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Zum journalistischen Leitbild von t-online.1. FC Köln Erstmals "Struber raus"-Rufe: Er sieht sich als "Blitzableiter"

Beim 1. FC Köln herrscht nach dem enttäuschenden 1:1 (0:0)-Unentschieden gegen Absteiger Jahn Regensburg Wut und Frust. Die Fans schossen dabei erstmals auch gegen Trainer Gerhard Struber.
Wenn die Fans des 1. FC Köln auf der Südtribüne nach 45 Minuten erstmals "Wir wollen Euch kämpfen sehen" in Richtung der eigenen Mannschaft rufen, sagt das bereits viel über die gezeigte Leistung des vormaligen Tabellenführers gegen den feststehenden Absteiger aus. Mit Schlusspfiff des ersten Durchgangs gab es schließlich ein gellendes Pfeifkonzert von den Rängen, gefolgt von ersten zaghaften "Struber raus"-Rufen.
Am Ende der enttäuschenden 90 Minuten wurden die Forderungen nach einer Ablösung des Trainers schließlich unüberhörbar. Die Fans ließen nach dem 1:1-Unentschieden gegen das Tabellenschlusslicht und der einmal mehr verpassten Vorentscheidung im Aufstiegskampf ihren Frust raus. Auch Sportchef Christian Keller geriet deutlich hörbar in den Fokus der Enttäuschung.
"Struber raus"-Rufe? Hübers: "Ist nicht mein Bier"
"Das Pfeifkonzert deckt sich in etwa mit der Stimmungslage, die wir nach dem Abpfiff hatten", zeigte Kapitän Timo Hübers hinterher Verständnis für den Unmut der eigenen Anhänger. Zu den Rufen gegen Gerhard Struber wollte sich der Innenverteidiger allerdings nicht äußern. "Das ist nicht mein Bier. Am Ende sind wir Spieler auf dem Platz dafür da, dass es gar nicht zu solchen Situationen kommt."
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Während des Spiels nehme man die Pfiffe und Rufe zwar wahr, "aber da muss jeder resilient genug sein, trotzdem an seine Leistung anzuknüpfen. Deswegen sollte das die Mannschaft eigentlich nicht tangieren", meinte der Abwehrspieler. Torhüter Marvin Schwäbe nahm seinen Trainer derweil in Schutz: "Er steht bei uns hoch im Kurs, da brauchen wir nicht drüber reden. Er hat uns auch heute wieder super eingestellt."
Gerhard Struber als "Blitzableiter"
Für den Österreicher selbst, der sich erstmals in dieser Saison mit Rufen gegen seine Person konfrontiert sah, sei es freilich "nicht fein" gewesen. Gleichzeitig ist das eine gewisse Normalität. Dass ich hin und wieder der Blitzableiter bin, ist doch klar. In dieser Verantwortung bin ich als Cheftrainer des FC.“
Geschäftsführer Keller empfand die Pfiffe und Rufe derweil als "vollkommen zu Unrecht." Vielmehr habe der Sportchef einen kämpferischen Auftritt der Mannschaft gesehen. Struber habe daher auch "zu 100 Prozent" das Vertrauen. Eine kurzfristige Entlassung zwei Spieltage vor Saisonende "kann ich ausschließen, weil ich von sowas nichts halte", sagte Keller.
"Mir ist klar, dass sich der Frust entlädt, weil jeder mit einem Heimsieg, mit einem vorfinalen Schritt gerechnet hat", ergänzte der selbst in der Kritik stehende Sportchef, wünschte sich aber vielmehr Rückenwind: "für die Mannschaft und auch für den Trainer." Die Geduld der Fans scheint jedoch inzwischen mehr und mehr aufgebraucht.
Die weiteren Stimmen zum Spiel
Timo Hübers: "Es ist Wut und Enttäuschung dabei, dass wir das Spiel heute als vorher Tabellenerster gegen den Letzten nicht gewinnen konnten. Deswegen ist da Verständnis dabei. Es kommt ja auch nicht von ungefähr, wir haben die letzten zwei Spiele gar kein gutes Gesicht gezeigt. Ich hatte das Gefühl, dass wir gut eingestellt sind und eine gute Energie hatten. Da habe ich mich dann auch getäuscht in dem Auftreten. Ob es Angst oder zu viel Respekt vor dem großen Ziel ist, weiß ich nicht. Es ist kein Motivationsthema, hier schlurft niemand über den Platz. Fußball ist immer ein Tagesgeschäft und mal bist du der Depp – heute sind wir ein richtig großer Depp. Wir müssen jetzt nochmal den Schalter umlegen, ansonsten wird es sehr eng. Wir müssen jetzt intern sprechen und uns nicht von Nebenkriegsschauplätzen oder äußeren Einflüssen leiten lassen. Es bringt nichts, sich die Köpfe einzuschlagen."
Marvin Schwäbe: "Man hat gesehen, dass wir wollten und gut eingestellt waren. Die Räume, die wir bespielen wollten, haben wir auch bespielt. Es war aber ein Stück weit unsauber, und wir waren im letzten Drittel nicht so effizient. Regensburg stellt sich dann in den eigenen Sechzehner und wir spielen Handball, das macht es nicht einfacher. Angst spielt bei uns keine Rolle. Wir haben uns vor die Fans gestellt und uns ein paar Takte angehört, wir haben uns auch gerade vom Trainer ein paar Takte angehört. Es ist absolut verständlich, dass die Situation unzufriedenstellend ist. Man darf aber nicht vergessen, dass wir immer noch auf einem Aufstiegsplatz stehen. Das haben wir uns über lange Phasen erarbeitet. Wenn wir am Freitag in Nürnberg daran anknüpfen, bin ich fest davon überzeugt, dass wir unser Ziel erreichen."
Christian Keller: "Ich habe eine Mannschaft gesehen, die versucht hat, alles für das Spiel zu investieren. Die Mannschaft hat sich viele Torchancen herausgespielt und war dominant. Man kann die ein oder andere Situation im letzten Drittel besser lösen, um zu noch klareren Torchancen zu kommen. Im Endeffekt hatten wir aber genug Torchancen, um den Gegner zu besiegen. Das haben wir nicht geschafft und das nervt. Die Stimmung ist, als ob wir etwas total versaut hätten. Wir haben eine große Chance vergeben, aber wir haben nach wie vor alles in der eigenen Hand."
Gerhard Struber: "Das Ergebnis ist richtig enttäuschend und niederschmetternd. Wir hatten die Erwartung, klar ins Punkten zu kommen. Wir wollten auch unser Torekonto aufpolieren. Es gab viele Möglichkeiten, die Führung auszubauen, um drei Punkte zu holen. Wir waren aber zu ineffizient. Das ist ernüchternd, weil wir ganz andere Erwartungen hatten. Wir haben weiter eine komfortable Situation. Wir müssen jetzt klar am Ruder bleiben und die Situation managen."
Andreas Patz: "Wir sitzen hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wir sind sehr stolz, wie sich die Mannschaft präsentiert hat. Andererseits tut es mir extrem leid, wie die Gesamtsituation ist. Umso beeindruckender, wie sich die Mannschaft reingehauen hat. Das macht mich unglaublich stolz. Das weinende Auge überwiegt mit dem Abstieg. Das tut mir unglaublich leid, und wir werden versuchen, uns bestmöglich aus der Liga zu verabschieden. Das ist uns hier in Köln schon gut gelungen."
- Reporterin vor Ort