Korruptionsfall Diack als IAAF-Altlast
Doha (dpa) - Lamine Diack wird auf der Homepage des Leichtathletik-Weltverbandes weiter mit allen Meriten portrĂ€tiert. Dabei hat der Senegalese in seiner Amtszeit als PrĂ€sident (1999 bis 2015) die IAAF mit seinen Machenschaften an den Abgrund gefĂŒhrt.
Seit vier Jahren steht der heute 86-jÀhrige Afrikaner in Paris unter Hausarrest, und nach vier Jahren hat die französische Justiz die 90-seitige Anklageschrift gegen ihn und seinen Sohn Papa Massata vorgelegt. Wann Prozessbeginn ist, steht aber noch nicht fest. Der sich hinschleppende Fall Diack liegt wie ein Schatten auch auf den anstehenden IAAF-Kongress und der als sicher geltenden Wiederwahl von Diacks Nachfolger Sebastian Coe in Doha/Katar.
Es geht um Korruption, Bestechung und GeldwĂ€sche, darum, dass einer der einst mĂ€chtigsten SportfunktionĂ€re der Welt fĂŒr die Vertuschung von positiven Doping-Proben Bares erpresst haben soll. Warum die Ermittlungen gegen die Diacks so lange gedauert haben, stöĂt in der Sportwelt auf wenig VerstĂ€ndnis. "Ich sehe das höchst kritisch und mit einer gewissen Verwunderung", sagte Alfons Hörmann, PrĂ€sident des Deutschen Olympischen Sportbundes.
Bei all dem, was an VorwĂŒrfen und Vermutungen - "zum Teil einer ja wirklich mehr oder weniger erdrĂŒckenden Beweislage" - auf dem Tisch liege, ist es laut Hörmann erstaunlich, dass vier Jahre vergangen seien, ohne dass es zu "drakonischen MaĂnahmen und Strafen" gekommen sei. FĂŒr Hörmann ist das, was Diack getan haben soll, "so ziemlich das Schlimmste, was man sich vorstellen kann".
Auch bei der Vorsitzenden des Sportausschusses des Bundestages, Dagmar Freitag, hĂ€lt sich das "Mitleid mit Lamine Diack in Grenzen". Er habe "so brutal so viel Schaden im Verband und fĂŒr die Sportart angerichtet", da falle MitgefĂŒhl schwer. "Die französischen Ermittlungsbehörden hĂ€tten ein deutlich einfacheres Spiel, wenn sein Sohn Papa Massata Diack den Senegal verlassen und eine Aussage gemacht hĂ€tte", meinte die SPD-Politikerin. "Sein Sohn, der eine der SchlĂŒsselfiguren des ganzen Skandals und der korrupten VorgĂ€nge ist, sitzt kommod in seinem Heimatland und freut sich des Lebens."
Papa Massata Diack war in der Amtszeit seines Vaters Marketingberater der IAAF. Er steht auf der Fahndungsliste von Interpol, doch der Senegal verweigert die Auslieferung. Der Filius soll nicht nur an der Erpressung von Schmiergeld von der frĂŒheren russischen MarathonlĂ€uferin Lilia Schobuchowa beteiligt gewesen sein. Sie hatte sich ihren Start bei den Olympischen Spielen 2012 in London durch eine Schmiergeldzahlung von rund 450 000 Euro erkauft. Mit dem Geld wurde eine positive Doping-Probe aus dem Verkehr gezogen.
Papa Massata steht auch unter dem Verdacht, durch Stimmenkauf die Wahl von Rio de Janeiro und Tokio zu Olympia-Ausrichtern fĂŒr 2016 und 2020 durch das Internationale Olympische Komitee beeinflusst zu haben. Sein Vater war lange Jahre IOC-Mitglied. Zugleich könnte der Prozess gegen die Familie Diack noch einen Verdacht erhĂ€rten: Dass 2014 die Wahl Dohas als diesjĂ€hriger WM-Ort durch Millionen-Zahlungen auf ein Konto der Sportvermarktungsfirma von Papa Diack mutmaĂlich begĂŒnstigt wurde.
An ein Ende des Falls Diack ist auch das IOC interessiert. "Wir sind NebenklĂ€ger in diesem Verfahren, und jetzt sind die ersten Anklagen erhoben. Wir hoffen, dass dieses Gerichtsverfahren zur vollstĂ€ndigen AufklĂ€rung fĂŒhrt", sagte IOC-PrĂ€sident Thomas Bach. "Dann kann ein Schlussstrich unter diese AffĂ€re gezogen werden."