Der Prozess gegen den Reemtsma-Entführer Thomas Drach wird sich weiter in die Länge ziehen. Das Gericht hat einen Gutachter abbestellt.
Neues Kapitel im Prozess gegen Thomas Drach: Das Landgericht Köln hat am Freitagnachmittag einen Gutachter abbestellt, der Überwachungsvideos ausgewertet hatte. Er soll versucht haben, einen Journalisten mit 100 Euro zu bestechen und im Gegenzug "genehme Berichterstattung" über seine Person gefordert.
Der Journalist reagierte nach eigenen Angaben "entsetzt" und informierte die Staatsanwaltschaft. Der Sachverständige hingegen bestreitet den Vorgang: Die Darstellung sei "absurd".
"Hass" gegenüber den Verteidigern
Einigkeit um seine Abbestellung bestand schlussendlich dennoch: Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung stellten Befangenheitsanträge gegen den Gutachter, der dann selbst die Entbindung von seinen Aufgaben vorschlug.
Schließlich empfinde er "nach dem bisherigen Prozessverlauf mittlerweile ausschließlich negative Gefühle wie zum Beispiel Hass" gegenüber den Verteidigern. Richter Jörg Michael Bern kam dem vielfach geäußerten Wunsch nach: "Da verlässt der Sachverständige genau das Terrain, auf das er sich zu begeben hat, nämlich das der Neutralität."
Altes Gutachten hinfällig
Nun sucht das Landgericht nach einem neuen Sachverständigen. Das alte Gutachten, in dem Drach "mit hoher Wahrscheinlichkeit" als Täter benannt wird, ist nach dem Abzug hinfällig. Dem Angeklagten Thomas Drach werden in dem Prozess Überfälle auf Geldtransporter in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vorgeworfen – er bestreitet die Taten.
1996 hatte Drach den Tabakkonzernerben Jan Philipp Reemtsma entführt und erst gegen eine Lösegeldzahlung wieder freigelassen. Für die Tat war Drach zu vierzehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
- Material der Nachrichtenagentur dpa