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Corona: Kölner Intensivmediziner: "Ich sehe Frust, weil viele Patienten versterben"


Corona-Lage in Köln
Intensivmediziner: "Ich sehe Frust, weil viele Patienten versterben"

Von Judith Tausendfreund

Aktualisiert am 20.03.2021Lesedauer: 3 Min.
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Das Krankenhaus in Merheim: In der Lungenklinik werden viele Covid19-Patienten betreut.Vergrößern des Bildes
Das Krankenhaus in Merheim: In der Lungenklinik werden viele Covid19-Patienten betreut. (Quelle: Kliniken Köln/Rütten)

Seit über einem Jahr beschäftigt die Corona-Pandemie Deutschlands Mediziner und Pflegekräfte. Immer wieder hört und liest man von Intensivstationen am Limit und Pflegenotstand. Wie ist die Lage in Köln?

Seit mehreren Tagen hat sich die Corona-Inzidenz in Köln bei über 100 eingependelt. Die Fallzahlen verändern sich, die Arbeitsbelastung für die Mediziner und Pflegekräfte in den Kölner Intensivstationen bleibt. Doch während der Gesundheitsexperte Heinz Rothgang nach einem Bericht der "Tagesschau" mit einer Kündigungswelle nach der Pandemie rechnet, sehen dies viele Kölner Einrichtungen anders.

"Besondere Herausforderungen und schwere Zeiten"

Susanne Jost, Geschäftsführerin des St. Agatha Krankenhauses in Köln-Niehl, gibt zu, dass die Pandemie alle, "also das gesamte Krankenhauspersonal, vor besondere Herausforderungen stellt". Jedoch rechne sie auch jetzt, trotz der wieder steigenden Infektionszahlen, nicht mit einer Kündigungswelle des Pflegepersonals. Man pflege einen starken kollegialen Zusammenhalt und lege sehr großen Wert auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden.

"In diesen schweren Zeiten", wie es Jost formuliert, bekämen Kolleginnen und Kollegen im Bereich der Intensivversorgung und des speziellen Covid-Bereiches besondere Aufmerksamkeit. "Wir versuchen stets bestmöglich zu unterstützen, denn wir wissen um die langfristig negativen Umstände der Pandemie", so Jost. Dabei benennt sie konkret einzelne Angebote der Seelsorge und des Ethik-Teams. Außerdem gebe es ein "Mental Health Support Team", bestehend aus Ärzten und Therapeuten, "um alle Kollegen und Kolleginnen in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen", erklärt die Geschäftsführerin.

"Ich sehe Frust"

Einen etwas anderen Blickwinkel beschreibt Dr. Thorsten Schneider, Leitender Oberarzt und verantwortlich für die Intensivstation am St. Antonius Krankenhaus. Er selbst könne eher für die Ärzteschaft und weniger für das Pflegepersonal sprechen. "Wir freuen uns sicher alle, wenn es absehbar auch wieder weniger Covid-Patienten geben wird. Dennoch wird es dann für uns auch nicht weniger Arbeit geben, denn dann haben wir wieder mehr 'normale' Patienten auf unseren Stationen", so Schneider.

Dies hänge auch damit zusammen, dass man auf Wunsch der Regierung viele Operationen verschoben habe, eben um Kapazitäten für die Behandlung der Covid-19-Patienten zu ermöglichen. "Ich sehe keine Kündigungswellen. Aber ich sehe Frust, weil viele Patienten versterben", erklärt er. "Es gibt nach wie vor kein gezieltes Medikament, um Corona-Patienten zu behandeln", so der Mediziner. Das sei belastend. "Wir sehen immer wieder Menschen, die sich anstecken und ja, das frustriert dann auch, weil man sich fragt, ob das wirklich sein muss", erklärt er.

Schließlich sei bekannt, dass man eben vorsichtig sein müsse. Schneider betont aber auch, dass es nicht die Aufgabe der Ärzte sei, über das Verhalten zu urteilen. "Wir hören uns ja die Geschichten der Betroffenen an. Es sind oft dann doch familiäre Kontakte, die eine Ansteckung verursachen, aber es gehört dann dazu, sich nicht zu ärgern, sondern zu helfen. Denn das ist unsere Aufgabe", so Schneider.

Arbeit auf der Intensivstation bleibt anspruchsvoll

Im "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte sich aktuell auch Professor Christian Karagiannidis zur Lage auf den Kölner Intensivstationen geäußert. Der Leitende Oberarzt der Lungenklinik Köln-Merheim und wissenschaftlicher Leiter des bundesweiten Registers für Intensivbetten-Belegung sieht demnach die wieder ansteigenden Zahlen kritisch, auch durch die Ausbreitung der britischen Mutante.

Genau wie Schneider weiß er, dass die Arbeit auf den Intensivstationen erschöpfend ist – und zwar auch ohne Corona-Pandemie. Denn wenn die Zahl der Covid-Patienten zurückgeht, dann kommen die anderen Schwerstkranken dran. Die Lungenklinik gehört zu den Kliniken der Stadt Köln (Kliniken Köln). Auch die Krankenhäuser Holweide, Merheim und das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße sind dem Verbund angeschlossen. Auf acht Intensivstationen verfügen die Häuser über 120 Intensivplätze der unterschiedlichsten Fachrichtungen.

Pressesprecherin Sigrid Krebs bestätigt auf Anfrage, dass die Arbeit auf der Intensivstation anspruchsvoll ist: "Gerade auf den Stationen, in denen Covid-19-Patient*innen behandelt werden".

Dennoch könne man keine Kündigungswelle verzeichnen. Richtig sei, dass in allen Krankenhäusern in Deutschland seit Jahren ein Pflegekräftemangel zu verzeichnen sei. Um dem zu begegnen, haben sich die Kliniken einiges einfallen lassen. Neben vielen Angeboten im Bereich der Aus- und Weiterbildung gibt es beispielsweise ein strukturiertes Einarbeitungskonzept mit einem festen Ansprechpartner.

Kein Pflegenotstand in Köln

Eine aktuelle Pressemitteilung der Deutschen Krankenhausgesellschaft bestätigt diese Eindrücke. Hauptgeschäftsführer Georg Baum erklärt, man habe in den vergangenen zehn Jahren jährlich mehr Pflegekräfte eingestellt. Der gemeldete Rückgang bewege sich durchaus im Rahmen der vor allem altersbedingten Fluktuationen und könne auch mit Stellenbesetzungsproblemen unter Pandemiebedingungen erklärt werden.

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