Bundesweite Ermittlungen Der Kampf gegen das "Königreich Deutschland" im Südwesten
Baden-Württemberg ist seit jeher ein Hort der "Reichsbürger". Nun hat der Bundesinnenminister das "Königreich Deutschland" verboten. Auch im Südwesten spielte die Gruppe keine unbedeutende Rolle.
Das bundesweite Vorgehen gegen die aktuell größte bekannte Gruppierung sogenannter Reichsbürger und Selbstverwalter hat auch Einsatzkräfte im Südwesten auf den Plan gerufen. Nach dem Verbot der Gruppe "Königreich Deutschland" wurde laut Innenministerium ein Wohngebäude einer Führungsperson des Vereins im Regierungsbezirk Stuttgart durchsucht. "Das zeigt, wir sind eine wehrhafte Demokratie", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ging es um ein Haus in der 6.200-Einwohner-Gemeinde Mainhardt im Landkreis Schwäbisch Hall. Beweismittel seien dort sichergestellt und die Verbotsverfügung übergeben worden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Eine zweistellige Anzahl an Polizeikräften sei vor Ort im Einsatz gewesen. Zu den Bewohnern des durchsuchten Gebäudes machten die Behörden keine genaueren Angaben. Festgenommen worden sei aber niemand, so der Sprecher.
Verbot und Razzien
Die Durchsuchung war Teil einer großangelegten Aktion in mehreren Bundesländern. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Morgen das Verbot der Gruppierung bekanntgegeben. Vier mutmaßliche Köpfe des Vereins "Königreich Deutschland" wurden bundesweit festgenommen, einer sitzt bereits in Untersuchungshaft. Die Gruppierung hat nach eigenen Angaben bundesweit etwa 6.000 Anhänger. Die Sicherheitsbehörden gehen allerdings von lediglich rund 1.000 Anhängern aus.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums durchsuchten Polizisten ab den frühen Morgenstunden von dem Verein genutzte Gebäude sowie Wohnungen führender Mitglieder in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
"Das heutige Verbot des "Königreichs Deutschland" und seiner Teilorganisationen zeigt: Wir haben eine wehrhafte Demokratie", sagte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU). "Den Feinden unseres Rechtsstaats treten wir entschlossen entgegen." Auch SPD und FDP begrüßten den Schritt.
Hunderte Mitglieder im Südwesten
"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Viele von ihnen behaupten, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Sie lehnen demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte ab. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen. Die Szene besteht aus vielen, meist kleineren Gruppierungen. Das "Königreich Deutschland" gilt derzeit als mitgliederstärkste Vereinigung aus dem Spektrum der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter.
"Das Ziel dieser Vereinigung ist es, einen sogenannten Gegenstaat zu gründen und sich von der Bundesrepublik Deutschland abzuspalten", sagte Dobrindt. Es handele sich bei den Mitgliedern der Vereinigung keineswegs um "harmlose Nostalgiker", sondern um kriminelle Strukturen.
Und im Südwesten? Der Verfassungsschutz Baden-Württemberg bezeichnete das KRD in seinem Bericht 2023 als die zwischenzeitlich bedeutendste Gruppierung des "Selbstverwalter"-Milieus im Land. Man gehe derzeit von einer dreistelligen Zahl an Unterstützern in Baden-Württemberg aus. Demnach verfolge der Verein "langfristig die Ersetzung der rechtsstaatlichen Ordnung durch eine eigene, fiktive Struktur", wie das Innenministerium schrieb.
Verfassungsschutz: Rund 20 Betriebe im KRD
Das KRD sei äußerst aktiv darin, sein "Staatsgebiet" weiter auszubauen. Der Bericht verwies auf den Erwerb eines weiteren Grundstücks in Sachsen. Allerdings: "Bislang ist in Baden-Württemberg noch kein erfolgreicher Immobilienerwerb durch die Gruppierung bekanntgeworden." Die Anhängerschaft organisiert sich demnach in Regionalgruppen, unter anderem im Raum Stuttgart, Heilbronn/Schwäbisch-Hall, Ulm, Freiburg/Südbaden und Bodensee. Es hätten zahlreiche Vortragsveranstaltungen stattgefunden.
Über ganz Baden-Württemberg verteilt bekennen sich demnach rund 20 kleinere und mittelständische Unternehmen, vom Malerbetrieb bis zum Bestattungsunternehmen, offen dazu, "Betriebe im KRD" zu sein. Aushängen vor Ort oder dem jeweiligen Impressum der Firmeninternetseite sei zu entnehmen, dass jeder Kunde des Unternehmens "für die Dauer der Geschäftsbeziehung temporäres Mitglied des KRD" werde, schrieb der Verfassungsschutz. Die Geschäfte im KRD sind nach Behauptung der Gruppe – anders als in der Bundesrepublik – steuerfrei.
Eigene Ausweise für das Königreich
Laut Verfassungsschutz hatten sich im Jahr 2023 mehrfach KRD-Mitglieder mit ihrer "KRDIdentitätskarte" statt des Personalausweises ausgewiesen. Dies mache deutlich, dass die Anhänger der Gruppierung davon ausgingen, sich in einem eigenen, unabhängigen Rechtskreis zu bewegen, in dem die Normen der Bundesrepublik keine Gültigkeit besäßen, hieß es im Verfassungsschutzbericht.
- Nachrichtenagentur dpa