Pflanzlich statt tierisch In dieser Kölner Metzgerei ist alles vegan

Früher ein Wettbüro, bald eine Fleischerei. In der Venloer Straße eröffnet am 16. August ein neuer "Metzger". Der Clou: Alle Produkte sind vegan.
Auf dem Boden liegen Bretter kreuz und quer. An der rechten Wand stapelt sich ein Berg aus Holz und Paletten. Die beiden Kühltheken stehen noch nicht an ihrem Platz, sondern an der Wand mit den weißen Fliesen. Es riecht nach frischer Farbe. Baustellenleuchten bringen Licht in den hinteren Bereich. Plastikfolien auf den Fensterscheiben verdecken die gesprungenen Glasscheiben und verhindern neugierige Blicke von Passanten. Ein paar Plakate in Pastellfarben verraten jedoch, was hier schon bald eröffnet wird: eine Fleischerei – ganz ohne Fleisch.
Die Gründer, Saskia Kiesewetter und Jan Lachmann, stehen im Laden und strahlen. Und das, obwohl bis zur Eröffnung ihrer veganen Fleischerei in Ehrenfeld noch viel zu tun ist. Die größten Baustellen: Ein Kühlhaus und eine neue Fensterfront müssen eingebaut werden.
Vegane Fleischerei: Langjähriger Traum geht in Erfüllung
Seit sieben Jahren hegt Saskia Kiesewetter den Traum, eine vegane Metzgerei zu eröffnen. Sie lebt selbst vegan, vermisste aber von Anfang an den Geschmack von Fleisch. Es sei eine moralische Entscheidung gegen Tierleid gewesen, sagt sie, aber mit dem Angebot an Ersatzprodukten sei sie nicht zufrieden. "Es gibt im Supermarkt zwar immer mehr davon, aber von Fleischproduzenten, die weiter Tiere verarbeiten und verkaufen", erklärt sie.
Im vergangenen Jahr hat es ihr dann gereicht. Ihre bisherige Arbeit erfüllt sie nicht mehr – und in dem Moment kommt ihr wieder die Idee der veganen Metzgerei in den Kopf. Eine Onlinerecherche führt sie zum Konzept einer veganen Fleischerei aus Dresden, die nach Franchisepartnern sucht. "Ich habe mich sofort gemeldet und war zwei Wochen später zum Kennenlernen in Dresden. Nach einer Woche habe ich mich entschieden, das zu machen", sagt sie begeistert.
Allein erscheint es ihr dann aber doch zu viel – hier kommt ihr langjähriger Freund Jan Lachmann ins Spiel. Nach einer langen Reise kehrt er im Oktober nach Köln zurück und erfährt von Kiesewetters Plänen. Eigentlich ist er Erzieher in einem Waldkindergarten, kann sich eine Rückkehr dorthin aber wegen der Arbeitsbedingungen nicht vorstellen. Eine vegane Metzgerei und sein eigener Chef sein? "Ich war sofort begeistert!"
Hunderte Produkte im Sortiment
Durch den Hinweis eines Bekannten entdecken sie den leer stehenden Laden in der Venloer Straße 382 in Ehrenfeld. Zwischen veganen Cafés und dem "Falafel König" sind sich beide einig: Das ist der ideale Standort für ihr Geschäft. Sie unterzeichnen den Vertrag und beginnen sofort mit dem Innenausbau. Schnell sieht alles aus wie in einer klassischen Metzgerei: hohe weiße Fliesen, eine große Theke, Schürzen als Arbeitskleidung.
Kiesewetter und Lachmann sind beim Aufzählen des künftigen Angebots kaum zu stoppen. Würstchen, Frikadellen, Aufschnitt, Schnitzel, Braten, Fisch und sogar veganer Käse soll ab dem 16. August verkauft werden. Auch eine heiße Theke ist geplant. Hier wird es etwa Leberkäsebrötchen geben, Lachmanns Lieblingsprodukt. "Und es wird auch die eingerollte Scheibe Wurst für die Kleinen geben", verspricht die Gründerin augenzwinkernd.
Keine gesündere, aber tierleidfreie Alternative als Ziel
Die Produkte werden zum Großteil in der Manufaktur in Dresden hergestellt. Dort werden aus Seitan, Soja und Erbsenproteinen Fleischalternativen produziert. Die Feinkostsalate bereiten die beiden Geschäftsinhaber in ihrer Kölner Küche frisch zu. Alles Handarbeit und ausschließlich mit europäischen Zutaten, sagen die beiden. Ganz ohne Zusatzstoffe kommen sie freilich nicht aus. Klassische Wurst aus Fleisch enthält auch Zusatzstoffe, sagt Kiesewetter. "Der Anspruch von uns ist es nicht, eine gesündere Alternative zu bieten, sondern eine tierleidfreie."
Ihre vegane Fleischerei hat bei Instagram schon über 2.000 Follower. Viele warten sehnsüchtig auf die Eröffnung. Ein paar kritische Stimmen sind zwar auch dabei, aber es gibt keinen Hass oder gar Bedrohungen, wie es sie vor der Eröffnung des Ladens in Dresden gab. Eines haben die beiden aber schon festgestellt: Alle haben eine Meinung zu ihrem Konzept. Entweder ist diese positiv und wohlwollend oder ablehnend.
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Vegane Mettbrötchen zur Eröffnung
Saskia Kiesewetter und Jan Lachmann wollen Alternativen bieten und niemanden zu etwas zwingen. Man muss auch nicht vegan leben, um bei ihnen einzukaufen, sagt Kiesewetter. Doch wie wollen sie diejenigen überzeugen, die normalerweise zum tierischen Pendant greifen? "Durch den Geschmack", sagt Lachmann blitzschnell.
Bis es so weit ist, haben die beiden aber noch einiges vor sich. Am 16. August soll das Chaos beseitigt, die neue Fensterfront eingebaut und der Innenausbau abgeschlossen sein. Zur Eröffnung gibt es einen DJ, ein Glücksrad und Rabatte. Und Mettbrötchen? "Ja, natürlich, sicher! Dat wär doch sonst nix", verspricht Kiesewetter op Kölsch.
- Interview mit Saskia Kiesewetter und Jan Lachmann