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Nach der Explosion im Mai in Ratingen waren die Schwerverletzten brennend durch das Treppenhaus nach unten gelaufen. Nun beginnt der Prozess gegen einen 57-Jährigen.

Es war eine unfassbare Tat, die im vergangenen Mai bundesweit Entsetzen ausgelöst hat. Ein 57 Jahre alter Ratinger steht im Verdacht, Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr mit mehreren Litern Benzin übergossen und angezündet zu haben. Ab Freitag (24. November) muss er sich jetzt wegen neunfachen versuchten Mordes vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten. Acht der Opfer würden absehbar bleibende Schäden zurückbehalten, steht in der Anklageschrift.

Ratingen erlebt eine verheerende Explosion: Im zehnten Stock eines Wohnhochhauses in der Stadt bei Düsseldorf standen plötzlich neun Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungsdienstmitarbeiter in einem Feuerball. Mehrere von ihnen kämpften wochenlang um ihr Leben. Eine Polizistin blieb monatelang im künstlichen Koma. Brennend waren die Schwerverletzten am 11. Mai durch das Treppenhaus zehn Stockwerke nach unten gelaufen. Geschmolzener Kunststoff ihrer Einsatzkleidung tropfte auf die Stufen und hinterließ dort Spuren ihres Überlebenskampfes. Die Polizei hatte nach der Explosion 35 Verletzte gezählt, die meisten waren mit Verdacht auf eine Rauchvergiftung behandelt worden.

Teilweise skelettierte Leiche im Rollstuhl

Die Explosion löste einen stundenlangen Großeinsatz mit 650 Kräften aus, an dessen Ende Spezialeinheiten der Polizei den verwahrlost wirkenden Mann überwältigten. Dabei stießen sie in der Wohnung auf eine im Rollstuhl sitzende und teilweise skelettierte Leiche. Wie sich herausstellte, waren es die Überreste der Mutter des Ratingers, mit der dieser wochenlang in der Wohnung ausgeharrt hatte. Er sitzt seither in Untersuchungshaft und schweigt seit gut einem halben Jahr zu den Vorwürfen.

Die Tat sei heimtückisch gewesen, besonders grausam und mit gemeingefährlichen Mitteln verübt worden, sagt Staatsanwältin Laura Neumann. Mit dem von der Staatsanwaltschaft beauftragten Psychiater wollte der Ratinger nicht sprechen. Der Sachverständige stufte ihn vorläufig als voll schuldfähig ein. Verteidigt wird der Mann von Rechtsanwalt Frank Schubert aus Düsseldorf, der vor dem Prozess zu den Vorwürfen der Anklage keine Stellung beziehen wollte.

Tatverdächtiger gehört Verschwörungs-Szene an

Unklar ist weiterhin das Motiv des 57-Jährigen. Er soll zu Verschwörungstheorien neigen und große Vorräte in seiner Wohnung angelegt haben. Im Chaos der verwüsteten Wohnung gefundene Zettel gaben Einblick in seine Gedankenwelt. "Wir haben Hinweise darauf, dass er auch ein Corona-Leugner ist", hatte eine leitende Ermittlerin kurz nach der Tat gesagt. "Da ist bei der Covid-19-Impfung von einer 'Impfung des Teufels' die Rede. Zudem hat er seine Abneigung gegen Kirche, Staat und Arbeitsamt zum Ausdruck gebracht."

Wenige Tage vor der Tat hatte ein Polizist mit einem Haftbefehl bei ihm geklingelt: Dem 57-Jährigen waren drei Körperverletzungen vorgeworfen worden, deretwegen zwei Strafbefehle verhängt worden waren. Unter anderem soll er einen Nachbarn geschlagen haben. Weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte, sollte er ins Gefängnis, um eine Ersatzfreiheitsstrafe abzusitzen. Nur einen Tag später, am 12. Mai, sollte der Haftbefehl gegen den Mann vollstreckt werden. Er hätte seine Inhaftierung aber noch abwenden können, wenn er die ausstehende Geldstrafe bezahlt hätte. Der 57-Jährige war keiner Arbeit nachgegangen.

Die Toten Hosen versteigern Feuerwehrjacke

Die Polizei war wegen eines überquellenden Briefkastens und Verwesungsgeruchs zu seiner Wohnung gerufen worden. Der Einsatzgrund lautete "hilflose Person". Es handele sich "um eine kaum vorstellbare Tat mit unfassbarer Brutalität", hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) festgestellt.

Die Explosion hatte eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst: Spenden in Höhe von 700.000 Euro kamen für die Opfer zusammen. Die Düsseldorfer Band Die Toten Hosen versteigerte für den guten Zweck eine von Frontmann Campino handsignierte Feuerwehrjacke, die der Sänger seit der Jubiläumstour 2022 "Alles aus Liebe" bei dem Lied "112" auf der Bühne getragen hatte. Für etwas mehr als 15.000 Euro wechselte die Jacke den Besitzer, die "Hosen" verdoppelten den Spendenbetrag. Zu einer Mahnwache kamen in Ratingen außerdem mehr als 800 Menschen.

In einer anderen Wohnung des Hochhauses war nach der Räumung ein 73 Jahre alter Bewohner tot aufgefunden wurde. Der schwer pflegebedürftige Mann könnte ums Leben gekommen sein, weil er wegen der Evakuierung zu lange unversorgt geblieben war. Ob der Tod tatsächlich durch den Einsatz bedingt war und auch dem 57 Jahre alten Ratinger anzulasten ist, wird in einem getrennten Verfahren ermittelt. Das Landgericht hat bis zum 11. Januar des kommenden Jahres neun Verhandlungstage für den Strafprozess angesetzt.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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