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Köln-Ehrenfeld: Anwohner sorgen sich wegen Drogenszene an Venloer Straße


Anwohner sind in Sorge
Crack-Welle schwemmt Drogenszene nach Ehrenfeld


Aktualisiert am 11.07.2025 - 13:27 UhrLesedauer: 4 Min.
Drogenszene in Ehrenfeld: Bis zu 30 Personen versammeln sich regelmäßig vor der Kirche St. Joseph.Vergrößern des Bildes
Drogenszene in Ehrenfeld: Bis zu 30 Personen versammeln sich regelmäßig vor der Kirche St. Joseph. (Quelle: Florian Eßer)
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In Köln-Ehrenfeld etabliert sich die offene Drogenszene. Die Abhängigen kommen aus der Innenstadt in das Veedel, die Anwohner wollen eine schnelle Lösung des Problems.

So gut besucht ist die Kirche St. Joseph an der Venloer Straße in Ehrenfeld sonst nur an Weihnachten: Rund 250 Anwohner und Geschäftsleute haben sich in dem Kirchenschiff versammelt – sie sind der Einladung des Ehrenfelder Bezirksbürgermeisters Volker Spelthann (Grüne) gefolgt, der zusammen mit der Pfarrgemeinde, KVB, Ordnungsamt und Polizei zu einem Infoabend getrommelt hat. Der große Andrang zeigt, wie wichtig das Thema der Veranstaltung ist. Denn es geht um die offene Drogenszene, die sich seit einigen Monaten vermehrt rund um die Kirche ansiedelt.

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Seit dem Winter 2024 etabliert sich die Szene an der Venloer Straße, Ordnungsamt und Polizei registrieren seitdem eine enorme Zunahme von Meldungen und Beschwerden aus der Nachbarschaft. Auch bei dem Infoabend erzählen Anwohner sowie Gewerbetreibende von ihren Eindrücken – viele von ihnen sind angesichts der Entwicklungen in Sorge.

Crack, Verwahrlosung, Fäkalien und Sex

Der Drogenhandel und der Konsum von Rauschgift finde in aller Öffentlichkeit statt, auf den Stromkästen würden die Drogen portioniert. Rund um die Kirche und in der nahen U-Bahnhaltestelle "Körnerstraße" riecht es streng nach Urin und Fäkalien, die Abhängigen erleichtern sich nach Angaben der Anwohner auf den Bürgersteigen und in der Zwischenebene der Haltestelle. Frauen und Kinder seien bereits angegangen worden, viele der Drogenkonsumenten seien aggressiv und enthemmt – Anwohner erzählen auch von nackten Personen und von Paaren, die öffentlich Sex haben. Für die Nachbarschaft unhaltbare Zustände.

Der Gastronom Marcus Wirtz betreibt die "Red Fox Bar" in der benachbarten Klarastraße. Auch er beobachtet seit Monaten eine zunehmende Verwahrlosung. Bereits zur Mittagszeit würden Drogenabhängige auf der Straße Crack rauchen und sich Heroin spritzen. Viele Menschen würden sich nicht mehr trauen, durch die Straße zu gehen – das wirke sich auch auf sein Geschäft aus. Eltern sorgen sich um ihre Kinder. Denn: Auch auf den Spielplätzen in der Nähe werde mit Drogen gehandelt und Rauschgift konsumiert, erzählen sie bei der Infoveranstaltung.

Abhängige ziehen aus der Innenstadt in andere Veedel

Sozialarbeiter Stefan Lehmann vom Gesundheitsamt der Stadt Köln versucht, Antworten auf die Frage zu finden, wieso sich die Drogenszene inzwischen in Ehrenfeld ausbreitet. Er führt das Phänomen auf den wachsenden Konsum der Droge Crack innerhalb der Szene zurück. Dabei handelt es sich um rauchbares Kokain. Der Konsum von Crack in Köln übertrifft inzwischen den von Heroin, besonders auf dem Neumarkt in der Innenstadt ist Crack die neue Nummer eins der illegalen Drogen.

Stadt, Ordnungsbehörde und Polizei reagierten auf zunehmenden Crack-Konsum mit Härte. Am Friesenplatz, dem Appelhofplatz und am Neumarkt wurden die "repressiven Maßnahmen" deutlich erhöht. Die Kontrollen und die gestiegene Präsenz der Polizei führten zu einer teilweisen Verdrängung der Drogenszene. Dealer und Anhängige suchten sich neue Plätze, zogen etwa zum Josef-Haubrich-Hof an der Stadtbibliothek oder in die Lungengasse. Ein "kleiner Teil" von etwa 30 Personen aber sei nach Ehrenfeld abgewandert – auch, weil der Stadtteil durch die KVB-Linien 3 und 4 gut an die Innenstadt angeschlossen ist.

"Man vergisst durch die Sucht alles andere"

Laut Sozialarbeiter Lehmann hätten sich die Dealer hier an der Kirche St. Joseph etabliert, folglich zögen ihnen die Abhängigen hinterher. Die Sucht nach Crack bestimme den Alltag der Konsumenten und ziehe eine "extrem starke Verwahrlosung und Verelendung mit sich", so Lehmann. "Man vergisst durch die Sucht alles andere", erklärt der Sozialarbeiter. So leidet die Hygiene der Betroffenen, sie verrichten ihre Geschäfte an Ort und Stelle, verhalten sich mitunter aggressiv. Kurz gesagt: Außer Crack ist alles egal.

"Das ist das, was Sie hier gerade erleben", sagt Lehmann den Anwohnern, die seinen Ausführungen im Kirchenschiff lauschen. Die wollen aber nicht nur Erklärungen, sondern auch eine Lösung des Problems. Dass diese nicht leicht zu finden ist, weiß die für Ehrenfeld zuständige Polizeidirektorin Mareike de Valck.

Polizei hat Präsenz vor Ort verstärkt

Die Polizei habe als Antwort auf die Problematik bereits ihre Präsenz erhöht, führe Schwerpunkteinsätze durch und setze auch Beamte in Zivil ein, sagt sie. Ziel sei dabei auch, die Dealer zu identifizieren, um den Handel mit Betäubungsmitteln vor Ort einzudämmen. Um der Lage Herr zu werden, arbeitet die Polizei eng mit Ordnungsamt und KVB zusammen – alleine aber könnten die Institutionen das Problem nicht in den Griff bekommen. Dafür brauche es auch die Politik.

Das sieht Bezirksbürgermeister Volker Spelthann genauso. Ihm zufolge brauche es vonseiten des Kölner Stadtrats ein "drogenpolitisches Gesamtkonzept, das die Drogenszene nicht in die Wohngebiete schwemmt." Ziel müsse es sein, den suchtkranken Menschen dauerhaft zu helfen und sie nicht nur von einem Stadtteil in den anderen zu drängen.

Immerhin: Inzwischen reinigt die AWB den Bereich um St. Joseph herum täglich, um ihn von Müll, Fäkalien und anderen Hinterlassenschaften zu befreien. Das lindert zumindest die unangenehmen Begleiterscheinungen. "Eine einfache Lösung gibt es gerade bei diesem Thema aber leider nicht", sagt der Bezirksbürgermeister – auch wenn das wie eine Plattitüde klinge.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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