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Wuppertal-Kolumne "Scheuges Talfahrt": Großartige Ideen für Barmen


Kolumne "Scheuges Talfahrt"
Großartige Visionen für die Barmer City


05.02.2021Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig.Vergrößern des Bildes
Jürgen Scheugenpflug lehnt sich gegen eine Statue: Der Kabarettist kennt die Gepflogenheiten von Wuppertal in- und auswendig. (Quelle: Uli Kopka)

Für t-online schreibt der Wuppertaler Kabarettist Jürgen Scheugenpflug exklusiv die Kolumne "Scheuges Talfahrt". Thema diesmal: die teils kurios anmutenden Visionen zur Aufwertung der Barmer City.

In meiner Jugend gab es, neben anderen drängenden Fragen, vorrangig eine: Faller oder Carrera? Gemeint ist der Traum eines jeden Jungen, nämlich der von der eigenen Modell-Autorennbahn. Während der Vorteil von Faller darin lag, den gleichen Maßstab aufzuweisen wie die Märklin-Eisenbahn, war Carrera schon wegen der Größe und Geschwindigkeit der Fahrzeuge Gegenstand grenzenloser Fantasie.

Heute stellen sich ähnliche Fragen, wenn es um die Wahl adäquater sozialer Netzwerke geht. Auf der jeweiligen Plattform werden frisch gekochte Mahlzeiten, putzige Haustiere, herzige Ferienfotos und Meinungen aller Art veröffentlicht, damit andere das teilen können. Die meisten sind bei Facebook, einige bei Instagram.

Neue Ideen zur Gestaltung von Barmen

Und über letzteren Anbieter teilt unser frisch gebackener OB seine innovativen Ideen dem Volk in Wuppertal mit. Da stand vor einigen Tagen exklusiv von ihm zu lesen: "Am 11. Februar ist es so weit. Nur noch 10 Tage bis zur Vorstellung der Ergebnisse des 100-Tage-Programms. Die kommenden Tage werden deswegen die Punkte aus dem Programm noch mal aufgegriffen und vorgestellt." Also ein Countdown der Überraschungen, selbstredend nur für Instagram-Jünger.

Die sind jetzt wohl sehr gespannt, worauf sie sich einstellen dürfen? Denn alles das, was derzeit in den einschlägigen Gazetten kursiert, sind im Grunde olle Kamellen. Das ehemalige Art-Hotel als 7. Gesamtschule und das ehemalige Bundesbahngebäude als Verwaltungsstelle werden seit Jahren gehandelt und waren vormals zu teuer. Jetzt scheint es zu passen. Vielleicht haben wir Wuppertaler in einer Lotterie gewonnen, ohne es zu wissen?

Im wilden Osten des Tals jedenfalls ist das so. Denn die Stadt hat wieder mal Pläne zur Neugestaltung der Fußgängerzone in der Barmer City vorgestellt. Die "Achse Werth" soll stringent vorangetrieben werden. Herzstück des Projektes ist der "Kulturteppich Barmen" und umfasst etwa die Verlegung von Naturstein. Nun fallen Steine (außer bei den Rolling Stones) nur selten unter den Begriff Kultur. Aber sind sie womöglich ein "Kulturteppich"?

Leitsystem zum Handyshop?

Zusätzlich soll es noch Audiobespielungen und Spielstationen geben. Und ein Leitsystem für Menschen mit Sehbehinderungen. Das ist sehr weitsichtig. Bleibt nur die Frage, wohin das System leiten soll? Zu einem der schnuckeligen Backshops oder Handyläden? Zum Rathaus, wo sich die Verwaltung verbarrikadiert hat? Und: Ist nicht gerade im Falle von Barmen eine gewisse Sehbehinderung von Vorteil?

Wieviel Wein müssen die Barmer Wert(h)macher auf dem berühmten Winzerfest konsumiert haben, um auf den Begriff Kulturteppich zu kommen? Wie oft schon haben sie sich unter Wert verkauft! Bereits 2011 wurde dort nämlich eine Citymanagerin eingestellt. "Frau Lebenswerth" erfand grandiose Formeln, wie etwa "Barmen blüht auf". Geblüht hat leider nix, bis auf das Unkraut zwischen den alten Bodenfliesen. Wohl auch deshalb hat die sympathische Citymanagerin 2013 ihren Dienst schnell wieder quittiert. Danach wurde Paul Decker (Sänger der Mundart-Band Striekspöen) "Hausmeister vom Werth". Aber auch der singt lieber wieder.

Überdachung von Einkaufsmeile wurde zum Desaster

Und dann war da 1991 noch die wertvolle Überdachung der Einkaufsmeile. Die vom Volk getauften "Dinger vom Werth", für schlappe 300.000 DM erstellt, wurden zum Desaster, weil sie von einem Haufen Dilettanten ohne Baugenehmigung errichtet wurden. So demontierte man den Schwarzbau schnell wieder, freilich für einen fulminanten Aufpreis. Die enttäuschten Barmer Bürger griffen fortan bei Regen wieder zum Schirm. Es blieb also bisher bei einer Episode des bekannten Blockbusters "der Himmel über Barmen". Ohne Wim Wenders, dafür aber mit Axel Stein und Harald Krassnitzer. Echt Wuppertal halt.

Aber wir wollen ja auch mal positiv denken, denn immerhin könnte es ja sein, dass einige dieser glorreichen Ideen Aufnahme in das ominöse 100-Tage-Programm des OB Schneidewind gefunden haben. Dann müssten aber alle Abbitte leisten, die bisher allzu ungeduldig auf erste Aktivitäten des Stadtoberhauptes gewartet haben, Ehrenwort.

Jürgen Scheugenpflug ist seit 1989 als Kabarettist, Moderator, Autor, Sänger und Kolumnist tätig. 2007 rief er die "Bergische Akademie für Kabarett & Comedy" ins Leben. Aktuell ist er Leiter der bundesweiten Comedy-Serie "Comedy im Bett" und als künstlerischer Leiter der Kleinkunstbühne "Schatzkiste" in Wuppertals Nachbarstadt Remscheid tätig.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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