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"Sahila"-Sterneköchin Julia Komp: "Korea war eine Erlösung"


Kölner Starköchin im Interview
"Wer kocht bei Ihnen zu Hause?" – "Eigentlich keiner"

Aktualisiert am 06.06.2023Lesedauer: 6 Min.
www.mb-photodesign.comVergrößern des BildesDie Sterneköchin Julia Komp in ihrem Restaurant. (Quelle: Mélanie Bauer) (Quelle: www.mb-photodesign.com)
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Die Kölner Sterneköchin Julia Komp spricht im Interview über die Arbeit in der Sternegastronomie als Frau und erzählt von einer Weltreise, die ihre Gerichte beeinflusst hat.

Julia Komp erhielt mit 27 Jahren ihren ersten Michelinstern – und war damit die jüngste Sterneköchin Deutschlands. Anfang 2022 eröffnete sie ihr eigenes Restaurant "Sahila" in Köln und bekam bereits im folgenden Jahr einen weiteren ersten Stern. Für das stetig wechselnde Menü im "Sahila" ließ sie sich von einer 14-monatigen Weltreise inspirieren.

t-online hat die Sterneköchin in ihrem Restaurant getroffen, bevor sie und ihr Team das Menü für den Abend vorbereiten mussten.

t-online: Frau Komp, Sie betreiben Ihr Restaurant gemeinsam mit Ihrem Mann und wohnen mit ihm auch dort. Wer kocht bei Ihnen zu Hause?

Julia Komp: Eigentlich keiner (lacht). In unserer Wohnung über dem Restaurant gibt es nur eine kleine Küche. Wir essen an den Arbeitstagen unser Personalessen und an unserem freien Tag sind wir meistens unterwegs.

In vielen Haushalten kocht meist noch die Frau. Dennoch sind in der Sterneküche nur vier Prozent der Köche Frauen. Woran liegt das?

Als Köchin muss man abends und am Wochenende arbeiten. Der Druck ist immens hoch. Am Anfang der Ausbildung sind es noch viele Frauen. In meiner Ausbildung waren wir zwei Mädels. Je älter ich geworden bin, desto weniger Frauen sind es geworden. Die meisten entscheiden sich dann doch für die Familie. Bei uns im Restaurant arbeiten trotzdem mehrheitlich Frauen.

Ist es schwer, den Beruf mit einer Familie zu vereinbaren?

Ich denke schon! Mein Arbeitstag beginnt aktuell um 10 Uhr und endet um 24 oder 1 Uhr. Tagsüber könnte man vielleicht eine Lösung finden, um zu Hause bei der Familie zu sein. Aber abends findet der Service statt und da ist es wichtig, dass ich in der Küche bin. Die Kinder ins Bett zu bringen, wenn das Restaurant gut gefüllt ist, wird schwierig. Dafür müsste dann der Mann einspringen. Allerdings ist das für jemanden, der das Ganze zu zweit macht und nicht wie wir im Restaurant lebt, schon schwer umsetzbar, aber nicht unmöglich. Es gibt viele Familienbetriebe, die es seit Generationen schaffen.

Sie wurden bereits mit 27 Jahren jüngste Sterneköchin Deutschlands. Wie schafft man das in einer solchen Männerdomäne?

Für mich war es eine normale Arbeit. Ich habe meinen Job so gemacht, wie ich ihn machen sollte und so gearbeitet, als wäre es mein eigener Laden. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch nicht das Gefühl, es würde einen großen Unterschied machen, ob ich eine Frau oder ein Mann bin. Nach meiner Ausbildung wurden es zwar immer weniger Frauen, aber das war nicht außergewöhnlich. In einer Autowerkstatt arbeiten auch mehr Männer als Frauen. Und da findet es auch niemand schlimm.

Was also raten Sie jungen Frauen, die diesen Weg beschreiten wollen?

Mein Tipp ist nicht außergewöhnlich: dranbleiben und jeden Tag ein Stückchen besser werden. Man braucht ein bisschen Energie, man braucht Ehrgeiz, man braucht auch ein Ziel, worauf man hinarbeitet. Wenn man mit Leidenschaft kocht, merken das auch die Gäste.

Auf welches Ziel haben Sie zugearbeitet?

Für mich war vom ersten Tag meiner Ausbildung klar, dass ich mal Sterneköchin werden möchte. Das hat dann viel schneller geklappt als geplant. Und dann war ich auch erst ein wenig sprachlos. Nach dem Motto: "Oh, jetzt ist das Ziel erreicht. Was kommt jetzt?"

Entstand da die Idee zu Ihrem eigenen Restaurant?

Der Plan, ein eigenes Restaurant zu haben, bestand schon immer. Ich habe den Plan aber immer wieder auf Eis gelegt. Wenn ich mir meine Chefs angeschaut habe und gesehen habe, wie sie nur noch im Restaurant leben und keine Freizeit mehr hatten, dann wollte ich das noch nicht. Da war es schon angenehmer, angestellt zu sein.

Wie hat sich diese Einstellung gewandelt?

Irgendwann kam der Punkt, an dem ich keine Lust mehr hatte, meine Energie in jemand anderes zu stecken. Dafür habe ich mit zu viel Liebe gekocht und zu viele Stunden gearbeitet. Deswegen habe ich mir irgendwann gedacht, wenn ich schon so viel arbeite, dann wenigstens für mich selbst.

Der Ton in der Gastronomie und insbesondere in der Küche kann sehr rau sein. Das mag einige abschrecken. Wie wird in Ihrer Küche kommuniziert?

Ganz normal (lacht).

Das heißt?

Wir reden in der Küche so, wie ich jetzt auch mit Ihnen rede. Die Zeiten haben sich verändert. Schon in meiner Ausbildung war immer Ruhe, der Chef wurde selten laut. Er war konzentriert und streng, dabei aber immer fair. Ich habe das Gefühl, heute sind die Menschen sensibler geworden.

Inwiefern?

Es ist wichtig, dass man auch über Probleme reden kann. Wenn mal etwas schiefgelaufen ist, dann ist das halt so. Wir versuchen dann alle, nach Lösungen zu suchen. Natürlich ist die Stimmung dann auch mal angespannt, aber es bringt gar nichts, in diesem Moment auszurasten.

Bevor Sie Ihr eigenes Restaurant eröffnet haben, sind Sie 14 Monate durch die Welt gereist und haben Inspirationen gesammelt. Was war das Wichtigste, was Sie dabei übers Kochen gelernt haben?

Im ersten halben Jahr war ich eher wie eine Praktikantin in verschiedenen Restaurants und bin von einem zum nächsten gereist. Danach war ich Gastköchin und habe meine Gerichte gekocht, dabei hatte ich die Möglichkeit, das Land zu entdecken. Kulinarisch haben mich Korea und Indien am meisten beeindruckt.

Was hat Sie dort beeindruckt?

In Indien war es die Gewürzvielfalt und die Qualität der Gewürze. Das ist unglaublich! Ich hatte einen Sternanis, der so groß wie meine Handfläche war. Und der Duft der Gewürze ist Wahnsinn. Korea war dagegen eine Erlösung, da es dort endlich frisches und gesundes Gemüse gab.

Gab es in den anderen Ländern kein Gemüse?

Nicht so, wie wir es essen, also in größeren Portionen. Und wenn, dann immer ziemlich fettig. In Korea gab es viel eingelegtes oder fermentiertes Gemüse, den leckeren Kimchi.

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Welches Gericht, das Sie noch nicht kannten, hat Sie am meisten beeindruckt?

Das war nicht auf dieser Reise, sondern eine Reise nach Singapur, die ich mit 19 Jahren gemacht habe. Ich habe dort eine Art Dim Sum, das sind Teigtaschen, gegessen, die innen flüssig waren. Man hat die ganze Teigtasche in den Mund genommen und die ist dann im Mund explodiert und man konnte die würzige Soße schmecken.

Und welches mochten Sie überhaupt nicht?

Also in China würde ich sagen, gab es schon viele Sachen, wo man sich überwinden musste. Aber die waren schlussendlich dann doch ok. Nur die frittierte Kakerlake in Thailand habe ich nicht probiert, das war mir dann doch zu eklig.

Was zeichnet ein richtig gutes Gericht aus?

Ich denke, Frische und Säure. Wenn zwischendurch kleine Zitrusaromen den Gaumen kitzeln und dabei noch eine gewisse Schärfe dazukommt, ist ein Gericht gut. Und natürlich genug Salz.

Sind das auch die Kriterien, nach denen Sie Ihre Gerichte entwickeln?

Jedes Menü ist bei uns eine Reise um die Welt und jedes Gericht ist von einem anderen Land inspiriert. Dabei ist die Herangehensweise unterschiedlich. Manchmal sehe ich ein Foto und denke: "Der Teller sieht nett aus. Welches Gericht könnte man denn auf diese Art anrichten?" Oder man hat ein Gericht vor Augen, wo man sich denkt: "Wie kann ich das in eine schöne Form bringen, ohne den authentischen Geschmack zu verlieren."

Also spielt Optik eine große Rolle?

Ja! Unsere Handschrift im Restaurant ist sehr feminin. Wir arbeiten mit ausgestochenen Blüten und kleinen Mustern oder Formen, die zum Thema passen. Das ist mir schon wichtig. Noch wichtiger ist aber der Geschmack. Was nützt das schönste Foto, wenn das Essen nicht schmeckt?

Wo sehen Sie die Zukunft der Sterneküche?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Nach der Geschichte am Tegernsee werden vielleicht noch weitere Menschen abgeschreckt. Dazu kommt der bestehende Fachkräftemangel. Auch uns fällt es schwer, neue Leute zu finden – wir sind beispielsweise gerade auf der Suche nach einem engagierten Azubi im Service. Trotz aller Widrigkeiten glaube ich aber, dass es immer eine gehobene Küche geben wird. Als Köche und Köchinnen sollten wir daran arbeiten, dass die Arbeit in der Spitzenküche wieder attraktiver wird.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Komp.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Julia Komp
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