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Kölnerin mit Lernbehinderung kandidiert für Landtag in NRW


Wegen Lernbehinderung
Kölner Landtagskandidatin: "Keiner hat mich ernst genommen"


08.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Laura Loscheider am Mikrofon: Laura Lohscheider möchte in den NRW-Landtag und kämpft gegen Widerstände wegen ihrer Lernbehinderung.Vergrößern des Bildes
Laura Loscheider am Mikrofon: Laura Loscheider möchte in den NRW-Landtag und kämpft gegen Widerstände wegen ihrer Lernbehinderung. (Quelle: Laura Loscheider/Volt)

Laura Loscheider erfährt durch ihre leichte geistige Behinderung Tag für Tag Nachteile. Dagegen will sie im NRW-Landtag kämpfen. Doch bis zur Kandidatur war es ein steiniger Weg.

Als Laura Loscheider sich dazu entschieden hat, für den Landtag zu kandidieren, ahnte sie schon, dass das für sie nicht einfach werden würde. Immer wieder rennt sie im Alltag gegen Wände an, denn sie wird nicht ernst genommen – nur weil sie eine leichte Lernbehinderung hat.

"Man kriegt immer irgendwie Steine in den Weg gelegt, wenn man in einer Behindertenwerkstatt arbeitet. Das habe ich an vielen Stellen in meinem Leben gemerkt", sagt sie enttäuscht. Dabei weiß sie ganz genau, was sie will.

Sie spricht und denkt zwar etwas langsamer, aber tritt für ihre Rechte ein. Sie will für den Wahlkreis Köln IV die Partei "Volt" im nächsten NRW-Landtag vertreten und kämpft dafür.

Laura bekam viel Unterstützung aus ihrer Partei

Ihre Zweifel waren groß. Ihre Parteikollegen haben Laura aber sehr unterstützt. Als sie schon fast aufgeben wollte, hat sie von allen Seiten Zuspruch bekommen. Allen voran Andrea Browers, die Kölner Volt-Vorsitzende:

"Wir haben uns darüber unterhalten, dass ich ihr das auf jeden Fall zutrauen würde. Ich finde das großartig, weil Politik immer auch von denen gemacht werden sollte, die sie betrifft. Sie hat eine völlig andere Sichtweise", sagt Browers. Seitdem unterstützt sie die resolute Frau, wo sie kann.

"Man hört mir oft einfach nicht richtig zu"

Dass Laura Loscheider es draufhat, hat sie ihren Parteikollegen bei der Kandidatenaufstellung ihrer Partei in Recklinghausen gezeigt. Ganz frei, überzeugend und voller Leidenschaft habe sie ihre Anliegen vor 140 Leuten präsentiert, erzählt Browers. "Wir haben sogar Taschentücher verteilt." Hier wird ihr zugehört. "Andere hören mir nicht zu und nehmen mich nicht ernst", erzählt Loscheider.

Wie wenig Gehör sie findet, bekam sie dann wenig später zu spüren, als sie der Behindertenwerkstatt, in der sie arbeitet, erklären wollte, dass sie nun offiziell Landtagskandidatin ist und dafür freigestellt werden möchte. Das steht jedem Arbeitnehmer normalerweise zu. Laura Loscheider wollte man das aber nicht gewähren. Sie sollte dafür ihren gesamten Jahresurlaub nehmen.

Bis die Behindertenwerkstatt, für die sie bei Ikea Regale bestückt und Kunden berät, erst mal verstanden hat, dass sie wirklich Landtagskandidatin ist, musste sie unglaublich viel Zeit investieren, erzählt sie: "Ich weiß gar nicht, wie oft ich mit der Mitarbeiterverwaltung telefoniert habe."

Nachweise für Kandidatur gefordert

"Der soziale Dienst, der sich um die Mitarbeiter kümmert, hatte auch keine Ahnung, ob mir die Freistellung zusteht." Die Telefonate allein haben aber nicht viel genutzt. Man wollte Nachweise über ihre Kandidatur.

Für Andrea Browers ist das komplett neu: "Das habe ich noch nie erlebt, dass jemand nachweisen musste, dass er Parteimitglied und Landtagskandidat ist", sagt Andrea Browers. Erst als sie und der Landesvorstand von Volt je zwei offizielle Briefe geschrieben haben, hatte die Werkstatt ein Einsehen. "Kein Wunder, dass ich schon überlegt habe, aufzugeben."

Browers: "Verhalten gegenüber Laura ist respektlos"

Obendrein hatte die 28-Jährige immer wieder Schwierigkeiten, mit ihrem Anliegen allein bei den Offiziellen durchzudringen. Immer wieder musste eine Person zur Unterstützung mitkommen. "Wenn ich dabei war, waren die Leute viel kooperativer und bemühter, Laura zu helfen", sagt Andrea Browers betrübt.

"Ich fand haarsträubend, dass sie sich einfach nein gesagt haben. Dazu haben sie kein Recht." Der Landschaftsverband Rheinland hat den beiden bestätigt, dass ihr die Freistellung zusteht. Browers findet dieses Verhalten respektlos. Schließlich gehe es um ihr Anliegen.

Die Mühen haben sich gelohnt

Letztlich haben sich die Mühen gelohnt. Zwei Monate nachdem Laura Loscheider ihre Kandidatur offiziell gemacht hatte, kam endlich die Bestätigung: Ja, sie wird für die Zeit der Landtagskandidatur von der Arbeit freigestellt und ihr Werkstattentgelt wird auch weitergezahlt.

Jetzt kann sie sich voll und ganz um ihr Wahlprogramm kümmern. Sie will sich für die Rechte Behinderter einsetzen und für mehr Barrierefreiheit kämpfen – auch in Sachen Bürokratie. Damit Menschen wie sie es künftig leichter haben, in die Politik zu gehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Laura Loscheider
  • Gespräch mit Andrea Browers
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