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Kiel: Reinigungsschiff wegen Behördenfehler von der Polizei gestoppt


Reinigungsschiff in der Ostsee
Eine "SeeKuh" räumt die Förde auf

Von Sven Raschke

Aktualisiert am 30.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Der Reinigungskatamaran "SeeKuh": Auf dem Grund der Kieler Förde sammelt sich Jahr für Jahr Müll an.Vergrößern des Bildes
Der Reinigungskatamaran "SeeKuh": Auf dem Grund der Kieler Förde sammelt sich Jahr für Jahr Müll an. (Quelle: Sven Raschke/leer)

Tonnenweise Plastik und anderer Unrat verschmutzen Ostsee und Förde und werden

Dass Müll in den Meeren ein gigantisches Problem darstellt, ist nicht erst seit dem Netflix-Doku-Hit "Seaspiracy" bekannt. In der Ostsee schwimmen allein mindestens 10.000 alte Netze. Auch die Kieler Förde ist davon betroffen. Um die Abfallfluten zumindest ein wenig zu reduzieren, ist das Reinigungsschiff SeeKuh in der westlichen Ostsee unterwegs. Am Mittwoch startete der Katamaran die diesjährige Reinigungssaison in der Kieler Innenförde bei der Badestelle Reventlou vorm Segelcamp.

Initiator der Aktion ist Kiel-Marketing. "Kiel hat als Meeresschutzstadt und Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2021 ein besonderes Interesse daran, die nachhaltige Nutzung und Sauberkeit des Meeres für alle zu fördern", so Uwe Wanger, Geschäftsführer von Kiel-Marketing.

SeeKuh ist seit 2016 in der Ostsee im Einsatz

Die frisch aus dem Winterquartier geholte Seekuh gehört der Organisation "One Earth One Ocean" (oeoo). Zwölf Meter lang und zehn Meter breit, dient sie oeoo seit 2016 als Reinigungs-, Forschungs- und Aufklärungsschiff. Neben der Ostsee ist die SeeKuh auch in internationalen Gewässern unterwegs, wie 2018 in Hongkong. Pro Fahrt kann das Schiff rund zwei Tonnen Müll bis zu einer Tiefe von zwei Metern sammeln.

Die Taucher, die am Mittwoch den Fördegrund bis zum Ostseekai nach menschlichen Hinterlassenschaften abgrasen, kommen von der Kieler Scientific Diving Association (SDA). Bei dem Müll, den sie aus dem Wasser fischen, handelt es sich nicht nur um achtlos weggeworfene Verpackung. "Millionen von Flaschen liegen hier", sagt Hubert Pinto de Kraus, "und das ist keine Übertreibung." Pinto de Kraus ist Leiter des Tauchzentrums der Kieler Universität und Leiter der SDA.

In der Förde finden die Taucher nicht selten auch größeren Unrat. "Ganze Autoreifen, Metallteile und Sperrmüll", zählt Pinto de Kraus auf. "Wenn Kinder und Jugendliche in die Förde springen, kann das gefährlich werden. Und vor zwei Jahren haben wir hier sogar eine Fliegerbombe gefunden." Ein weiterer häufiger Fund seien Angelköder aus Blei und Plastik. "Davon hatten wir im letzten Jahr in der Ostsee über 10.000 gefunden."

Geisternetze sind eine Todesfalle

Das größte Problem aber stellen laut Pinto de Kraus die Geisternetze dar, also verlorengegangene Fischer- oder auch mal Rettungsnetze. "Solche Netze sind eine große Gefahr. Schwimmende Kinder können sich an den Netzen verletzen." Weiter draußen in der Ostsee findet die Crew der SeeKuh die Geisternetze regelmäßig massenhaft an Schiffswracks. "Die Schiffswracks sehen aus wie ein Friedhof. Die sind übersät mit Fischskeletten", sagt Pinto de Kraus. Auch in der Nähe des Ostseekais wurde der SeeKuh-Crew vorab von Hobbytauchern ein Netz gemeldet.

Nicht nur als Menschen- und Fischfalle sind die Geisternetze eine Gefahr. Wenn sich ihre Kunststofffasern langsam zersetzen, tragen sie zur Mikroplastik-Belastung der Meere bei. Rüdiger Stöhr, Mikroplastikexperte von oeoo, entnimmt deshalb parallel zu den Mülltauchgängen Wasserproben, um die Belastung in Förde und Ostsee zu messen. Die ist laut Stöhr nicht geringer als in anderen Meeren weltweit.

Die Ehrenamtlichen von "One Earth One Ocean" sind mit ihrer vor allem spendenfinanzierten SeeKuh nicht die einzigen, die sich um eine saubere Ostsee bemühen. "Es gibt regional noch weitere Gruppen", sagt Pinto de Kraus. "Aber natürlich bräuchte es noch wesentlich mehr." Selbst wenn sich die SeeKuh das ganze Jahr allein auf die Kieler Förde konzentrierte, so der Tauchleiter, würde sie mit dem Aufräumen nicht nachkommen.

Deutlich weniger Müll in der Förde als in den Vorjahren

Immerhin: Im Bereich vor dem Segelcamp finden die Taucher dieses Jahr kaum Müll. Ein paar Glasflaschen, einzelne Plastikteile – insgesamt gerade mal einen Eimer voll. "Daran sieht man den Unterschied, im Vergleich zum Vorjahr, als der Müll von der Kieler Woche in der Förde landete", erklärt Hubert Pinto de Kraus.

In den Vorjahren hätten sie auf wenigen Metern bis zu 4 Kubikmeter Müll gesammelt. Die Kieler Woche, die sonst Millionen von Besuchern anzieht, fand im vergangenen Jahr coronabedingt beinahe ohne Publikum statt. "Die KiWo ist auf jeden Fall ein großer Faktor für die Vermüllung der Förde", so Pinto de Kraus.

Unerwarteter Zwischenfall verhindert weitere Bergung

Später am Nachmittag dann, in Richtung Ostseekai, gibt es für die Mannschaft der SeeKuh schon deutlich mehr zu tun. Fahrräder, Leinen und massenhaft Angelausrüstung ziehen die Taucher aus dem Wasser. Bis ihre Arbeit von der Wasserschutzpolizei unterbrochen wird. Zufällige Kontrolle.

Dass die Stadt den Einsatz der SeeKuh offenbar nicht mit der Wasserschutzpolizei abgesprochen hatte, wundere ihn schon, so Pinto de Kraus. Die Kontrolle zieht sich so lange hin, dass die Taucher ihre Arbeit an diesem Tag nicht mehr fortsetzen können. Auch das gemeldete Geisternetz bleibt so in der Förde.

Wer Geisternetze entdeckt, kann diese an "One Earth One Ocean" melden unter www.geisternetze.de.

Verwendete Quellen
  • Hubert Pinto de Kraus, Leiter des Tauchzentrums der Kieler Universität und Leiter der Tauchvereinigung SDA (Scientific Diving Association Kiel)
  • Rüdiger Stöhr, Mikroplastikexperte von "One Earth One Ocean"
  • Uwe Wanger, Geschäftsführer von Kiel-Marketing (Pressemitteilung)
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