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Kommentar: Sexismus-Debatte im Karneval – Wie die Höhner, so der Heine


Sexismus-Debatte im Karneval
Wie die Höhner, so der Heine

MeinungVon Florian Eßer

18.01.2023Lesedauer: 2 Min.
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Nä, wat lecker. Ein frisch gezapftes Kölsch (Archivbild): Die Höhner hätten dazu gerne noch "Blootwosch un e lecker Mädche". (Quelle: imago stock&people)

Eine Frau beschwert sich über ein Höhner-Lied. Der Begriff "lecker Mädche" sei sexistisch. Doch weibliche Schönheit ist seit jeher Teil der Dichtkunst.

Im Jahr 1978 sangen die Höhner zum ersten Mal von "Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche", 45 Jahre später fliegt der Liedtext der Band um die Ohren. "Sexistisch" sei die Zeile, hatte sich eine Frau beim Lindner-Hotel beschwert, das das Höhner-Zitat als Poster im Fenster kleben hat.

Aber ist die Bezeichnung "lecker Mädche" wirklich sexistisch? Dafür müssten Frauen durch den Begriff diskriminiert werden. Aber sie werden durch den Höhner-Text nicht diskriminiert, weder vom Karneval noch etwas anderem ausgeschlossen. Mit der Liedzeile sollen Frauen auch nicht herabgewürdigt oder beleidigt werden.

Das Wort "lecker" im Kölschen

Schließlich lässt sich das Wort "lecker" im Kölschen mit "schön" oder "attraktiv" gleichsetzen. Das spielt zwar aufs Äußere der Frau an, reduziert sie aber nicht darauf. Intelligent kann die Dame ja trotzdem auch noch sein.

Und wäre die Huldigung weiblicher Schönheit sexistisch, müsste man sich auch über jedes Liebeslied brüskieren, in dem Ed Sheeran oder ein anderer über die Schönheit seiner Angebeteten singt. Oder jeden Lyriker als Sexisten verurteilen, der in romantischen Gedichten die äußerlichen Liebreize seiner Herzensdame lobt. Etwa Heinrich Heine, wenn er schreibt: "Welcher Busen, Hals und Kehle! / Höher seh ich nicht genau." Okay, kein gutes Beispiel. Den sollte mal einer canceln.

Ein Sexist müsste jeder sein, der einmal einen Liebesbrief verfasste, in dem er auf die Schönheit der Empfängerin eingegangen ist, jedes Kompliment zum Äußeren müsste als Ausdruck einer sexistischen Geisteshaltung geächtet werden.

Poppe, Kaate, Meckern

Und möchte man die "schöne Frau" als ein sexistisches Rollenbild verstehen, dann sollte man sich auch einmal die männlichen Rollenbilder im Kölner Karneval ansehen. Schließlich wird auch das klassisch-männliche Bild des Kämpfers und Beschützers in Uniform auf die Schippe genommen, wenn Rote und Blaue Funken in Waffenrock und Dreispitz durch die Altstadt marschieren und dabei "Poppe, Kaate, Danze" von Brings anstimmen.

Wahrscheinlich aber sollten die Jecken auch auf dieses Lied verzichten, weil es nicht mehr zeitgemäß ist. Oder aber man betrachtet den Karneval als das, was er ursprünglich war: Als eine Gelegenheit, die Leichtigkeit über den Ernst zu stellen und sich über Dinge zu amüsieren, wo es sonst vielleicht nicht möglich ist.

Der Beschwerdeführerin ist deshalb zu wünschen, dass sie im Sinne des Karnevals nicht alle Dinge so bierernst nimmt wie jenen Text der Höhner. Trinken Sie doch einen mit, schunkeln Sie ein wenig und haben Sie ein bisschen Freude. Das Leben ist ernst genug. Aber lassen Sie bloß Ihr Indianer-Kostüm zuhause!

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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