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CSD in Köln: Besucher kritisieren Affenpocken-Stigma als "homophob"


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1,2 Millionen beim CSD
Besucher kritisieren Affenpocken-Stigma als "homophob"

Von Tim Hildebrandt

Aktualisiert am 03.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Köln: Die größte CSD-Parade Deutschlands fand nach zwei Jahren Pause erstmals wieder statt – mit vollem Erfolg. (Quelle: reuters)
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Nach zwei Jahren Corona-Pandemie startete am Freitag der CSD in Köln. Dass die LGBT-Szene durch die Affenpocken stigmatisiert wird, kritisieren hier viele.

Endlich! Endlich findet der Christopher Street Day wieder wie gewohnt statt. Nach zwei Jahren Zurückhaltung bis hin zur gänzlichen Abstinenz ist die Kölner Innenstadt – und insbesondere die Altstadt – dieses Wochenende abermals ein Hort der Toleranz und Menschlichkeit. Mit dem Demonstrationszug am Sonntag als Highlight feiern nach Angaben der Veranstalter rund 1,2 Millionen Menschen ein Fest der Weltoffenheit und setzen sich für Menschenrechte und Gleichberechtigung ein.

Regenbohnenfahnen, so weit das Auge reicht. Köln zeigt wieder einmal Flagge und lädt Menschen aus aller Welt zum gemeinsamen Feiern ein. Ob an den Fahnenmasten auf der Deutzer Brücke oder als Verzierung auf den Kopfbedeckungen zahlreicher Besucherinnen und Besucher, die Innenstadt erblüht im bunten Fahnenmeer und ist an diesem Wochenende Gastgeberin eines bunten Programmes.

CSD in Köln: Affenpocken-Stigma "einfach unfair"

Konzerte und Podiumsdiskussionen sollen das Publikum einerseits in gute Laune versetzen, andererseits zum Nachdenken anregen und eine Botschaft in die ganze Welt senden: "Für Menschenrechte – Viele. Gemeinsam. Stark!". Um das seit 2020 geltende Motto der Cologne Pride dreht sich auch dieses Jahr alles, was im Rahmen des CSDs stattfindet.

Und wenn man sich in der Menge so umhört, ist das weiterhin auch bitter nötig. Affenpocken nur bei homosexuellen Menschen? Nein. "Sind wir doch mal ehrlich", sagt beispielsweise Lara, die mit ein paar Freundinnen zum ersten Mal in Köln dabei ist. "Die Welt ist einfach immer noch total homophob." Zustimmendes Kopfnicken in der Runde der Freundinnen.

Besonders gut zeige sich dies an den Stigmatisierungsansätzen anlässlich der Affenpocken-Diskussion. "Es ist einfach unfair, dass wieder einmal die LGBTQ-Szene dafür herhalten muss", sagt die 14-jährige Duisburgerin, "dabei kannst du dir die Krankheit auch bei einem x-beliebigen Konzert holen."

"Wir passen alle aufeinander auf"

Dass in der Diskussion um die Affenpockeninfektion zuvorderst homosexuelle Menschen genannt werden, kann sich unter anderem auch das Robert Koch-Institut auf die Fahne schreiben. Die Berliner Behörde für Krankheitsüberwachung warnt vor engem Hautkontakt und schreibt auf seiner Internetseite, dass die Erkrankung "insbesondere bei Männern [auftauche], die sexuelle Kontakte mit anderen Männern hatten".

Jüngst warnte schon der Schwulenverband vor einer Stigmatisierung. Die Kritik: Die bisherige Kommunikation lasse das Bild entstehen, heterosexuelle Personen würde sich mit den Affenpocken nicht anstecken. Dem ist aber nicht so, am Freitag wurden zum ersten Mal mehr als 1.000 Infektionen im gesamten Bundesgebiet gemeldet.

"Man sucht einfach einen Buhmann“, sagt Ash (18), die auch der Grund ist, weswegen Lara und Co. dieses Wochenende in Köln verweilen. "Wir alle sind uns der potenziellen Gefahr bewusst. Aber wir passen alle aufeinander auf." Und sich davon die Stimmung vermiesen lassen, will sich die Gruppe sowieso nicht.

"Der CSD ist wie ein großes Familientreffen"

Ähnlich ist die Lage bei Markus (29) und Sascha (31). Die beiden Freunde sind aus Stuttgart angereist, wie seit Jahren schon. "Der CSD ist wie ein großes Familientreffen", erzählt Sascha. Er freut sich auf die weiteren Tage, um Party gehe es ihm dabei eher weniger: "Einfach mal wieder die ganze Familie treffen, darum geht's."

Mit den Affenpocken sieht er es so wie Ash: "Man sucht halt immer eine Randgruppe, ist halt leichter. Das passiert ja nicht nur bei den Affenpocken, es sind immer nur die Homosexuellen, die AIDS oder Syphilis kriegen." Dass man sich immerzu anstecken kann, das sei ihm bewusst. Ebenso wie Corona habe er die Gefahr zwar im Hinterkopf, er wolle sich aber "nicht zu sehr einschränken."

Der CSD bringt Menschen zusammen

Dieses Gefühl scheint derweil durch die gesamte Altstadt zu schwappen. Die Menschen sind locker und freuen sich, dabei sein zu können. Selbst, wenn man nicht einmal wegen des CSDs nach Köln gekommen ist. Michael (58) und drei seiner Freunde sind gemeinsam auf "Hangover-Tour" in Köln, einmal jährlich steht für die Vier diese Tour auf dem Programm.

Wohin es geht, weiß dabei nur die Person, die den Ausflug organisiert. "Unser Timing ist einfach perfekt", sagt Michael und ist sichtlich erheitert ob der ausgelassenen Menschenmenge – das verraten nicht nur die bunten Flügel auf seinem Rücken. "Die Atmosphäre ist einfach klasse, ich liebe es. Wir sind jetzt schon zum zweiten Mal unbeabsichtigt bei einem CSD dabei und die Leute sind einfach immer superlocker drauf. Das gefällt mir."

Und jetzt feiert die Gruppe einfach mit. Das dürfte in etwa dem entsprechen, wofür sich die Cologne Pride alljährlich stark macht: Menschen zusammenbringen und gemeinsam etwas bewegen.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Gespräche mit Lara, Ash, Markus und Sascha beim CSD in Köln
  • Eigene Recherche
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