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Luisa Neubauer in Abi-Prüfung: Die Schüler sind die Leidtragenden | Meinung


Diskussion um Prüfungsaufgabe
Luisa Neubauer im Abi – die Schüler sind die Leidtragenden


27.04.2023Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

imago images 0202243107Vergrößern des Bildes
Luisa Neubauer: Die Klimaschutzaktivistin ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. (Quelle: IMAGO/Stefan Zeitz)

CDU und CSU protestieren gegen Abituraufgaben, in denen ein Text von Luisa Neubauer behandelt wird. Zu Recht?

Als niedersächsische Abiturienten in diesem Jahr ihre Prüfung im Fach Politik-Wirtschaft aufschlagen, lesen sie einen Namen, der den meisten sehr bekannt sein dürfte. Sie sollen einen Essay der Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer analysieren. Die 27-Jährige ist Mitglied bei den Grünen und das Gesicht der Klimaschutzbewegung Fridays for Future.

Schnell formiert sich Protest: CSU-Generalsekretär Martin Huber fragt bei Twitter: "Was kommt als Nächstes? Auf der Straße festkleben als Sportunterricht?" Die niedersächsische Landtags-CDU wittert politische Einflussnahme der Grünen-Ministerin Julia Willie Hamburg.

Sollte ein Text einer Klimaaktivistin wie Luisa Neubauer in einer Abiturprüfung behandelt werden?

Pro
Julian SeiferthPolitik-Redakteur

Ja, denn Luisa Neubauer ist politisch relevant und kontrovers

Im Niedersachsen-Abi kommt eine Analyse von Klimaaktivistin Luisa Neubauer vor – und Teile des konservativen Politdeutschlands laufen Sturm. CSU-Generalsekretär Martin Huber malt den Klimateufel an die Wand, befürchtet "auf der Straße festkleben als Sportunterricht".

Hätte man, wie von der niedersächsischen Landtags-CDU gefordert, einen "neutraleren" Autor finden können? Ja, hätte man. Nur lässt sich über einen "neutralen" Autor, einen "neutralen" Text auch gut diskutieren? Wohl kaum.

Ziel der Aufgabe ist es doch, eine kritische Auseinandersetzung mit einem aktuellen Thema anzuregen – und das sollte möglichst kontrovers sein. Die Abiturienten sollen sich dabei mit den Inhalten von Texten auseinandersetzen und Argumente abwägen, die für oder gegen sie sprechen. Neubauer eignet sich dafür: Sie ist eine politisch relevante Person, ihr Thema – Klimaschutz – wird kontrovers diskutiert.

Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt darüber hinaus, dass es der Union nicht immer so ernst war mit unpolitischen Abiturprüfungen. Beispiel 2016: Damals standen den niedersächsischen Abiturienten mehrere Texte zur Auswahl. Einer davon trug den Titel "In unser aller Interesse". Sein Kernargument: "2015 müssen wir unsere Unternehmer endlich wieder schätzen lernen – und aufhören, ihren Lobbyismus zu verteufeln."

Autor ist Axel Wallrabenstein, Unternehmer, Ex-Geschäftsführer der Jungen Union, Ex-Pressesprecher des damaligen sächsischen CDU-Innenministers Heinz Eggert und "graue Eminenz der CDU", wie ihn ein Artikel aus dem Herbst 2017 bezeichnet. Eine völlig legitime Textauswahl aus Sicht der Christdemokraten, so scheint es – konservative Proteststürme sind aus dem Frühjahr 2016 jedenfalls nicht überliefert.

Zu Recht: Das Thema Lobbyismus war und ist ebenso aktuell wie kontrovers. Nun, im Frühjahr 2023, gilt das auch für die Klimapolitik.

Davon abgesehen ist Neubauer innerhalb der Klimabewegung keine Radikale, wie Huber mit seiner Sorge vor dem Klebeunterricht andeutet. Fridays for Future, deren deutsches Gesicht Neubauer ist, ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Von den Blockadeaktionen der "Letzten Generation" hat sich die Bewegung mehrfach distanziert. Zuletzt warf Fridays for Future den Klebeaktivisten gar vor, sie würden "Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen". Denn der Protest treffe die Falschen – eine Kritik, die so ähnlich auch schon von CSU-Chef Söder kam.

Kontra
Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.Patrick SchillerKI-Redakteur Regionales

Nein, Luisa Neubauer hat im Abi nichts verloren

Niedersachsens CDU wirft dem Kultusministerium vor, einen Aufsatz der umstrittenen Klimaaktivistin Luisa Neubauer in die Abiturprüfung geschmuggelt zu haben. Obwohl die derzeitige Grüne Kultusministerin Julia Willie Hamburg keine Schuld trägt, sondern ihr Vorgänger Grant Hendrik Tonne (SPD), ist die Wahl von Neubauers Aufsatz aus zwei Gründen ein Fehler: aus schulischer Sicht und auch mit Blick auf die Außenwirkung.

Die Klimakrise ist ein wichtiges, aber auch kontroverses Thema. Deshalb ist es für eine Abiturprüfung gut gewählt. Doch weil es so kontrovers ist, sollte bei der Wahl des Autors darauf geachtet werden, dass er oder sie eine glaubwürdige und ausgewiesene Expertise besitzt.

Warum, so muss man fragen, wurde daher kein Text eines Wissenschaftlers oder anderen Experten gewählt? Oder, wenn schon ein politischer Akteur als Autor genommen wird, warum dann nicht der klimapolitische Sprecher einer Partei? Das wäre dann zwar auch politisch gefärbt, aber hierfür gab es vergleichbare Fälle in der Vergangenheit, an denen sich niemand gestoßen hat. Da das kontroverse Thema im Vordergrund steht, ist es völlig unnötig, einen Text dazu von einer zusätzlich umstrittenen Person wie Luisa Neubauer auszuwählen.

Zumal vollkommen vorhersehbar war, dass das eine hitzige Debatte auslösen würde.

Neubauer hat als Gesicht des deutschen Ablegers von Fridays for Future bereits in manchen Kreisen massiv an Glaubwürdigkeit verloren. Einige bezeichnen sie gar als "Langstreckenluisa", sie werfen der Klimaaktivistin unnötige Flugreisen vor. Zudem ist sie als Gesicht der deutschen Klimabewegung eher ein Medienphänomen als eine Expertin für irgendetwas.

Es war daher absehbar, dass ein Text von ihr in der Abiturprüfung zu einer öffentlichen Debatte führen und viele Menschen empören würde.

Die Wahl für Luisa Neubauers Text heizt damit nicht nur die ohnehin schon viel zu emotional geführte Diskussion über den richtigen Weg im Kampf gegen die Klimakrise an. Der Vorwurf, die Abiturienten wären durch ihren Text ideologisch instrumentalisiert worden, steht nun im Raum. Und das verunsichert sicherlich auch viele Abiturienten. Sie sind am Ende die Leidtragenden. Das wäre vermeidbar gewesen.

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