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VdV-Vorsitzender Ulf Baranowsky: "Berater oft am eigenen Profit interessiert"


VdV-Vorsitzender Baranowsky
"Berater sind oft am eigenen Profit interessiert"

Von t-online
11.10.2014Lesedauer: 6 Min.
Ulf Baranowsky sieht insbesondere das Verhalten einiger Berater kritisch.Vergrößern des BildesUlf Baranowsky sieht insbesondere das Verhalten einiger Berater kritisch. (Quelle: Schwörer Pressefoto/imago-images-bilder)
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Das Interview führte Johann Schicklinski

"Profifußballer haben nach ihrer Karriere ausgesorgt" - so lautet ein weit verbreitetes Vorurteil hierzulande. Doch das ist komplett falsch, wie Ulf Baranowsky zu berichten weiß. Der Vorsitzende der Spielergewerkschaft VdV (Vereinigung der Vertragsfußballer) kann belegen, dass das Karriereende für viele Kicker nicht heißt, dass sie jetzt die Füße hochlegen können. Im Gegenteil, sehr viele Fußballer sind auf die Zeit nach dem Rampenlicht nicht ausreichend vorbereitet. Rund ein Viertel aller Spieler hat am Ende der Karriere sogar Schulden - und damit alles andere als ausgesorgt.

Im Gespräch mit t-online.de erzählt Baranowsky, warum für Profis die normale Krankenversicherung nicht ausreicht, was er von einem Soli für Ex-Fußballer in der Schuldenfalle hält und wie viele Berater tatsächlich nur am eigenen Geldbeutel interessiert sind.

t-online.de: Herr Baranowsky, laut einer aktuellen Studie wird rund jede fünfte Blessur den sogenannten "schweren" Verletzungen zugeordnet, bei denen die Ausfallzeit mindestens vier Wochen beträgt, oft aber weit länger. Was bedeutet das für die Profis?

Dass sie sich absichern sollten, damit im Fall eines längeren verletzungsbedingten Ausfalls möglichst keine oder nur geringe finanziellen Einbußen entstehen.

Das heißt, die Spieler müssen über ihre normale Krankenversicherung hinaus Vorsorgemaßnahmen treffen?

Sie erhalten im Verletzungsfall von ihren Klubs grundsätzlich sechs Wochen lang regulär ihr Gehalt, wie in jedem anderen Beruf in Deutschland auch. Danach springt die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) ein und zahlt Verletztengeld. Allerdings nur maximal 6.400 Euro monatlich, so dass bei Spitzenspielern aus der Bundesliga eine riesengroße Lücke zwischen dem Spielergehalt und dem Verletztengeld entsteht und die Profis so finanzielle Einbußen erleiden. Die meisten Lizenzspieler, abgesehen von einigen Nachwuchsspielern, verdienen in der Bundesliga mehr als 6.400 Euro im Monat, die Spitzenspieler ohnehin weit mehr. Deshalb sollten sich die Spieler absichern und eine Krankentagegeldversicherung abschließen, welche die Gehaltseinbußen ganz oder zumindest zum großen Teil kompensiert.

Wie hoch ist in der Bundesliga der Anteil der Profis, der eine solche Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hat?

Die Versicherer machen die genauen Zahlen zwar nicht öffentlich, doch bei der VDV wissen wir, dass der Großteil der Bundesligaprofis schon über eine Krankententaggeldversicherung verfügt. Problematisch ist es allerdings bei den richtig gut verdienenden Spitzenspielern, die entstandenen Lücken größtmöglich zu schließen, da auch die Höhe des Krankentagegelds begrenzt ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann noch ein sogenanntes Sporttagegeld hinzugebucht werden, das aber ebenfalls in der Höhe begrenzt ist.

Welche Gründe könnten den für einen Spieler ausschlaggebend sein, sich gegen eine Krankentagegeldversicherung zu entscheiden?

Gerade ältere und erheblich vorverletzte Spieler müssen angesichts der hohen Kosten ein vernünftiges Verhältnis zwischen Ausfallrisiko und finanziellem Aufwand finden. Schließlich kostet eine möglichst umfassende Absicherung für gut verdienende Bundesligaspieler grundsätzlich mehrere tausend Euro im Monat.

Welche Vorsorge sollte ein Spieler für den Fall einer Invalidität treffen?

Bei Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen wird seitens der VBG ein Anspruch auf Verletztenrente geprüft. Um eine Verletztenrente zu bekommen, muss die Erwerbsfähigkeit für alle Berufe mindestens um den Grad 20 gemindert sein. Zu bedenken ist zudem, dass auch die Höhe der Verletztenrente gesetzlich beschränkt ist und somit bei Gutverdienern den Gehaltsausfall in der Regel nicht annähernd ausgleicht. Deshalb raten wir den Lizenzspielern, sich intensiv über die Möglichkeiten einer Sportinvaliditätsversicherung zu informieren.

Wie hoch ist hier der Anteil der Spieler, die eine solche Vorsorge getroffen haben?

Hier ist nach unseren Informationen ebenfalls noch Luft nach oben, weil die Versicherung teilweise sehr teuer ist. Will sich ein Spieler beispielsweise mit einer Summer von drei Millionen Euro für ein einziges Jahr absichern, kostet ihn das – abhängig von Alter und Krankenakte –einen mittleren fünfstelligen Einmalbeitrag.

Wie bewerten Sie generell die finanzielle Vorsorge, die Profis leisten, um nach der Karriere ein möglichst sorgenfreies Leben führen zu können?

Es gibt drei grundsätzliche Regeln, die wir den Spielern bereits frühzeitig immer wieder vor Augen halten. Erstens: Fußball ist endlich, jeder braucht frühzeitig einen beruflichen Plan B. Drei von vier Spielern verfügen am Karriereende über keine abrufbaren beruflichen Qualifikationen, obwohl wir als VdV mittlerweile gemeinsam mit unseren Bildungspartnern sehr gute Fernstudienmöglichkeiten geschaffen haben.

Zweitens: Den Lebensstil nicht zu hoch anzusetzen und seine Risiken abzusichern. Jedes Foul kann das Karriereende bedeuten. Zumal der Großteil eben nicht ausgesorgt hat, viele Spieler – insbesondere aus der 3. Liga und den Regionalligen – haben sogar erhebliche finanzielle Probleme nach der aktiven Karriere.

Drittens: Was man sparen kann, sollte man sparen und sich so eine Komfortzone nach der Karriere für den beruflichen Übergang schaffen.

Wird die Beratung seitens der VdV von vielen Profis in Anspruch genommen?

Viele Spieler greifen auf die Hilfe des DFB-VdV-Versorgungswerks und des VdV-Laufbahncoaches zurück, aber nicht alle. Für uns bei der VdV gilt: Wir können die Tür nur aufhalten, durchprügeln können und wollen wir keinen.

Nehmen Spieler die Hilfe der VdV an?

Viele. Die Profis müssen auch den Willen dazu haben. Wir hatten beispielsweise den Fall eines ehemaligen Zweitliga-Spielers, der leider in den Hartz IV-Bezug abgerutscht ist. Bei der Arge hatten wir ihm dann eine Finanzierung zur Umschulung als Lastwagenfahrer organisiert. Montags um 8 Uhr hätte sie beginnen sollen, alle waren da – nur der Spieler selbst leider nicht.

Jüngst sorgte der Fall eines ehemaligen Nationalspielers, der nach Karriereende in eine finanzielle Schieflage geraten sein soll, für Schlagzeilen. In der medialen Diskussion kam danach unter anderem von Franz Beckenbauer der Vorschlag auf, es sollte einen Solidarfonds für in Not geratene Ex-Nationalspieler geben. Wie bewerten Sie eine solche Idee?

Jede gut gemeinte Idee muss auch auf ihre Praktikabilität hin geprüft und dann entsprechend weiterentwickelt werden. Mit Geld allein ist es oft nicht getan. Unsere Erfahrung bei der VdV ist, dass Menschen, die finanziellen Schiffbruch erleiden, gleich an mehreren Stellen Unterstützung benötigen. Insbesondere geht es dabei um Hilfe zur Selbsthilfe bei der Umgestaltung des Lebens.

Wie kann es sein, dass langjährige Profis immer wieder finanziellen Schiffbruch erleiden?

Die Gründe dafür können vielschichtig sein. Beispiele aus der Praxis sind Scheidung, Krankheit, teurer Lebensstil, schlechte Beratung oder auch berufliches Pech. Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass der Großteil der Profis – insbesondere aus der 3. Liga und den Regionalligen – in der Regel nicht so viel Geld verdient, dass überhaupt nennenswerte Rücklagen gebildet werden können.

Schlechte Beratung, ein zu teurer Lebensstil oder Betrügereien müsste Sie ja besonders ärgern, angesichts der Beratung und Prävention, welche die VDV leistet.

Ja, vor allem die schlechte Beratung. Es gibt schließlich einige bekannte Fälle von Spielern, die beispielsweise mit Investitionen in Bauherrenmodelle oder Schiffsfonds finanziellen Schiffsbruch erlitten haben. Darum gilt: Vorsicht bei der Geldanlage und sich nicht von unrealistische Renditeversprechen und angeblichen Steuersparmodellen ködern lassen! Grundsätzlich sollten immer mehrere Meinungen von seriösen Anlageberatern und erfahrenen Steuerberatern eingeholt werden.

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Kann man sagen, dass einige Berater mehr an ihrem eigenen Geldbeutel als an dem ihres Schützlings interessiert sind?

Die Berater sollten sich ihrer Verantwortung viel mehr bewusst sein, darauf zu achten, dass die Profis mit dem Geld, das sie verdienen, sinnvoll umgehen. Es gibt in der Branche immer wieder schwarze Schafe. Bei der VDV versuchen wir den Spielern dabei zu helfen, die seriösen Berater von denen zu unterscheiden, die hauptsächlich am eigenen Profit interessiert sind. Wir wissen von vielen Beratern, die Unterprovisionen für die Vermittlung von Anlageprodukten oder Versicherungen erhalten. In solchen Fällen wird nicht immer die für den Spieler sinnvollste Anlage getätigt, sondern oft die, die für den Berater die höchste Provision aufweist. Viele Spieler sind erstaunt und empört, wenn sie im Nachhinein von derartigen Geschäftspraktiken erfahren.

Wie viele Spieler müssen sich nach ihrer Profikarriere tatsächlich keine Gedanken mehr um ihre Finanzen machen?

Wer jahrelang Champions League gespielt hat, hat sicher genug verdient. Aber wer hat das? Ein sorgenfreies Leben werden sicher nur wenige Spieler führen können, die allermeisten sind nicht in der komfortablen Situation, Millionen auf dem Konto zu haben. Wir schätzen den Anteil der Spieler, die von sich behaupten können, grundsätzlich ausgesorgt zu haben, auf höchstens zehn Prozent. Dahingegen haben knapp 25 Prozent nach dem Karriereende finanzielle Probleme. Zudem kommt: Nur knapp 25 Prozent besitzen am Karriereende abrufbare berufliche Qualifikationen.

Könnte einem aktuellen Nationalspieler in zwanzig Jahren ähnliches Ungemach drohen wie in den aktuellen Fällen?

Heutzutage sollte ein gestandener deutscher Nationalspieler so viel verdient haben, dass er nach dem Karriereende keine finanziellen Sorgen mehr haben muss. Eine Garantie darauf gibt es aber nicht.

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