Nachwuchs bei den Pinguinen Kleines Wunder im Zoo: Wie Pinte dem Tod entkam
Zum ersten Mal seit 15 Jahren sind im Kölner Zoo Humboldt-Pinguin-Küken geschlüpft. Eines war dem Tod nah – bis ein Tierpfleger es per Hand aufzog und rettete.
Das genaue Datum des Schlupftages lässt sich nicht mit Sicherheit sagen: Die Eiablage und Brut erfolgten in den schwer einsehbaren Höhlen der Pinguin-Anlage. Fest steht: Es ist das erste Mal seit 15 Jahren, dass die Pinguine in Köln Nachwuchs erfolgreich aufziehen.
Tierpfleger Julian Heck hat dazu entscheidend beigetragen. Wenige Tage nach dem Schlüpfen entdeckte Heck ein Küken erschöpft, ausgekühlt und nahezu regungslos vor einer der Bruthöhlen. "So wie es da lag, hätte es eine halbe Stunde später auch nicht mehr am Leben sein können", sagt Heck rückblickend. Unterkühlung bringt Küken oft in einen reglosen Zustand. Möwen oder Krähen hätten ihn leicht entdecken können – ein gefundenes Fressen.
Handaufzucht unter besonderen Bedingungen
Heck zögerte nicht. Er nahm das Küken mit nach Hause, versorgte es in einem Brutschrank im Wohnzimmer, wärmte es und begann mit der aufwendigen Handaufzucht. Sechs Fütterungen täglich waren nötig – mit püriertem Fisch, auf Körpertemperatur gebracht, und vorsichtig per Spritze verabreicht. "Jede Fütterung war ein Risiko", so Heck. "Wenn Brei in die Luftröhre gelangt, kann das tödlich sein."
Auch die hygienischen Anforderungen waren hoch. Zu Hause wurden Einweghandschuhe verwendet, alle Kontaktflächen klar getrennt. "Man zieht so ein Tier in einer ganz normalen Familienwohnung auf – das braucht Planung."
Nach zwei Tagen kam das Küken zurück in den Zoo – zunächst weiter unter menschlicher Betreuung. Später gelang die Rückführung zur Pinguin-Familie: Das Tier blieb in der Gruppe, wurde aber weiterhin zusätzlich gefüttert.
Überraschung ist groß: zweites Küken existiert
Etwa zehn Tage nach Pintes Fund wurde ein zweites Küken entdeckt, das zunächst unbemerkt zur Welt gekommen war. Es war kräftiger, wurde von den Eltern durchgehend versorgt und zeigte eine stabile Entwicklung. "Wir wussten anfangs nicht, dass es überhaupt existiert", erklärt Heck. "Man sieht nicht viel in den Höhlen – und wir hatten mit Nachwuchs gar nicht mehr gerechnet."
Die beiden Jungtiere tragen inzwischen die Namen Pinte und Boba. Ob es sich um Männchen oder Weibchen handelt, wird erst eine DNA-Analyse in einigen Monaten zeigen. Derzeit leben beide gemeinsam in einer Nisthöhle, eingebettet in das soziale Gefüge der Kolonie. Trotz allem musste auch Boba zeitweise zusätzlich einmal pro Tag gefüttert werden.
Vom Ausnahmefall zur neuen Routine
Dass es dieses Mal geklappt hat, sieht das Zooteam auch als Ergebnis einer neuen Aufmerksamkeit. "Wir haben erkannt, wie entscheidend es ist, von Anfang an sehr genau hinzusehen", sagt Heck. Tägliche Kontrolle der Bruthöhlen und Gewichtskontrollen ab dem ersten Tag seien künftig Teil des Standardverfahrens. "So können wir frühzeitig eingreifen, wenn sich ein Jungtier nicht richtig entwickelt."
Inzwischen ist Pinte fast so weit, kleine Fische – etwa Sprotten – selbstständig am Stück zu fressen. "Dann wird es deutlich entspannter", so Heck. "Was am Anfang mit Fischbrei begann, wird nun allmählich zur Routine."
Derzeit leben 22 Humboldt-Pinguine im Kölner Zoo. Die beiden Elterntiere von Pinte und Boba sind jeweils zehn Jahre alt. Für das Zooteam bedeutet dieser Doppelerfolg mehr als einen geglückten Frühling: Er ist der Beginn eines neuen Kapitels in der Pinguinpflege am Rhein.
- Reporterin vor Ort