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Frankfurt: Betreiber von pädophilem Online-Forum "BoysTown" vor Gericht


Server stand in kirchlichem Kinderheim
Prozess um Kinderporno-Plattform enthüllt schockierende Details

Von dpa, mkr

14.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Screenshot der Kinderpornografie-Plattform "BoysTown": Sie befand sich im Darknet.Vergrößern des BildesScreenshot der Kinderpornografie-Plattform "BoysTown": Sie befand sich im Darknet. (Quelle: Bundeskriminalamt)
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Vier Männer sollen ein Forum mit Hunderttausenden Nutzern aufgebaut haben – zum Austausch von kinderpornografischen Material. Nun stehen sie vor Gericht.

Das Ausmaß schockiert auch erfahrene Ermittler: In Frankfurt hat der Prozess um die Online-Plattform "BoysTown" begonnen, über die mehr als 400.000 Nutzer weltweit jahrelang Fotos und Videos von teilweise schwerster sexueller Gewalt an Kindern ausgetauscht haben.

Vor dem Landgericht müssen sich seit Mittwoch vier Männer verantworten, die die Plattform betrieben oder sich an deren Betrieb beteiligt haben sollen. Zwei von ihnen sollen zudem in mehr als 40 Fällen Kinder sexuell missbraucht haben.

Frankfurt: Plattform wurde im vergangenen Jahr hochgenommen

Die Ermittler schalteten die Plattform im April vergangenen Jahres ab – nach ihren Erkenntnissen war es zu diesem Zeitpunkt die weltweit größte. Über eine Million Beiträge waren demnach seit der Gründung im Juni 2019 ausgetauscht worden. Es gab mehrere Unterkategorien sowie Tipps, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Laut "Bild" stand einer der Server für das Online-Forum, der von einer Firma in Moldawien betrieben wurde, im Keller eines kirchlichen Kinderheims der Salesianer Don Bosco – dort habe einer der Angeklagten als Programmierer gearbeitet. Die Ermittler seien ihm auf die Schliche gekommen, weil er von seinem Arbeitsplatz-Computer Supportanfragen an die Betreiberfirma stellte.

Angeklagte nahmen Fotos und Videos teilweise selbst auf

Die vier Angeklagten verdecken ihre Gesichter mit Aktenordnern, als sie am Vormittag den Gerichtssaal betreten. Unter ihnen sind ein 49-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und ein 60-Jähriger aus Norddeutschland, der zuletzt in Paraguay lebte. Sie sollen "BoysTown" im Sommer 2019 federführend aufgebaut haben.

Angeklagt sind zudem ein 41-Jähriger aus dem Landkreis Paderborn sowie ein 66-Jähriger aus Hamburg. Der 66-Jährige soll als eine der aktivsten Nutzer allein mehr als 3.600 Beiträge bei "BoysTown" verfasst haben.

Unter den Inhalten, die die Angeklagten auch auf weiteren Plattformen verbreitet haben sollen, befinden sich laut Staatsanwaltschaft Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Angeklagten sollen teilweise auch Fotos und Videos selbst hergestellt haben. Ihnen wird bandenmäßiges Vorgehen zur Last gelegt.

Mann filmte eigene Kinder beim Baden und auf der Toilette

Laut "Bild" soll der 49-Jährige aus Bayern Kameras im eigenen Badezimmer installiert haben, um seine Kinder beim Baden und Toilettengang zu filmen. Diese Aufnahmen soll er anschließend an seine pädophilen Freunde weitergeleitet haben. Zudem soll er seinen Nachwuchs missbraucht haben.

Erschreckend: Dem Bericht zufolge habe seine Ex-Frau davon gewusst – so soll er sich vor ihrem Sohn schon einmal selbstbefriedigt haben. Sie beließ es jedoch bei einem Therapie-Gespräch bei der Caritas. Während der Vernehmungen soll er auch den Missbrauch an einem Neunjährigen im Jahr 1994 gestanden haben. Die Tat ist inzwischen aber verjährt.

Online-Plattform "BoysTown" befand sich im Darknet

Über Stunden lesen eine Vertreterin und ein Vertreter der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft die Vorwürfe vor. Die Anklageschrift umfasst mehr als 400 Seiten. Demnach veröffentlichten die Männer Fotos und Videos von Vergewaltigungen und Szenen, für die Kinder und Jugendliche zu gegenseitigen sexuellen Handlungen gezwungen wurden, auch Kleinkinder wurden sexuell missbraucht. Meist handelt es sich um Jungen, auf einer Plattform wurden aber auch Fotos und Videos von sexueller Gewalt an Mädchen ausgetauscht.

Erreichbar waren die Online-Foren im Darknet, einem Bereich des Internets, der mit herkömmlichen Suchmaschinen nicht auffindbar ist. Die Angeklagten gaben sich den Ermittlungen zufolge Spitznamen wie "Putzi", "Phantom" oder "Don Dildo".

Während der langwierigen Aufzählung der Anklagepunkte hält einer der Angeklagten den Blick auf den Tisch vor sich gesenkt. Die anderen drei Männer blicken die Staatsanwälte an oder lassen ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie tragen einen Mund-Nasen-Schutz, sodass ihre Mimik nicht erkennbar ist. Die vier Männer sitzen seit vergangenem Jahr in Untersuchungshaft.

Ermittlungen gegen weitere "BoysTown"-Nutzer laufen noch

Sebastian Zwiebel von der Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt berichtet am Rande der Verhandlung von jahrelangen, äußerst umfangreichen Ermittlungen angesichts des "sehr großen Ausmaßes" der Taten. "Es ist einer der größten Prozesse, die wir angestrengt haben", sagt Zwiebel. Gegen weitere Beteiligte an "BoysTown" werde noch ermittelt.

Anwalt Walter Schäfers, der einen der sexuell missbrauchten Jungen als Nebenkläger vertritt, sagt, seinem Mandanten gehe es bis heute schlecht. Er werde deshalb selbst nicht an der Verhandlung teilnehmen, soweit möglich, da ihn das noch einmal aufwühlen würde. "Er leidet noch heute", sagt der Anwalt.

Die Täter hätten in besonderer Weise kriminell gehandelt und es sei den Ermittlern ein großes Lob auszusprechen, dass sie sie gestoppt und angeklagt hätten. Auch weitere Jungen lassen sich als Nebenkläger von Anwälten vertreten. Zu ihrem Schutz wurde die Öffentlichkeit während Teilen der Anklageverlesung ausgeschlossen. Insgesamt sind für den Prozess 14 Verhandlungstage angesetzt.

Verwendete Quellen
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