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Schnick-Schnack-Schnuck-WM: "Bei uns herrscht Korruption"


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"Bei uns herrscht Korruption"
So geht es bei der Schnick-Schnack-Schnuck-WM zu


06.04.2022Lesedauer: 5 Min.
Zwei Kontrahenten beim Schnick-Schnack-Schnuck: Nur einer kann am Ende des Abends als Champion hervorgehen.Vergrößern des Bildes
Zwei Kontrahenten beim Schnick-Schnack-Schnuck: Nur einer kann am Ende des Abends als Champion hervorgehen. (Quelle: Dominik Sommerfeld/t-online)

Eine Kneipe, gute Laune und eine Hand – mehr braucht es nicht, um sich einen Abend wie ein Kind zu fühlen. Bei der Schnick-Schnack-Schnuck-WM spielen Kölner Champions um Ruhm und Ehre.

Er ist gekommen, um seinen Titel aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 zu verteidigen. Der leicht untersetzte, kahlköpfige Endzwanziger Horscht, der im wahren Leben Christopher heißt, betritt ganz unprätentiös die Bühne und fiebert seinem ersten Match seit Langem entgegen.

"Ich freue mich, dass die lange Corona-Pause endlich vorbei ist", sagt er, der amtierende Champion im Schnick, Schnack, Schnuck.

Köln: Das erste Schnick-Schnack-Schnuck-Turnier seit Corona

Der heutige "Weltcup" im Schnick, Schnack, Schnuck steigt in der "Kölschbar" in der Kölner Lindenstraße. Die kleine Kneipe ist an diesem letzten Donnerstagabend im März gut gefüllt. Rund 50 junge Leute johlen, lachen und freuen sich.

Denn: Nach zweijähriger Corona-Pause findet endlich wieder ein Turnier der ASSSociation – dem fiktiven Weltverband für Schnick, Schnack, Schuck – live statt. Alte Bekannte treffen sich wieder und umarmen sich. "Don’t Stop Me Now" von Queen dröhnt aus den Boxen.

In der kleinen Kneipe ist es stickig, Scheinwerfer tauchen das Podest aus Bierkästen, auf dem die Wettkämpfe heute ausgetragen werden, in Rot und Gelb. Dort steht schon Muharrem Sahin alias Mucca – schwarzer Anzug, weißes Hemd, schwarze Fliege und graue Schiebermütze auf der Glatze, das Mikrofon in der Hand. "Jeder, der mitmachen will, kann sich jetzt eintragen", ruft er durch den Raum. Mucca ist der Organisator des Abends.

"Bei uns herrscht Korruption"

Sofort bildet sich eine Traube rund um die Bühne. Die Chance auf einen Startplatz haben heute 32 Spielerinnen und Spieler. Den Startplatz bekommt man aber nicht einfach so, man erkauft ihn sich.

Dafür bekommt jeder Gast zu Beginn ein Startkapital in sogenannten Muccarones – einem Spielgeld, das Mucca als Spieleerfinder selbst druckt. Ganz offensiv sagt er: "Bei uns herrscht Korruption. Das geben wir offen zu, die Fifa lügt sich in die Tasche."

Je mehr Geld die Turnierteilnehmer in ihren Umschlag stecken, desto höher die Chancen auf einen Startplatz. Wer sein Startkapital erhöhen möchte, kann im Modus "Jeder gegen jeden" vorab um Muccarones spielen oder Wetten platzieren, während der DJ Trash von "Bibi und Tina" bis "All I Want for Christmas Is You" spielt.

In Muccas Welt wird mit Muccarones gezahlt

Horscht – so einen Kampfnamen gibt sich jeder Teilnehmer hier – hat es auf Startplatz acht geschafft. Wie weit er von dort aus kommen wird, zeigt sich später. Wer gewinnen will, muss fünf Duelle für sich entscheiden. Weltmeister wird, wer am Ende des Jahres nach elf Weltcups die meisten Punkte gesammelt hat.

Es ist jetzt 22 Uhr. Die Menge fiebert dem Start des Turniers entgegen. Unter Jubel und tosendem Applaus betritt Mucca wieder die Bühne. Bevor es aber wirklich losgeht, kommen noch Karten für eine Brauhaustour unter den Hammer.

Denn mit den Geldscheinen, die an die D-Mark erinnern und das Konterfei von Mucca tragen, kann man Dinge ersteigern. Aus allen Ecken hört man Gebote: "Viertausend, achttausend, zwanzigtausend!" Die Menschen winken mit Geldscheinen.

Rollender Stein: "Spieler wie ich haben nie Angst"

Dann werden die ersten beiden Kontrahenten auf die Bühne gerufen: "Ich bitte Pläte auf meine rechte Seite, Zero Mercy auf meine linke", ruft Mucca. Die beiden tauschen Zankereien aus, sie schubsen sich.

Beide geben sich siegesgewiss. Wer zuerst drei Punkte hat, kommt ins Achtelfinale. Jedes Match dauert zwei bis fünf Minuten. Die Duellanten geben sich heute Abend die Klinke in die Hand.

Das nächste Match spielt Rollender Stein. Er ist ein erfahrener Spieler. Mit breiter Brust steht er auf der Bühne. "Spieler wie ich haben nie Angst", sagt er voller Selbstbewusstsein. Unterdessen beobachtet Horscht seine potenziellen Gegner aufmerksam.

DJ Ü40 sorgt mit Baggy Pants für Partyatmosphäre

So folgt Match auf Match an diesem Abend, Sieger kommen, Verlierer gehen. Abseits der Bühne feiern und trinken die Leute, die mit dem Spielgeschehen nichts mehr zu tun haben. Sie hängen an der Theke herum und duellieren sich nebenbei mit anderen Gästen im Schnick, Schnack, Schnuck.

Der korpulente, etwas verschroben wirkende DJ Ü40 mit roter Wollmütze und aus der Zeit gefallenen Baggy Pants sorgt an seinem Mischpult auf einem hochkant stehenden Kickertisch für die richtige Partyatmosphäre. Er spielt Musik aus allen Genres – Funk, Pop, Rock, Filmmusik aus Kindertagen. Die Menschen tanzen, singen und trinken.

Das Drumherum macht das Spiel erst zum Event

Das ist wohl auch nötig, denn ohne das Drumherum wäre Schnick, Schnack, Schnuck sicher eine unspektakuläre Angelegenheit. So aber wird es zum Event.

Hinter all dem steht eine große Kölsch-Brauerei, die damit natürlich auch echtes Geld verdienen will. Das Konzept geht auf. Vor Corona hätten 100 Leute und mehr die skurrilen Kneipenspiele von Mucca besucht, sagt er. Dieses Niveau will er bald wieder erreichen.

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Mucca: "Bekloppte Freunde haben die Idee befeuert"

Die Idee zu den Events entstand zusammen mit einem Freund. Mucca sagt selbst, um so eine Idee zu haben, müsse man bekloppt genug sein und bekloppte Leute kennen.

Mucca hat Marketing studiert und früher mehrere Unternehmen geführt. Irgendwann wollte er es dann ruhiger angehen lassen. So kam er darauf, Schnick-Schnack-Schnuck-Events zu organisieren. "Du musst vom Leben noch was mitnehmen", habe sich Mucca damals gedacht.

Das Spiel ist eine Mischung aus Taktik und Glück

Strategien gibt es bei Schnick, Schnack, Schnuck viele. Seinen Gegner zu lesen, ist eine davon. "Wenn ich den anderen lese und mir merke, was er gezogen hat, kann ich das wie einen Code knacken", erklärt Spielleiter Mucca.

Codes zu knacken, scheint auch beim Spieler Rollender Stein die passende Strategie zu sein – oder er hat einfach nur Glück. Runde um Runde schmeißt er heute seine Gegner aus dem Turnier.

Auch die die Spielerin Jackson hat das Glück heute auf ihrer Seite. Und steht gegen ihn nach 90 Minuten im Finale. Mucca ist überrascht: "Ich sehe Rollender Stein zum ersten Mal seit gefühlt zehn Jahren im Finale."

Endlich wieder Kind sein

Worin die Faszination am Spiel Schnick, Schnack, Schnuck eigentlich liegt, ist für Mucca ganz einfach erklärt: "Es verbindet Menschen, es ist einfach, jeder kennt es und man kann sich wieder mal wie ein Kind fühlen."

Dieser Faktor macht für ihn den besonderen Reiz aus. "Erwachsene haben sehr viele Glücksgefühle, wenn sie sich wieder in kindliche Situationen zurückversetzen", ist Mucca überzeugt.

Der Titelverteidiger muss auf Revanche hoffen

Der Abend gibt ihm Recht. Die Gäste lächeln, lachen und singen vor Freude, wie man es in Pandemiezeiten lange nicht gesehen hat. Der Glücklichste von allen ist heute aber sicherlich Rollender Stein.

Er hat das Turnier souverän gewonnen. Jubelnd reckt er ein 3-Liter-Kölsch-Glas in die Höhe und macht Luftsprünge: "Nach zehn Jahren habe ich das erste Mal gewonnen", kommentiert er.

Und Titelverteidiger Horscht? Er musste sich gleich im ersten Duell einem Newcomer geschlagen geben. Eine bittere Niederlage für den Favoriten, aber er trägt es mit Fassung. Beim nächsten Weltcup in vier Wochen greift er wieder an.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Gespräche vor Ort
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