DOSB-Chefamt: Bokel und Weikert stellen sich zur Wahl
Frankfurt/Main (dpa) - AufklÀrer, Friedensstifter, Krisenmanager und gern auch VisionÀr: Auf den neuen PrÀsidenten oder die neue PrÀsidentin des beschÀdigten Deutschen Olympischen Sportbundes wartet eine Mammutaufgabe.
Zwei Kandidaten, Claudia Bokel (48) und Thomas Weikert (60), stellen sich der groĂen Aufgabe, und am Samstag bei der Mitgliederversammlung in Weimar zur Wahl um die Nachfolge von Alfons Hörmann.
"Wir trauen den beiden Kandidaten zu, dass sie den Verband befrieden und den deutschen Sport in die Zukunft fĂŒhren können", sagte Jörg Ammon, der als Sprecher der LandessportbĂŒnde auch Mitglied der Findungskommission fĂŒr die Suche eines neuen DOSB-Chefs war. Sein Pendant bei den SpitzenverbĂ€nden, Ingo Weiss, ist ebenso sicher, mit der PrĂ€sidentin des Deutschen Fechter-Bundes und dem abgetretenen Tischtennis-Weltverbandschef "zwei exzellente Kandidaten" gefunden zu haben. Als Favorit gilt vor dem Wahl-Finale Ex-Bundesligaspieler Weikert.
Weikert glaubt an "groĂe UnterstĂŒtzung"
14 SpitzenverbĂ€nde hatten ihn fĂŒr den Topjob vorgeschlagen. Seitdem ist nach seinem GefĂŒhl die AnhĂ€ngerschaft gewachsen. "Ich denke schon, dass eine groĂe UnterstĂŒtzung da ist", sagte der im hessischen Limburg lebende Weikert. Einen richtigen Wahlkampf habe er nicht betrieben. "Wahlkampf ist, dass man predigt, was man tun will. Ich will nicht predigen, sondern, dass wir die Arbeit vernĂŒnftig machen", erklĂ€rte er. "Viele kennen mich ja." Immerhin war er von 2005 bis 2015 PrĂ€sident des Deutschen Tischtennis-Bundes.
In dieser Zeit profilierte sich der Familienanwalt als FĂŒrsprecher eines Anti-Doping-Gesetzes und war 2018 schon als DOSB-PrĂ€sident im GesprĂ€ch, als erstmals Unmut ĂŒber den FĂŒhrungsstil Hörmanns aufkam. Nach einem anonymen Brief von Mitarbeitern, in dem der Vorwurf erhoben wurde, es herrsche eine "Kultur der Angst" unterm DOSB-Dach, kĂŒndigte der Bayer nach acht Jahren seinen RĂŒckzug an. Hörmanns MutmaĂungen, Opfer einer Konspiration geworden zu sein, und von ihm mit initiierte Drohbriefe an Ex-Vorstandsmitglied Karin Fehres, sorgten fĂŒr weitere Irritationen und Ungemach.
Bokel selbstbewusst
Selbstbewusst meldete sich wenige Tage vor dem DOSB-Konvent Claudia Bokel erstmals nach Bekanntgabe ihrer Kandidatur zu Wort. "Ich scheue nicht, Verantwortung zu ĂŒbernehmen", betonte die in den Niederlanden geborene Ex-Weltklassefechterin im GesprĂ€ch mit der Deutschen Presse-Agentur. Sie sei sich "der groĂen Aufgabe bewusst" und, dass es "intensiv und teils nicht angenehm" werde.
Als einstige Vorsitzende der Athletenkommission im Internationalen Olympischen Komitee musste sie im Zuge des russischen Doping-Skandals viel einstecken: "Da habe ich den Druck auch ausgehalten." Bei der Debatte im Umgang mit Russland hatte Bokel fĂŒr den Ausschluss des Landes von den Sommerspielen 2016 in Rio plĂ€diert. Damit stellte sie sich gegen IOC-PrĂ€sident Thomas Bach und das Exekutivkomitee. SpĂ€ter erhob sie den Vorwurf, gemobbt worden zu sein.
Mit Bach ausgesprochen
Dass seitdem das VerhĂ€ltnis zu Ex-Fechter Bach gestört ist - und bei einer möglichen deutschen Olympia-Bewerbung hinderlich sein könnte -, bestreitet die Degen-Weltmeisterin von 2001. "Das war keine einfache Situation damals. Fakt ist, dass ich mit ihm darĂŒber gesprochen habe", sagte die studierte Chemikerin. "Ich habe seinen Respekt." Ohnehin wĂŒrden die wichtigsten Aufgaben fĂŒr eine DOSB-Chefin "zunĂ€chst primĂ€r in Deutschland zu lösen" sein. Zu einer Bewerbung um Olympische Spiele sollte man als DOSB-PrĂ€sidentin aber nie nein sagen: "ZunĂ€chst gibt es andere PrioritĂ€ten, die gefragt sind."
Wie stark die Frauen-Frage bei der Wahl in Weimar eine Rolle spielt, vermag sie nicht zu sagen. "Ob ich einen Bonus habe? Ich bin Claudia Bokel und war die erste deutsche Frau im IOC und die erste weibliche Vorsitzende in der IOC-Athletenkommission", meinte sie. "Habe ich es geschafft, weil ich eine Frau war oder meine Arbeit gut gemacht habe? Das mag ich nicht einschÀtzen." Wenn sie gewÀhlt werden sollte, wÀre sie die erste Frau an der DOSB-Spitze und seiner VorlÀufer Deutscher Sportbund und Nationales Olympisches Komitee.
Einen Zweikampf um ein PrĂ€sidentenamt im deutschen Sport ist eher selten und angesichts der fundamentalen Krise des DOSB nicht der Wunsch aller. "Beides hat etwas", sagte Ammon. Die einen hielten es fĂŒr demokratisch, eine Auswahl zu haben. Andererseits wisse man auch, dass dadurch "tiefe GrĂ€ben" entstehen könnten: "Insofern wollen wir alle dazu beitragen, dass es am 4. Dezember ein starkes Votum gibt."